Unruhe um Evernotes neue Datenschutzpolitik - gläserne Notizen voraus?
Evernote war lange Zeit die große Alternative zur vorinstallierten Notiz-App von macOS. Dann geriet das Image des Unternehmens ins Wanken, als die Abo-Preise deutlich
erhöht wurden und Datenverluste bei Notizanhängen
eingestanden werden mussten. Zukünftig sollen neue Funktionen wieder mehr Kunden zurückholen, aber schon liegt das nächste Fettnäpfchen bereit.
Neue DatenschutzrichtlinieDenn offensichtlich unterschätzte Evernote die Sensibilität der Nutzer, wenn es um Privatssphäre und Datenschutz geht. Für Features wie automatische To-Do-Listen oder das Aufsetzen von Reisetagebüchern setzt der Konzern auf Maschinenlernen und möchte zur Verbesserung des Algorithmus in manchen Fällen auch Mitarbeitern erlauben, auf die Inhalte von Nutzer-Notizen zuzugreifen. Dazu wurde die Datenschutzrichtlinie aktualisiert. „Manchmal ist in begrenztem Umfang ein manuelles Review [also die Einsicht in bestimmte Kunden-Notizen] einfach unvermeidlich, um sicherzustellen, dass alles so läuft, wie es soll.“
Für die meisten Interessierten klingt diese Formulierung wie ein Blankoscheck zur gläsernen Notiz, da potentiell jede Evernote-Datei auf dem Bildschirm von Evernote-Mitarbeitern landen könne. Die neue Datenschutzrichtlinie soll am 23. Januar 2017 in Kraft treten.
BeschwichtigungsversucheDie Reaktion im Netz war derart empört, dass sich Evernote inzwischen zu gleich mehreren ergänzenden Statements genötigt sah. Zunächst stellte das Unternehmen in einem
Blogpost klar, dass jeder Kunde die Möglichkeit habe, freiwillig auf die Funktionalität von Maschinenlernen zu verzichten und somit sicherzustellen, dass die eigenen Dateien nicht einfach so von Mitarbeitern eingesehen werden können. Außerdem sähen die Angestellten aus Prinzip immer nur anonymisierte Ausschnitte und sobald ein Algorithmus persönliche Informationen identifiziere, würden diese auf dem Bildschirm des Mitarbeiters versteckt. In einer weiteren Reaktion erklärte der Konzern dann sogar, wie man den Evernote-Dienst verlassen kann, natürlich sofort um den Hinweis ergänzt, dass Evernote einen solchen Schritt sehr bedauern würde.
Viele weitere Versicherungen, etwa dass keine Kundendaten verkauft würden und dass nur wenige Evernote-Angestellte Einblick in die Notizen erhalten können, folgten heute über den Tag verteilt. Ob dies aber die Negativ-Schlagzeilen seit der Veröffentlichung der neuen Datenschutzrichtlinie ausgleichen kann, darf bezweifelt werden. Seit OS X El Capitan 10.11.4 verfügt das Mac-Betriebssystem übrigens über eine Funktion, um Evernote-Notizen leicht in die Apple-Notiz-App zu überführen (MTN berichtete:
).
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