Navigation Yosemite-Serie:
Teil 1: "Ist Ihr Mac fit für OS X 10.10 Yosemite?"
Teil 2: "OS X 10.10 Yosemite: Die Funktionen"
Teil 3: "OS X 10.10 Yosemite: Das Design"
Als Apple vor einem Jahr erstmals einen Blick auf das seinerzeit neue mobile Betriebssystem iOS 7 gestattete, wurde sofort klar, dass eine neue Design-Philosophie Einzug in den Konzern gehalten hatte. Es bestätigte sich der Trend, der seit der großen Personalrochade von Ende 2012, in der Scott Forstall das Unternehmen verließ und Jonathan Ive die Verantwortung für das Software-Design übernahm, erwartet wurde: Die Zeit der 3D-Effekte und der Material-Imitationen, des sogenannten Skeuomorphismus, war vorbei. Vereinfachte, minimalistische Grafiken mit Farbverläufen statt Objektdetails, flach statt plastisch, dominierten fortan Icons, Schaltflächen und Systemanwendungen auf dem Display von iPhone und iPad.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis das neue Konzept auch auf dem Mac-Betriebssystem OS X übernommen wird. Mit OS X 10.10 Yosemite ist es nun so weit. Dennoch gibt es deutliche Unterschiede zwischen diesem „Design-Switch“ und seinem Vorläufer in iOS: Die Anpassungen sind gemäßigter, die Änderung weniger radikal. Schritt für Schritt soll nun das neue OS-X-Design beleuchtet werden: von den stilprägenden Grundlagen über die angepassten Icons als Aushängeschild des neuen Designs bis zu den Systemelementen und spezifischen Programmdesigns.
Das Grundkonzept: Flach, transparent und neue Systemschrift
Die Tendenz entspricht den Neuerungen aus iOS 7: Spiegelungen, Schattenwürfe und Lichteffekte sollen ebenso der Vergangenheit angehören wie Icon-Details und Plastizität. Doch ein grundsätzliches Element aus iOS 7, dass vor einem Jahr zu hitzigen Diskussionen führte, findet in OS X nur sehr eingeschränkt Widerhall: die Farbverläufe. Während die bunten Icons auf der mobilen Variante bald das Schimpfwort des Kaugummi-OS erzeugten, findet sich in Yosemite mehr Einfarbigkeit (insbesondere Weiß) in den Schaltflächen und nur dezente Farbübergänge innerhalb der flachen Programmsymbole.
Im Kontrast dazu wird das Konzept der Transparenz konsequent auf OS X übertragen. In iOS hatten die zahlreichen Blur-Effekte das Ziel, eine Mehrebenenstruktur zu simulieren, nach dem Motto „Flach in den Icons, plastisch in den Programmebenen“. Im Mac-Betriebssystem ist diese Räumlichkeit durch den Finder mit überlappenden Fenstern bereits lange eingeführt, erhält aber durch die zahlreicheren Transparenz-Effekte einen neuen Ausdruck. Sowohl die Finder-Fenster als auch die meisten Systemanwendungen haben, wenn sie sich im Vordergrund befinden, halbdurchsichtige Seitenleisten und Schaltflächen, durch die im Hintergrund befindliche Objekte und Grafiken verschwommen hindurchscheinen. Dies ermöglicht auch eine neue, deutliche Unterscheidung zwischen Vordergrund- und Hintergrundfenstern.
Die Dominanz der Farbe Grau bleibt OS X auch mit Yosemite erhalten; dies wieder im Unterschied zu iOS. Die seit OS X 10.7 entfärbten Seitenleisten von Fenstern und Programmen werden von einigen Nutzern als trist kritisiert, von anderen als nicht ablenkend gelobt.
Zum ersten Mal seit der Einführung von Mac OS X ändert Apple die Systemschrift: Anstelle des bisherigen „Lucida Grande“ erscheinen Menüpunkte, Dateinamen und Fensterüberschriften künftig wie in iOS in „Helvetica Neue“. Der neue Schriftsatz ist dabei kaum schlanker als die Vorgängervariante; unter iOS war die dünne, oft schwer lesbare Schrift eine der Hauptkritikpunkte der ersten Versionen.
Seit der dritten Yosemite-Beta lässt sich der auf der WWDC angekündigte „Dark Mode“ aktivieren, indem man in den Einstellungen unter Allgemein einen Haken an „Dunkle Menüleiste und Dock verweden“ macht. Dabei erscheinen die sonst weißlich durchsichtigen Systemelemente wie Menüzeile, Menülisten und Dockhintergrund in transparentem Schwarz mit weißer Schrift. Auch die Spotlight-Suche präsentiert sich abgedunkelt. Sonstige Designelemente sind nicht betroffen. Dies könnte den ersten noch zaghaften Schritt in eine Richtung darstellen, die sich viele für das System-Design künftiger Generationen wünschen: die Auswahl eines nutzerdefinierten Design-Konzepts. Ob Apple allerdings auf diese Weise eine optionale Rückkehr zum Design des Skeuomorphismus ermöglicht, erscheint sehr fraglich.
Programm-Icons
Allen Apple-Anwendungen wurde ein neues Programmsymbol spendiert. Diese lassen sich in zwei grobe Kategorien unterteilen: Erstens analoge Icons zu den iOS-Versionen. Dazu gehören vor allem das Game Center, dessen neues Symbol der bunten Blasen in iOS 7 eine Besonderheit darstellte, sowie App Store, Erinnerungen, Notizen, Safari, iTunes und FaceTime. In FaceTime wurde zusätzlich ein Telefonsymbol eingefügt, um die neue Funktion des Telefonierens vom Mac aus zu unterstreichen.
Die zweite Kategorie sind diejenigen Programme, deren Icon nur leicht angepasst wurde. Das betrifft faktisch alle übrigen Programme. Hier wurden jeweils die kleinen Details entfernt, wie bei der Aktivitätsanzeige, dem Lexikon, Terminal Kalender, Adressbuch, Finder, QuickTime und Time Machine. Überraschenderweise gehören auch Nachrichten, iBooks und Systemeinstellungen in diese Kategorie, wodurch sie sich leicht von ihren iOS-Pendants unterscheiden. Ebenso überraschend ist das Mail-Symbol, dessen skeuomorphe Grundelemente Briefmarke, Adler und Apple-Stempel erhalten bleiben, lediglich anders angeordnet und mit reduziertem Schattenwurf. Außerdem prangt auf dem Apple-Stempel nicht mehr „Cupertino“, sondern „California“. Die Vorschau verliert den Jungen auf dem Frontbild, TextEdit den Beispieltext. Die Karten-App zeigt ihre 3D-Fähigkeit an; das Rechner-Symbol passt sich seiner neuen, an iOS angepassten In-App-Grafik an. Erstmals hat OS X auch einen neuen Mülleimer: Dem alten Metallmascheneimer folgt eine Weißmarmor-Variante im Apple-Stil. Die Symbole für Ordner und externe Laufwerke werden etwas schematischer.
Systemelemente
Gegenüber der Menüzeile, die ohne Schatten, dafür mit neuer Schrift ausgestattet wurde, findet sich in Yosemite ein nichtspiegelndes, transparentes Dock. Aktive Programme werden nicht mehr mit einem weißen Schimmer beleuchtet, sondern durch einen einfachen schwarzen Punkt markiert. Die drei farbigen Knöpfe an der oberen linken Ecke jedes Fensters bleiben erhalten, verlieren aber ihren perlenartigen Glanz; konsequenterweise führt der grüne Knopf zum Maximieren aber fortan zur seit Mavericks erhaltenen Vollbildansicht.
Die neue Mitteilungszentrale am rechten Bildschirmrand setzt das Prinzip der Transparenz fort und lehnt sich auch in seinem Aufbau nun an seinem iOS-Pendant an. Das gleiche gilt auch für Push-Nachrichten. Durch den erweiterten Funktionsumfang ändert Spotlight sein Gesicht komplett. Aus dem Einzeiler in der oberen rechten Bildschirmecke wird ein vollwertiges (erneut halbtransparentes) Fenster im Bildschirmzentrum.
Die In-App-Grafiken erhielten teilweise schon mit OS X 10.9 Mavericks einen Neuanstrich. Der ledergebundene Kalender und die adressbuchförmigen Kontakte haben sich bereits verabschiedet. Yosemite beschränkt sich hier auf kleinere Anpassungen oder - im Sinne der Konvergenz von iOS und OS X im funktionalen Bereich - auf Angleichung mit iOS-Apps. Dies fällt insbesondere bei dem neuen Taschenrechner ins Auge, aber auch bei den Nachrichten, die ihre bislang typische Glaskugel-Optik verliert. Die neue Menüzeile der Safari-Fenster weist durch Integration der Top-Sites in das intelligente Suchfeld erneut weniger Elemente und damit schmalere Optik auf. Der Fortschrittsbalken präsentiert sich in Yosemite als kleine Linie unterhalb der URL. Auch die Karten zeigen sich dem Transparenzprinzip folgend in neuem Gewand.