Als wir mit MacTechNews vor 14 Jahren den Newsdienst aufnahmen, war die Apple-Welt noch eine vollkommen andere. Den iPod belächelte man im Sommer 2002 als teures Spielzeug und Apple war in erster Linie ein Computer-Hersteller, der gerade erst mit Mac OS X ein wichtiges neues System auf den Markt gebracht hatte. Im Jahr 2002 dachte wohl kaum jemand, dass Apple zunächst mit dem iPod den größten Erfolg der Unternehmensgeschichte feiern würde, um dann einige Jahre später mit dem schon damals durch die Gerüchteküche wandernden "iPhone" zu einem der wichtigsten Anbieter im Handymarkt zu werden. Apples Fokus galt damals weitgehend zwei Dingen: Mac OS X erwachsen machen, regelmäßig die bestehenden Macs aktualisieren, auch wenn der damalige Prozessorlieferant Motorola/Freescale nur sehr moderate Fortschritte machte.
Hardware-Entwicklung damals...Stimmen in Foren und Kommentaren, dass Apple den Mac vernachlässige und sich zu stark um andere Bereiche kümmere, waren spätestens seit dem Jahr 2005 an der Tagesordnung. Dies intensivierte sich nach der Vorstellung des iPhones, als Apple sogar Mac OS X 10.5 Leopard verschieben musste, da die Kapazitäten in Richtung iPhone OS verlagert wurden. Regelmäßige Modellpflege im Mac-Bereich galt aber dennoch als selbstverständlich, bei fast allen Baureihen konnte man sich auf einen etwa sechsmonatigen Zyklus verlassen. Die Änderungen fielen oft zwar moderat aus, dennoch gab es kontinuierliche Weiterentwicklung.
Hardware-Entwicklung heute...Sicherlich ist es heute nicht mehr so dringend erforderlich, regelmäßig Verbesserungen am Mac vorzunehmen, da es in vielen Bereichen auch kein so deutliches Verbesserungspotenzial mehr gibt. Die Haltbarkeit ist erheblich gestiegen und auch ein mehrere Jahre alter Mac bietet noch ausreichend Leistung, um fast in jedem Bereich einsetzbar zu sein. Eine kürzlich von uns veröffentlichte Umfrage dokumentierte, dass 60 Prozent der Leser einen Mac einsetzen, der vier Jahre oder älter ist. Bei knapp 20 Prozent waren es sogar sieben Jahre oder älter - ein Szenario, das vor 15 Jahren als fast undenkbar galt. Allerdings fehlen auch die konkreten Kaufanreize. Apples aktuelles Mac-Portfolio ist derzeit vor allem eines: alt. Zu denselben Preisen, die zur Markteinführung galten.
14 Monate ohne Aktualisierung beim MacBook Pro (beim 15"-Modell auf Grundlage einer 2013er Intel-Architektur), 16 Monate beim MacBook Air - und beim Mac Pro verstreicht gerade das dritte Jahr seit Präsentation der neuen Baureihe, auf dem Markt ist der Mac Pro seit Dezember 2013. Der iMac wird wohl 12 Monate ohne Überarbeitung in den Regalen stehen, der Mac mini wartet seit zwei Jahren auf eine Aktualisierung.
Alt, älter, Mac Pro
Es fehlt das BekenntnisEs mag durchaus sein, dass Macs nicht mehr alle sechs Monate überarbeitet werden müssen, da fast alle Anforderungen erfüllt werden - ein fahles Licht wirft dies aber dennoch auf Apples Modellpolitik. In jener Preisregion, die Apple anspricht, sind die aktuellen Preise angesichts des Alters der Hardware kaum noch zu rechtfertigen. Regelmäßige Überarbeitung sind vielleicht technisch nicht erforderlich und vielen Kunden auch schlichtweg egal - ein klares Bekenntnis zur Zukunft des Macs sieht aber anders aus.
Das Stimmungsbild in den weltweit vertretenen Mac-Foren fällt recht eindeutig aus und viele langjährige Nutzer sind mehr und mehr enttäuscht, wie wenig sich im Mac-Bereich tut. Sind Apple die Ideen ausgegangen? Gibt es im klassischen Computermarkt nichts mehr zu erfinden? Oder hat Apple erkannt, dass Kunden weiterhin auch ältere Hardware zu hohen Preisen kaufen, weil technische Spezifikationen immer stärker in den Hintergrund rücken? Vermutlich ist es eine Mischung aus mehreren Gründen.
Apple braucht dringend neue HardwareApple schreibt weiterhin stattliche Gewinne bei Margen, von denen so ziemlich jeder andere Anbieter nur träumt. Allerdings zeigen die Verkaufszahlen sämtlicher Baureihen nach unten und Apple muss signifikante Rückgänge verkraften. Daran wird sich nichts ändern, wenn keine wichtigen Ankündigungen im Mac-Bereich erfolgen. Daran wird sich auch nichts ändern, wenn die Innovationen beim iPhone ausbleiben. Der vorausgesagte Tablet-Boom kam nicht wie erwartet und seit zahlreichen Quartalen in Folge entscheiden sich immer weniger Kunden für ein iPad. Die Apple Watch mag Verkaufszahlen haben, die Apples Erwartungen überschreiten - so das immer wieder dargebotene Credo auf Quartalskonferenzen - ob es sich bei der Smartwatch aber um einen stabilen Milliardenmarkt handelt, muss sich noch zeigen. Das latente Gefühl, Apple entwickle Hardware nur noch in kleinen Schritten weiter (so gut sie auch ist!), könnte für einen Hersteller, der lange Zeit als besonders innovativ galt, enorm schädlich sein.
Auch kleine Neuerungen können maßgeblich seinAlles deutet darauf hin, dass Apple im Herbst ein neues MacBook Pro mit OLED-Leiste vorstellen wird. Das klingt vielleicht nicht sonderlich weitreichend, kann die Bedienung des Macs und von Programmen jedoch maßgeblich verbessern. Kein komplett fixes Tastatur-Layout, sondern umgebungsspezifische, schnell zu erreichende Steuerung - eines der Erfolgsrezepte von iOS. Ein ähnlich weitreichender Schritt war vor einem Jahrzehnt die Einführung von Mehrfinger-Steuerung von Trackpads. Wer versucht, ein Windows-Notebook ohne Zweifinger-Gesten oder Multitouch zu bedienen, weiß genau was gemeint ist. Apple sitzt auf einem unvorstellbaren Geldberg von deutlich über 200 Milliarden Dollar. Damit sollte es wahrlich möglich sein, jedes Jahr eine Innovation in der Größenordnung von Multitouch-Trackpad, neue Display-Technologie, Multitouch-Steuerung oder wesentlich längere Akkulaufzeit zu bieten - sofern noch Ideen da sind. Die schwelende Kritik an Apples Hardware-Politik, vor allem im Mac-Bereich, würde dann wohl sehr schnell verstummen.
Force Touch - die 2015 eingeführte Neuerung
Die ZwickmühleDie Überlegungen bergen einen Widerspruch - denn jedem so richtig recht machen kann es Apple auch nicht. Alle paar Monate eine wegweisende Innovation für jede Baureihe auf den Markt zu werfen, ist utopisch. Alle paar Monate ein marginales Hardware-Update zur veröffentlichen, sorgt unweigerlich für Kritik, wo denn die Innovationen bleiben. Allerdings geht es in der Diskussion weniger um starre Produktzyklen, sondern eher darum, ein gewisses Gefühl zu vermitteln: Wir stellen zwar teure Hardware her, diese ist aber technisch auch auf dem aktuellen Stand und uns gehen die Ideen nicht aus. Dieses Gefühl bleibt beim eingangs zitierten Alter der momentanen Baureihen auf der Strecke - vor allem auch bei denjenigen, die technisch versiert sind und die im Bekanntenkreis als Berater fungieren. Zu lange ist es einfach her, dass Apple mit einer neuen Idee überraschte. Es bleibt zu hoffen, dass der Herbst 2016 diesbezüglich wieder Stoff für Begeisterung bietet.