Auf der Photokina im vergangenen September hat Olympus sein neues Prestige-Modell OM-D E-M1 II vorgestellt. Systempartner Panasonic hatte zu dem Zeitpunkt offenbar noch einiges zu tun und machte für sein neues Flaggschiff GH5 nur eine Ankündigung. Beide Kameras basieren auf dem selben Micro-Four-Thirds Bildsensor mit 20 Megapixeln ohne Tiefpassfilter, gehen aber ansonsten ziemlich getrennte Wege. Während Olympus bei seinen MFT-Kameras ganz klar die Stil-Fotografie in den Vordergrund stellt, standen bei den Panasonic GH-Modellen bisher eher Video-Features im Vordergrund. Das ändert sich auch mit dem neuen Modell GH5 nur wenig, obwohl Panasonic betont, auch für Bildfotografen etliche Verbesserungen vorgenommen zu haben.
Zu den Top-Schlagzeilen der Panasonic Lumix GH5 gehören duale 5-Achsen-Bildstabilisierung, superschneller DFD-AF, ein großer OLED-Sucher mit 3,7 MP, 4K 60P Videofunktion, 6K Fotos und Bluetooth LE. Das alles verpackt in einem wetterfesten Magnesiumgehäuse. Diese Feature-Liste für sich allein genommen klingt nicht sonderlich spektakulär, aber dahinter verbergen sich zahlreiche technische Besonderheiten, welche die Kamera auf ein neues Niveau katapultieren sollen.
Die Kamera kommt mit einem neuen Venus-Engine 5-Kern-Bildprozessor, der besonders die Wiedergabe natürlicher Detailstrukturen verbessern soll. Eine "Multi-Pixel-Helligkeitsanalyse" sorgt durch die Erfassung einer 9x größeren Pixel-Fläche und mittels De-Mosaicing für klare, scharfe Bilder mit präziser Detailwiedergabe. Die Software analysiert die Charakteristik jedes einzelnen Pixels um festzustellen, ob es zu einem Flächen-, Detail- oder Kantenbereich im Bild gehört, um es dementsprechend optimal zu verarbeiten. Das soll für noch detailgenauere Bilder mit feiner abgestuften Farbverläufen ohne unnatürliche Kantenanhebungen sorgen.
Eine dreifache Farbanalyse erkennt neben Farbton und Sättigung auch die Helligkeit, um eine optimale Anpassung der einzelnen Werte zu ermöglichen. Ergebnis ist laut Panasonic eine bessere Farbwiedergabe von den dunkelsten bis zu den hellsten Bildbereichen.
Die bisherige "Multi-Process-NR" (Rauschminderung) wurde zur "High-Precision-Multi-Process-NR" weiterentwickelt. Damit soll die Genauigkeit der Rauscherkennung um den Faktor 4 im Vergleich zum früheren Bildprozessor verbessert werden und zu einem entsprechend besseren Erhalt von Motivdetails auch nach dem Rauschunterdrückungsprozess führen. Der Hersteller verspricht sich dadurch saubere, scharfe Bilder selbst bei hohen ISO-Werten bis zu ISO 25.600.
Die LUMIX GH5 bietet jetzt auch eine Dual-IS (Bildstabilisierung) um 5 Achsen, die Verwacklungen bei Foto- und Videoaufnahmen inklusive 4K Video effektiver unterdrücken soll. Die Kombination von O.I.S. (Optischer Bildstabilisator mit 2 Achsen im Objektiv) und B.I.S. (Gehäusestabilisator mit 5 Achsen in der Kamera) kompensiert stärkere Kamerabewegungen als zuvor. Damit sollen bis zu 5 EV-Stufen längere Belichtungszeiten aus freier Hand fotografiert werden können. Olympus gibt hier sogar bis zu 6 EV-Stufen in Kombination mit bestimmten Objektiven an.
Die LUMIX GH5 bietet verschiedene Verschlusssysteme. Neben einem mechanischen Verschluss mit 1/8000s kürzester Verschlusszeit hat die Kamera einen elektronischen Erster-Vorhang-Verschluss mit 1/2000s und ohne Verschlussvibration vor der Aufnahme, der zudem die Kurzzeit-Blitz-Synchronisation erlaubt. Ein rein elektronischer Verschluss schließlich funktioniert ohne jegliche mechanische Vibration mit bis zu 1/16000s.
Neues AF-System mit weiterentwickelter DFD-TechnologieDie GH5 hat einen verbesserten "Depth-from-Defocus" Kontrast-AF. Dieser berechnet nicht nur den Motivabstand aus zwei Bildern mit verschiedenen Schärfe-Ebenen, sondern analysiert zudem die Form, Größe und sogar Bewegung des Motivs. In Verbindung mit dem neuen Venus-Engine-Bildprozessor fällt die Zeit zum Messen des Abstands zum Motiv 6x kürzer aus, während das Berechnen beim Fokus-Tracking doppelt so schnell wie zuvor sein soll.
Die Geschwindigkeit des Sensorantriebs während der Autofokussierung im Foto-Modus wurde auf 480 B/s erhöht. Das ist doppelt so schnell als noch bei der GH4. So arbeitet der AF der GH5 bei voller Auflösung in etwa 0,05 s mit 12 (AFS) / 9 (AFC) B/s bei Serienbelichtungen mit mechanischem Verschluss. Olympus toppt diesen Wert mit 10 B/s bei kontinuierlichem AF und sogar 18 B/s mit elektronischem Verschluss und C-AF. Durch genaues Analysieren jedes einzelnen Serienbildes soll die Lumix GH5 eine bis zu 200 Prozent höhere Präzision mit minimalen Bewegungserfassungsfehlern erreichen und so eine höhere Verfolgungstoleranz gegenüber bewegten Objekten ermöglichen.
Für eine noch präzisere Fokussierung wurde die Anzahl der Fokusfelder von 49 auf 225 erhöht. Panasonic gibt allerdings nicht an, wie viele davon als Kreuzsensoren arbeiten. Benutzer können eine Gruppe von Fokusfeldern passend zum Motiv definieren und sie mit dem neuen Joystick für den rechten Daumen steuern, ohne das Motiv aus den Augen zu lassen. Dies ist auch beim Blick durch den Sucher möglich und wenn man den Finger vom Auslöser nimmt.
Wenn der Schärfepunkt bei normaler Fokussierung einmal nicht den Vorstellungen des Benutzers entspricht, ermöglicht es die LUMIX GH5 mit ihrer Post-Focus-Funktion, noch nach der Aufnahme einen bestimmten Fokuspunkt auszuwählen. Das ist besonders hilfreich bei Situationen wie Makroaufnahmen, bei denen eine besonders präzise individuelle Fokussierung gefordert ist.
Darüber hinaus bietet die GH5 eine Focus-Stacking-Funktion. Wenn es zum Beispiel bei Makrofotos nicht möglich ist, den Fokus gleich bei der Aufnahme gezielt auf verschiedene Bereiche zu legen, gestattet Focus-Stacking den Benutzern, mehrere Bilder des gleichen Motivs mit verschiedenen Fokuspunkten aufzunehmen und daraus ein Foto mit der Schärfe auf den gewünschten Details zu generieren. Darüber hinaus sind automatische Belichtungsreihen mit unterschiedlichen Werten für Helligkeit, Weißabgleich, Fokus und Blende möglich.
6K/4K FotoDie neue 6K Foto-Funktion mit 18-Megapixel-Auflösung ermöglicht Serienbildaufnahmen mit 30 B/s, indem man das Foto mit dem besten Timing aus der 6K Serienbild-Datei extrahiert. Die 4K Foto-Funktion wurde weiter verbessert, so dass jetzt Highspeed-Aufnahmen mit 60 B/s in 8-Megapixel-Auflösung und mit unlimitierter Aufnahmelänge möglich sind. Ein eventueller Rolling-Shutter-Effekt wird dabei automatisch herausgerechnet. Durch die Kompensation der Signalinformationen zwischen den Einzelbildern ermöglicht der Venus-Engine-Bildprozessor eine nachträgliche Bildoptimierung, die Verzerrungen korrigiert und das Rauschen bei der Wiedergabe oder beim Extrahieren von Bildern aus der 6K/4K Burst-Datei reduziert. Folge sind deutlich bessere Bildergebnisse bei Aufnahmen mit kurzen Verschlusszeiten und hohen ISO-Werten oder aus einer Schwenkbewegung heraus.
VideoDie Kameras der LUMIX GH Serie waren vor allem für ihre Video-Qualitäten populär. Diese wurde bei der GH5 nochmals deutlich ausgebaut. Die Signalauslesegeschwindigkeit wurde dank des neuen Digital Live MOS-Sensors um bis zu 1,7x beschleunigt, und der neue Venus-Engine-Bildprozessor verarbeitet Signale bis zu 1,3x schneller. Die GH5 erlaubt Videoaufzeichnungen in 4K 60p/50p Ultra-High-Definition, sowie interne 4:2:2/10-Bit-Video-Aufzeichnung bei max. 30p mit dem Farb-Subsampling-Modus, der wegen seiner originalgetreuen Farbwiedergabe häufig bei Filmproduktion zum Einsatz kommt.
Darüber hinaus bleibt die Brennweite jetzt bei der Videoaufnahme gegenüber dem Fotografieren (in16:9) unverändert (kein Crop-Effekt). An Aufzeichnungsformaten stehen MOV, MP4, AVCHD-Progressive und AVCHD mit einer Vielzahl von Bildraten zur Verfügung. Es gibt kein Aufnahme-Zeitlimit für FHD und 4K Video (nur abhängig vom verfügbaren Speicherplatz).
Während 'Cinelike D' und 'Cinelike V', die ähnliche Gamma-Einstellungen für die Filmproduktion bieten, bei den Foto-Stilen für Videoaufnahmen verfügbar sind, bietet die LUMIX GH5 auch 'Like 709' und die Kompatibilität mit HDTV. Ein kostenpflichtiges Software-Upgrade zur Unterstützung der V-LogL-Videoaufzeichnung wird zusätzlich angeboten.
Als Reaktion auf Anfragen von professionellen Anwendern bietet die LUMIX GH5 jetzt auch Waveformmonitor- und Vectorskope-Anzeigen. Darüber zeichnet sie SMPTE-kompatiblen Time Code entweder im Rec-Run- oder Free-Run-Count-up-Modus auf, was die Synchronisation von Video- und Tonmaterial im Post-Production-Workflow vereinfacht. Die Luminanzwerte können zwischen 64-1023/64-940/0-1023 (10-bit) gewählt werden. Der Synchro Scan-Modus unterdrückt das Flimmern und Farbbalken sind ebenfalls verfügbar.
Äußerlich und im Handling hat sich nicht sehr viel geändert. Erwähnenswert ist vor allem noch der neue Sucher. Dessen OLED-Display bietet eine Auflösung von 3,7 Mio. Bildpunkten und zeigt 100 Prozent des Bildfeldes mit einer starken Vergrößerung von ca. 1,52x / 0,76x (35mm KB). Erste Hands-On-Berichte sprechen von einer bemerkenswert realistischen und flüssigen Darstellung des Suchers. Einige Tasten (z.B. REC) wurden neu positioniert und an der Rückseite in Reichweite des Daumens findet sich ein neuer Joystick. Verzichten müssen Käufer der GH5 auf einen eingebauten Blitz.
Die LUMIX GH5 kommt ab März 2017 in den Handel. Die unverbindliche Preisempfehlung liegt bei 1.999 Euro (Gehäuse). Weitere Informationen und Technische Daten finden Sie auf der
Produkt-Webseite.