Pflicht zur Entschlüsselung bei Messengern - Bundesregierung startet Initiative (Aktualisierung)
Zusammen mit seinem französischen Amtskollegen Bernard Cazeneuve hat der deutsche Innenminister Thomas de Maizière bei der EU-Kommission eine Initiative gestartet, um so europaweit eine Entschlüsselungspflicht für Internet-Dienste einzuführen. Die von der EU-Kommission zu erarbeitende Regelung soll laut einer
Mitteilung des Innenministeriums die verschlüsselte Kommunikation mithilfe des Anbieters bei Bedarf entschlüsseln. Faktisch käme dies einem Verbot der etablierten Endverschlüsselung gleich, bei der nur Sender und Empfänger ausgetauschte Nachrichten entschlüsseln können.
Grundsätzlich betroffen davon wären nicht nur Messenger, sondern auch alle Web-Browser und -Dienste, da auch hier mittels HTTPS und dem zugehörigen SSL/TLS-Verfahren eine Endverschlüsselung erfolgt. Die Forderung des Innenministeriums gleicht damit einer Hintertür in der Verschlüsselung. Wie problematisch solche Türen sein können, zeigt der kürzlich durchgeführt Hack gegen das FBI, wobei die Angreifer einen Großteil der Hintertüren in Form von Software-Tools erbeuten konnten.
Dem Problem ist sich durchaus auch das Innenministerium bewusst. In einem beeindruckenden Schachtelsatz schreibt es in der Mitteilung: "Es müssen Lösungen gefunden werden, die effektive Ermittlungen mit Blick auf verschlüsselte Daten im Zusammenhang mit terroristischen Aktionen ermöglichen und zugleich der Notwendigkeit des Schutzes digitaler Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger durch Gewährleistung der Erhältlichkeit starker Kryptographie-Systeme sowie dem Grundsatz der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit, den Grundrechten und dem Rechtsstaat Rechnung tragen." Ob sich diese Ziele vereinen lassen, darf bezweifelt werden.
Ohnehin hat sich bei vielen zurückliegenden terroristischen Anschlägen wie dem in Paris gezeigt, dass nicht die Verschlüsselung der Kommunikationswege diese begünstigte, sondern das personelle Defizit in Sicherheitsbehörden, um angemessen auf die bestehende Informationslage reagieren zu können. Ein Großteil der Attentäter und Unterstützer war Sicherheitsbehörden bereits vor den Anschlägen bekannt.
Aktualisierung:Gegenüber
Netzpolitik.org rudert das deutsche Innenministerium zurück und sieht in seiner Position keine Forderung für Hintertüren in der Verschlüsselung. Weshalb die
Pressemitteilung des französischen Innenministeriums im Widerspruch dazu steht, könne sich der Pressesprecher nicht erklären.