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Wie kann ich das Gendergaga unter iOS 15 abstellen?
Wie kann ich das Gendergaga unter iOS 15 abstellen?
Gfurther
20.09.21
23:09
Weiß jemand hier, wie ich die politische Genderagitation von Apple unter iOS 15 auf die normale deutsche Sprache umstellen kann? Davon ab, dass dies nicht gerade der Useability nützt, entwickele ich so langsam eine Aversion auf meine Applegeräte, wenn ich dauern so etwas wie Benutzer:innen lesen muss.
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Weia
10.11.21
14:51
piik
Weia
Ausschlaggebend ist einzig und allein die soziologisch-empirische Frage, ob Frauen
im Durchschnitt
durch das generische Maskulinum systematisch entmutigt werden.
Die Definition dessen als einziges Kriterium ist gleichbedeutend mit dem Satz, dass der Zweck für Dich die Mittel heiligt.
ausschlaggebend ≠ einzig
Und selbstverständlich ist diese Frage ausschlaggebend. Wenn sich nämlich zeigen sollte, dass es gar kein Problem gibt, dann bedarf es auch keiner Lösung.
Wenn sich aber zeigt, dass es ein Problem gibt, dann bedarf es einer Lösung, völlig egal, wie sich das Problem sprachgeschichtlich entwickelt hat oder was die stets nur rekonstruierende Linguistik die bisherige Verwendung einordnet. Wie die Lösung aussieht, ist damit doch noch in keiner Weise gesagt. Gesagt wäre dann nur, dass das generische Maskulinum jedenfalls
nicht
die Lösung ist.
„“I don’t care” is such an easy lie. (The Warning, “Satisfied”)“
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+1
Weia
10.11.21
14:54
ilig
miocinq
So fehlen Taubstummen die Werkzeuge Reden und Hören, deren Fehlen durch andere Werkzeuge
ausgeglichen werden
.
Sehr richtig. Meines Erachtens werden die fehlenden Werkzeuge durch andere Werkzeuge aber nur eingeschränkt ausgeglichen. Das Fehlen der Werkzeuge Reden und Hören bedeutet für Taubstumme, dass sie auf Umwegen kommunizieren müssen. Es sind also Menschen mit Einschränkungen. Und genau diese Einschränkungen erschweren bzw. verunmöglichen es den Taubstummen und vielen anderen Menschen mit Einschränkungen mit *, : , I oder _ etc. zu gendern.
Aber
*, : , I oder _ etc.
sind alles Konventionen der
Schrift
sprache. Und genau dort haben Taubstumme doch gar keine Einschränkungen?
„“I don’t care” is such an easy lie. (The Warning, “Satisfied”)“
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0
Weia
10.11.21
15:19
makru
das
Weia
Also das alte Hegel’sche Modell gesellschaftlichen Fortschritts:
These (
generisches Maskulinum
) → Antithese (
Gendering
) → Synthese (
lockere, an die jeweilige Situation angepasste Problemlösung, die wir hier und heute eben noch nicht haben
)
halte ich für gewagt. Allerdings lasse ich mich gerne überzeugen: Hast du eine Belegstelle dafür, dass das das Hegel'sche Modell gesellschaftlichen Fortschritts ist?
Jetzt weiß ich nicht: Hältst Du die These für gewagt, dass Hegels Modell des gesellschaftlichen Fortschritts
These → Antithese → Synthese
ist oder beziehst Du Dich auf meine Anwendung dieses Modells auf unser Thema hier (also die Spezifizierung von
These
als
generisches Maskulinum
etc.)?
„“I don’t care” is such an easy lie. (The Warning, “Satisfied”)“
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-5
Weia
10.11.21
15:32
makru
Weia
Deswegen Frage an alle hier: Könntet Ihr Euch vorstellen, längerfristig aus
Benutzerinnen und Benutzer
die Variante
Benutzerinnen bis Benutzer
zu machen? Klar klingt das heute völlig schräg, da ungewohnt.
Warum klingt das schräg?
Na weil es bislang niemand so sagt. Ich wollte nur Einwänden den Wind aus den Segeln nehmen, dass das (eben beim ersten Hören) seltsam klingt und daher vorschnell abgelehnt wird.
Als Ersatz für eine Aufzählung ("und") entspricht die Verwendung von "bis" dem natürlichen Sprachgefühl: statt 1, 2, 3 usw. sagen wir 1 bis x, so wie wir sogar die Rede "von a bis z" gebrauchen, um auszudrücken, dass alles Fragliche mitgedacht ist.
Ja, genau deswegen bin ich ja auf diese Idee gekommen.
„“I don’t care” is such an easy lie. (The Warning, “Satisfied”)“
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-2
NFK
10.11.21
15:49
Weia
Deswegen Frage an alle hier: Könntet Ihr Euch vorstellen, längerfristig aus
Benutzerinnen und Benutzer
die Variante
Benutzerinnen bis Benutzer
zu machen?
Nö.
Da weiß ich was Besseres:
Benutzeriche und Benutzerinnen
.
Dann kann und darf nämlich das wunderschöne praktische
Benutzer
wieder alle und jeden repräsentieren.
So wie es vorher war.
Und das Schönste an dieser Lösung ist, dass es dann zwar schrecklich klingende Kapitäneriche, Ärzteriche, Bundeskanzleriche gibt. Aber all diese Formen werden gar nicht weiter benutzt und stören niemand. Denn es gibt schlicht und einfach keine Situation, bei der man ausdrücken müsste, dass jemand Benutzer
und
Mann ist.
Man kann all diese schrecklichen Formen in den Keller stellen, und nur wenn sich wieder jemand aufregt, dass
Benutzer
männlich wäre, schickt man ihn zu den Erichen in den Keller.
Warum brauchen Frauen, und eben nur Frauen, diesen Schnörksel
-in
überall dran, der ausdrückt dass sie Frauen sind?
Das ist ein Überbleibsel des Sockels, auf den man Frauen jahrhundertelang gestellt hat, um sie zu beschützen und bevormunden.
Radikalfeministen lehnen das
-in
ab.
Gemäßigte Feministen halten Frauen auch weiterhin die Tür auf und sprechen Frau Merkel auch weiterhin mit
Bundeskanzlerin
an. Das ist höflich und betont, dass sie Bundeskanzler ist, aber eben auch Frau.
Das ändert nichts daran, dass der Beruf an sich Bundeskanzler heißt, dass es Bundeskanzleramt heißt. Wenn man einen Raum betritt, in dem nur weibliche Bundeskanzler sitzen, begrüßt man sie mit »Liebe Bundeskanzlerinnen«. Zu einer gemischten Gruppe sagt man »Liebe Bundeskanzler«.
Keinesfalls sagt man »Liebe Bundeskanzlerinnen und Bundeskanzler«, das verstärkt nur den Irrglauben, der Ausdruck »Bundeskanzler« wäre nicht inklusiv.
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-2
Eventus
10.11.21
15:51
Weia
makru
Als Ersatz für eine Aufzählung ("und") entspricht die Verwendung von "bis" dem natürlichen Sprachgefühl: statt 1, 2, 3 usw. sagen wir 1 bis x, so wie wir sogar die Rede "von a bis z" gebrauchen, um auszudrücken, dass alles Fragliche mitgedacht ist.
Ja, genau deswegen bin ich ja auf diese Idee gekommen.
Eine Idee, die mir sehr gefällt. Ist aber auch nicht frei von unfreiwillig komischen Fällen, an die man sich jedoch m. E. rasch gewöhnen könnte: Sehr geehrte Damen bis Herren!
„Live long and prosper! 🖖“
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+5
makru
10.11.21
16:54
Weia
makru
das
Weia
Also das alte Hegel’sche Modell gesellschaftlichen Fortschritts:
These (
generisches Maskulinum
) → Antithese (
Gendering
) → Synthese (
lockere, an die jeweilige Situation angepasste Problemlösung, die wir hier und heute eben noch nicht haben
)
halte ich für gewagt. Allerdings lasse ich mich gerne überzeugen: Hast du eine Belegstelle dafür, dass das das Hegel'sche Modell gesellschaftlichen Fortschritts ist?
Jetzt weiß ich nicht: Hältst Du die These für gewagt, dass Hegels Modell des gesellschaftlichen Fortschritts
These → Antithese → Synthese
ist oder beziehst Du Dich auf meine Anwendung dieses Modells auf unser Thema hier (also die Spezifizierung von
These
als
generisches Maskulinum
etc.)?
Ich habe ja nach einer Belegstelle gefragt. Ich beziehe mich also auf das von dir formulierte und als Hegel'sches Modell gesellschaftlichen Fortschritts behauptete "
These → Antithese → Synthese
".
Hilfreich?
+1
ilig
10.11.21
17:12
Weia
Aber *, : , I oder _ etc. sind alles Konventionen der Schriftsprache. Und
genau dort haben Taubstumme doch gar keine Einschränkungen
?
Woher weißt Du, dass Taubstumme – also Menschen mit Einschränkungen – bei der Schriftsprache keinen Einschränkungen ausgesetzt sind? Weißt Du, wie weitaus schwieriger es für Taubstumme ist Schriftsprache – dazu gehören auch alle Veränderung dieser Schriftsprache – ohne die Werkzeuge Sprechen und Hören zu erlernen? Vor allem dann, wenn die Taubstummheit seit Geburt besteht. Meine Frau hat jahrelang Menschen mit Einschränkungen betreut. Sie hat mir sehr oft beschrieben welche Schwierigkeiten diese Menschen mit Einschränkungen in unserer Gesellschaft haben.
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+4
piik
10.11.21
17:45
Weia
piik
Weia
Ausschlaggebend ist einzig und allein die soziologisch-empirische Frage, ob Frauen
im Durchschnitt
durch das generische Maskulinum systematisch entmutigt werden.
Die Definition dessen als einziges Kriterium ist gleichbedeutend mit dem Satz, dass der Zweck für Dich die Mittel heiligt.
ausschlaggebend ≠ einzig
Und selbstverständlich ist diese Frage ausschlaggebend. Wenn sich nämlich zeigen sollte, dass es gar kein Problem gibt, dann bedarf es auch keiner Lösung.
Wenn sich aber zeigt, dass es ein Problem gibt, dann bedarf es einer Lösung, völlig egal, wie sich das Problem sprachgeschichtlich entwickelt hat oder was die stets nur rekonstruierende Linguistik die bisherige Verwendung einordnet. Wie die Lösung aussieht, ist damit doch noch in keiner Weise gesagt. Gesagt wäre dann nur, dass das generische Maskulinum jedenfalls
nicht
die Lösung ist.
Du mogelst Dich schon wieder an etwas vorbei, bzw. versuchst es. Du schreibst "Ausschlaggebend ist einzig und allein". Also einzig und allein.
Natürlich steht die Lösung fest: Gendern mit Sternchen oder Doppelpunkt etc. und pp. Oder hast Du einen Post mit sinn vollen Lösungen versucht, die nicht Sprachverhunzung sind?
Meiner Meinung nach gibt es nur eine wirkliche Lösung, die auch noch sonstige Vorteile hätte: Die Abschaffung der redundanten sprachlichen Geschlechts wie im Englischen. nDas löst den Löwenanteil. Für den kleineren Teil muss man dann nochmnal nachdenken. da habe ich noch keine gute Idee.
Hilfreich?
+1
Weia
10.11.21
17:46
makru
Ich habe ja nach einer Belegstelle gefragt. Ich beziehe mich also auf das von dir formulierte und als Hegel'sches Modell gesellschaftlichen Fortschritts behauptete "
These → Antithese → Synthese
".
Da hast Du mich jetzt insofern kalt erwischt, als das absolutes Basiswissen über Hegels Philosophie ist (könnte ich nur 3 Sätze sagen, um einen Eindruck von Hegels Philosophie zu vermitteln, wäre das einer davon) und es genau deswegen keine entsprechend kompakt formulierte Fundstelle im Netz gibt (jedenfalls habe ich auf die Schnelle keine gefunden).
Im Wikipedia-Eintrag zu Dialektik
wird
These → Antithese → Synthese
bereits in der Einleitung zur Erläuterung des für Hegel zentralen Begriffs
Dialektik
benutzt und im Abschnitt zu speziell Hegel nicht nochmals wiederholt. Die Pointe bei Hegel gegenüber der allgemeinen Verwendung von Dialektik als
These → Antithese → Synthese
ist, dass es sich dabei nicht nur (wie sonst stets angenommen) um die Formulierung eines gedanklichen/diskursiven Verlaufs bei der sich fortentwickelnden
Beschreibung
der Wirklichkeit handelt, sondern die Dialektik für Hegel
eine Bewegung der Wirklichkeit selbst
ist, die Wirklichkeit also sozusagen geistig/logisch durchwebt ist (→
Weltgeist
). (Für die Philosophie ist
Widerspruch
üblicherweise ganz klar eine gedanklich-logische Kategorie; Hegel wiederum schreibt ein Buch namens
Logik
, von dem man gemeinhin aufgrund des Titels meinen würde, es sei irgendeine Art Einführung in formale Logik, dabei beansprucht es, die Bildungsgesetzlichkeiten der in steter Veränderung befindlichen Wirklichkeit zu beschreiben.)
An dieser Stelle konnte dann Marx gut an Hegel anknüpfen: er übernimmt
These → Antithese → Synthese
, aber der Akteur, der die Geschichte der Menschheit vorantreibt, ist nicht mehr der sich in Widersprüche zwischen These und Antithese verwickelnde Weltgeist, sondern der Klassenkampf, der durch die gesellschaftlichen Widersprüche = Konflikte zwischen den Klassen entsteht (womit Marx meint, „Hegel vom Kopf auf die Füße zu stellen“).
Ein berühmtes Sprachspiel Hegels in Bezug auf die dialektische Fortentwicklung der Gesellschaft ist der Begriff
aufheben
, der im Deutschen dreierlei bedeutet:
bewahren
nach oben heben
annullieren
Und genau das tut laut Hegel dialektischer Fortschritt =
Aufhebung
:
Er
bewahrt
die guten Aspekte von These und Antithese,
annulliert
die Widersprüche zwischen ihnen und gelangt so zu einer Synthese, die das beste beider Welten enthält und es so
auf
eine höhere Stufe
hebt
.
Aber für Näheres müsste ich da auf eines der zahllosen Einführungsbändchen zu Hegel verweisen. Wie gesagt, einen kurzen bündigen Text habe ich dazu im Netz jetzt leider nicht gefunden.
„“I don’t care” is such an easy lie. (The Warning, “Satisfied”)“
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0
makru
10.11.21
18:06
NFK
Warum brauchen Frauen, und eben nur Frauen, diesen Schnörksel
-in
überall dran, der ausdrückt dass sie Frauen sind?
Nicht Frauen "brauchen […] diesen Schnörksel[sic]
-in
überall dran, der ausdrückt dass sie Frauen sind". Unsere Sprache kennt männliche, weibliche und sächliche Redeformen (Genus). Nicht immer ist damit ein tatsächliches biologisches Geschlecht (Sexus) verbunden. Es gibt aber solche Bezüge, die man etymologisch nachweisen kann. Insbesondere hinsichtlich der Rede über oder Ansprache von Personen bestimmt aber der (vermeintliche) Sexus offensichtlich das Genus. Dass es so etwas wie das generische Maskulinum gibt, hat historische Gründe, etwa, dass Frauen bestimmte Rechte nicht hatten und so bestimmte Rollen und gesellschaftliche Funktionen ausschließlich bzw. offiziell nur von Männer eingenommen bzw. ausgeübt werden konnten und ausgeübt wurden. Weil nur Männer ein Handwerk ausüben und Mitglied einer Handwerksgilde werden durften, brauchte es nur die männliche Redeform für Handwerksberufe - beispielsweise. Da sich das nur langsam zugunsten einer Gleichberechtigung von Frauen auflöste, blieb die männliche Redeform, die nun auch die (wenigen) Frauen umfasste. Das generische Maskulinum ist also ein historischer Gegenstand und nichts Natürliches. Und dass Frauen irgendwann damit begannen, ihre Nennung in der Anrede einzufordern, ist als Sichtbarmachung ihrer Teilhabe eben Teil der historischen Auseinandersetzung um Gleichstellung und Gleichbehandlung, die übrigens bis heute nicht abgeschlossen ist.
NFK
Das ist ein Überbleibsel des Sockels, auf den man Frauen jahrhundertelang gestellt hat, um sie zu beschützen und bevormunden.
Radikalfeministen lehnen das
-in
ab.
Das halte ich für ausgemachten Unsinn. Beides. Aber ich lasse mich durch Belege natürlich gerne eines besseren Belehren.
NFK
Gemäßigte Feministen halten Frauen auch weiterhin die Tür auf und sprechen Frau Merkel auch weiterhin mit
Bundeskanzlerin
an.
Jemanden die Tür aufhalten, ist eine situationsbedingte Frage der Aufmerksamkeit und Höflichkeit. Allen Frauen die Tür aufhalten, bloß weil sie Frauen sind, und Männern nicht, reproduziert lediglich Geschlechterklisches und ist weder gegenüber Männern noch Frauen besonders aufmerksam oder höflich.
NFK
Das ist höflich und betont, dass sie Bundeskanzler ist, aber eben auch Frau.
Na ja, spricht man sie mit Bundeskanzlerin an, dann betont man ja gerade, dass sie Bundeskanzlerin ist.
NFK
Das ändert nichts daran, dass der Beruf an sich Bundeskanzler heißt, dass es Bundeskanzleramt heißt. Wenn man einen Raum betritt, in dem nur weibliche Bundeskanzler sitzen, begrüßt man sie mit »Liebe Bundeskanzlerinnen«. Zu einer gemischten Gruppe sagt man »Liebe Bundeskanzler«.
Keinesfalls sagt man »Liebe Bundeskanzlerinnen und Bundeskanzler«, das verstärkt nur den Irrglauben, der Ausdruck »Bundeskanzler« wäre nicht inklusiv.
Falsch. Es ist erstens nicht der Beruf, sondern das Amt. Dass das Amt so heißt, ist historisch bedingt und nicht natürlicherweise so. (siehe oben) Zweitens gibt es keine männlichen und weiblichen Bundeskanzler, sondern Bundeskanzler und Bundeskanzlerinnen (- Bundeskanzler ist nicht der Oberbegriff für Bundeskanzler und Bundeskanzlerin). Drittens verwendest vielleicht du in deiner Ansprache zu einer gemischten Gruppe die maskuline Form, aber nicht "man", ich und andere z.B. machen das nicht. Und viertens wäre erst einmal zu zeigen, dass "Bundeskanzler" inklusiv ist, bevor man behauptet, dass es ein Irrglauben ist, wenn man es anders sieht. Ich habe oben ja beschrieben, warum es nicht so ist.
Hilfreich?
+5
spheric
10.11.21
18:10
beanchen
spheric
beanchen
spheric
Die Anwesenheit einer intersexuellen Person, die sogar ausdrücklich bekräftigt, dass sie persönlich sich durch das Gendersternchen endlich zum ersten Mal sprachlich vertreten fühlt, fand ich persönlich ziemlich erhellend… Du nicht?
Die Anwesenheit einer intersexuellen Person, die ihre persönlichen Erlebnisse geschildert hat, fand ich sehr erhellend. Die Tatsache sich durch das Gendersternchen endlich zum ersten Mal sprachlich vertreten zu fühlen ist so individuell wie die Entscheidung bei einem weiblich erscheinenden Auftreten zu bleiben.
Außerdem war das eine Person von sechs, mit Moderator sieben. Mir scheint du ziehst dir da nur raus, was in dein Weltbild passt. Hasnain Kazim z.B. empfand übertragen auf Rassismus die Beleidigungen, die ihm als Kind von anderen Kindern zugefügt wurden, als Beleidigungen und nicht als Rassismus. Das fand ich auch erhellend. Empfinden bleibt individuell und deswegen lässt sich auf Empfinden keine allgemeingültigen Aussagen aufbauen ohne eine komplette Gruppe in Sippenhaft zu nehmen.
Das heißt, die Tatsache, dass dort in einer Fernsehshow nur EINE Person war, die sich vom Gendersternchen mitgemeint fühlt, rechtfertigt nicht, dass manche Leute oder sogar Unternehmen darauf Rücksicht nehmen wollen?
Wie wäre es denn, wenn tatsächlich ungefähr so viele intersexuelle Menschen wie Rothaarige bei uns leben, für die das wichtig wäre?
Ab wieviel betroffenen Personen wäre es legitim, sich darüber Gedanken zu machen, ob man sich vielleicht unbeabsichtigt wie ein Arschloch verhält? Hypothetisch natürlich.
Was du da treibst ist einfach nur schäbig!
Du verweist auf eine Sendung, in der nach deiner eigenen Aussage 7 erwachsene Menschen vernünftig und ruhig miteinander diskutieren. Da stimme ich dir voll und ganz zu. Es war aber nur eine Person dabei, die sich durch unsere bisherige Sprachpraxis nicht angesprochen fühlt und das aufgrund ganz persönlicher Erfahrungen. Diese Person hat selbst nicht mal eine Zahl genannt, wieviele Personen das sonst noch betrifft. Mehr gibt die Sendung in Bezug auf das Gendern nicht her. Und in Bezug auf "kann man von einer Person auf die Gruppe schließen" hatte ich das Beispiel Beleidigung vs. Rassismus genannt und damit die Frage beantwortet: nein man kann nicht darauf schließen, das Empfinden ist individuell.
Und aus dieser Aussage willst du mir jetzt einen Strick drehen?
Nunja, es ist ja nunmal so, dass Menschen sich über mangelnde Repräsentierung beschweren. Und dann angesichts eines Menschen der dies anmeldet, zu argumentieren, das sei ja nur individuelle Wahrnehmung, ist ja de facto das Abstreiten des Problems, das einem jemand gerade zu illustrieren versucht.
Es erinnert ein wenig an Männer, die Frauen, die gerade Alltagssexismus schildern, ins Wort fallen und ihnen klarmachen, dass das ja nur "individuelle Wahrnehmung" sei.
Ob das nun ein argumentativer Standpunkt ist oder schlicht zugespitzt das Problem an sich darstellt, quod erat demonstrandum — das lasse ich an dieser Stelle einmal offen.
„Früher war auch schon früher alles besser!“
Hilfreich?
+1
makru
10.11.21
18:16
Weia
makru
Ich habe ja nach einer Belegstelle gefragt. Ich beziehe mich also auf das von dir formulierte und als Hegel'sches Modell gesellschaftlichen Fortschritts behauptete "
These → Antithese → Synthese
".
Da hast Du mich jetzt insofern kalt erwischt, als das absolutes Basiswissen über Hegels Philosophie ist (könnte ich nur 3 Sätze sagen, um einen Eindruck von Hegels Philosophie zu vermitteln, wäre das einer davon) und es genau deswegen keine entsprechend kompakt formulierte Fundstelle im Netz gibt (jedenfalls habe ich auf die Schnelle keine gefunden).
Im Wikipedia-Eintrag zu Dialektik
wird
These → Antithese → Synthese
bereits in der Einleitung zur Erläuterung des für Hegel zentralen Begriffs
Dialektik
benutzt und im Abschnitt zu speziell Hegel nicht nochmals wiederholt. […]
Danke. Aber was du schreibst und zitierst, ist Hegelrezeption, nicht Hegel. Da ich in Philosophie promoviere, darfst du mir gerne zumuten, mit dir ins Original zu schauen und dort den "Dreischritt" von der These über die Antithese zur Synthese nachzugehen. Oder du hast einen Literaturbeleg, in dem Hegel selbst von Antithese, These und Synthese als sein oder ein angemessenes Modell gesellschaftlichen Fortschritts spricht.
Hilfreich?
+2
ilig
10.11.21
18:30
makru
Weil nur Männer ein Handwerk ausüben und Mitglied einer Handwerksgilde werden durften, brauchte es nur die männliche Redeform für Handwerksberufe - beispielsweise.
Das war im Mittelalter auch mal ganz anders.
Das Mittelalter: Zeit der Meisterinnen
Im Textilgewerbe arbeiteten oft überwiegend Frauen – sei es als Schneiderinnen, Kürschnerinnen, Hutmacherinnen oder Seidenstickerinnen. Aber auch
Bäckerinnen
und
Bierbrauerinnen
waren keine Seltenheit. Vereinzelt tauchen
Dachdeckerinnen
, ja sogar
Schmiedinnen
in den Urkunden auf. Viele selbstständige Frauen arbeiteten in Heilberufen, etwa als Hebamme oder Handwerkschirurgin. Fast überall
durften Frauen die Betriebe ihrer verstorbenen Männer weiterführen.
Im 16. Jahrhundert setzte ein Niedergang der selbstständigen Handwerkerinnen ein. Der patriarchalisch-religiöse Eifer der Reformationszeit rückte das Frauenbild wieder näher an biblische Lehrsätze antiker Kirchenväter. Es hieß, die Frau sei aus der Rippe des Mannes erschaffen – und nur da, um ihm zu dienen.
Quelle:
Hilfreich?
+3
Weia
10.11.21
18:43
piik
Du mogelst Dich schon wieder an etwas vorbei, bzw. versuchst es. Du schreibst "Ausschlaggebend ist einzig und allein". Also einzig und allein.
einzig und allein
ausschlaggebend
≠ einzig
Natürlich steht die Lösung fest: Gendern mit Sternchen oder Doppelpunkt etc. und pp. Oder hast Du einen Post mit sinn vollen Lösungen versucht, die nicht Sprachverhunzung sind?
Äh, ja:
Weia
Deswegen Frage an alle hier: Könntet Ihr Euch vorstellen, längerfristig aus
Benutzerinnen und Benutzer
die Variante
Benutzerinnen bis Benutzer
zu machen?
piik
Meiner Meinung nach gibt es nur eine wirkliche Lösung, die auch noch sonstige Vorteile hätte: Die Abschaffung der redundanten sprachlichen Geschlechts wie im Englischen.
Da sähe ich nur Nachteile. Ich würde niemals die Differenziertheit des Deutschen gegen die protestantische Prüderie der Angelsachsen eintauschen wollen.
„“I don’t care” is such an easy lie. (The Warning, “Satisfied”)“
Hilfreich?
-4
makru
10.11.21
19:17
ilig
makru
Weil nur Männer ein Handwerk ausüben und Mitglied einer Handwerksgilde werden durften, brauchte es nur die männliche Redeform für Handwerksberufe - beispielsweise.
Das war im Mittelalter auch mal ganz anders.
Das Mittelalter: Zeit der Meisterinnen
Im Textilgewerbe arbeiteten oft überwiegend Frauen – sei es als Schneiderinnen, Kürschnerinnen, Hutmacherinnen oder Seidenstickerinnen. Aber auch
Bäckerinnen
und
Bierbrauerinnen
waren keine Seltenheit. Vereinzelt tauchen
Dachdeckerinnen
, ja sogar
Schmiedinnen
in den Urkunden auf. Viele selbstständige Frauen arbeiteten in Heilberufen, etwa als Hebamme oder Handwerkschirurgin. Fast überall
durften Frauen die Betriebe ihrer verstorbenen Männer weiterführen.
Im 16. Jahrhundert setzte ein Niedergang der selbstständigen Handwerkerinnen ein. […]
Quelle:
Zitate von und Links zu irgendwelchen Webseiten haben als Belege leider keine besonders hohe Überzeugungskraft. Ich halte es da lieber mit wissenschaftlicher Erkenntnis, in dem Falle mit der historischer Forschung, z.B. der hier:
. Und siehe da, es ist bei diesem Bild von Frauen im Mittelalter ganz schön viel Mythos im Spiel.
Aber wir können ja mal gemeinsam weitere Belege sammeln und hier zusammenbringen. Der obige Beitrag ist aus 1983, also schon etwas älter und weitere Belege sollten nicht hinter dieses Datum zurückfallen.
Hilfreich?
+2
marm
10.11.21
19:32
FAZ von heute:
Also halbwegs aktuell, über Gendern im Mittelalter!
„ Das weibliche Individuum ist schon früh aufgestanden: Das Kölner Schnütgenmuseum beendet die Mär vom frauenfeindlichen und anonymen Mittelalter“
Bitte jetzt nur noch neuere Belege.
Hilfreich?
0
makru
10.11.21
20:11
marm
FAZ von heute:
Also halbwegs aktuell, über Gendern im Mittelalter!
„ Das weibliche Individuum ist schon früh aufgestanden: Das Kölner Schnütgenmuseum beendet die Mär vom frauenfeindlichen und anonymen Mittelalter“
Bitte jetzt nur noch neuere Belege.
Ich schrieb unzweifelhaft von wissenschaftlich gesicherter Erkenntnis. Das ist leider nur ein Zeitungsartikel und zudem einer, dessen Inhalt die Behauptung der Überschrift nicht belegt. Von Einzelschicksalen lässt sich nicht auf die Allgemeinheit schließen. Und schließlich ging es doch um die Rechte von Frauen und die Realität von Frauenleben im Vergleich zu denen der Männer.
Dass es nicht ältere Belege als der von mir verlinkte Aufsatz sein sollten (nicht: nicht dürfen!), begründet sich darin, dass wir nicht hinter den Forschungsstand dieser Zeit zurückfallen sollten, so dass wir dann sagen müssen: Schau, hier haben wir doch die Widerlegung/Korrektur schon zur Hand gehabt.
Meine Einladung zur Sammlung von Belegen ist übrigens ernst und ehrlich. Mir geht es nicht darum, irgendeinen Meinungscontest oder Debattenwettbewerb zu gewinnen. Mein Wissen ist fehlbar und ich kann mich irren. Und wenn mir jemand einen überzeugenden Beleg vorlegt oder auf überzeugende Weise widerspricht, dann ist das auch ein Gewinn für mich.
Hilfreich?
+4
Weia
11.11.21
05:20
makru
Danke. Aber was du schreibst und zitierst, ist Hegelrezeption, nicht Hegel. Da ich in Philosophie promoviere
Was ich nicht wissen konnte. Ich habe mir beim Verfassen der Antwort noch überlegt, wer der Adressat meiner Antwort wohl sein mag – ein Laie, der aus Interesse fragt, oder ein Fachmann, dem das zu plakativ war. Ich hielt auf MacTechNews den Laien für deutlich wahrscheinlicher als den Fachmann und habe daher auch gar nicht mehr nachgefragt. Falsch gelegen.
darfst du mir gerne zumuten, mit dir ins Original zu schauen und dort den "Dreischritt" von der These über die Antithese zur Synthese nachzugehen.
Dir vielleicht, dem Forum eher nicht.
MacTechNews ist ja nun kein philosophisches Doktorandenkolloquium. Es stimmt schon, dass Hegel selbst die Begriffe im Wesentlichen in seinem Frühwerk, namentlich den Jenaer Schriften, verwendet, in denen sich sein System herausbildet. Aber in einem Forum wie diesem statt von
Synthese
von
dem Spekulativen
zu sprechen, einem Begriff, der heute gänzlich anders und insbesondere negativ besetzt ist und erstmal einer Erläuterung bedürfte, ist auch nicht das Grüne vom Ei. 🤓
Oder du hast einen Literaturbeleg, in dem Hegel selbst von Antithese, These und Synthese als sein oder ein angemessenes Modell gesellschaftlichen Fortschritts spricht.
Wie wär’s mit
These:
Die antike Welt (insbesondere Ägypten)
Antithese:
Die aus Ägypten ausziehenden Juden
Synthese:
Die 10 Gebote
(
Der Geist des Christentums und sein Schicksal
, in:
Frühe Schriften
, Seite 283 in der Suhrkamp-Ausgabe)
Ach ja, das schwierige Verhältnis von Philosophie zu Philologie … Würde zu Aspekten der Relativitätstheorie aus einem modernen Lehrbuch zitiert, würde wohl kein Physiker beklagen, das sei gar nicht Einstein, sondern Einsteinrezeption.
„“I don’t care” is such an easy lie. (The Warning, “Satisfied”)“
Hilfreich?
+1
Weia
11.11.21
06:15
Und weil wir gerade schon bei Hegel sind – das schreibt der Gute in seinen
Grundlinien der Philosophie des Rechts
vor ganzen exakt 200
Jahren als der seinerzeit zweifelsohne bedeutsamste und wirkmächtigste Rechtsphilosoph im deutschsprachigen Raum:
Georg Friedrich Wilhelm Hegel
Es ist über das Verhältnis von Mann und Frau zu bemerken, daß das Mädchen in der sinnlichen Hingebung ihre Ehre aufgibt, was bei dem Manne, der noch ein anderes Feld seiner sittlichen Tätigkeit als die Familie hat, nicht so der Fall ist. Die Bestimmung des Mädchens besteht wesentlich nur im Verhältnis der Ehe;
(Seite 317f. in der Suhrkamp-Ausgabe)
Aber das generische Maskulinum ist natürlich gaaaaanz neutral und wertfrei und nur rein zufällig maskulin.
Im übrigen finde ich solche Fundstellen immer sehr gute Argumente dafür, dass es einer sich als systematische Wissenschaft verstehenden Philosophie bei historischen Autoren nur darum gehen sollte, interessante Ideen und Konzepte als „Steinbruch“ für gegenwärtige Überlegungen zu verwenden („Hegelrezeption“) und nicht um den Versuch, dem „Autor selbst“ („Hegel“) irgendwie „gerecht zu werden“ – der schwäbelnde Berliner Patriarch kann uns schließlich herzlich egal sein.
„“I don’t care” is such an easy lie. (The Warning, “Satisfied”)“
Hilfreich?
+1
piik
11.11.21
06:46
Weia
Und weil wir gerade schon bei Hegel sind – das schreibt der Gute in seinen
Grundlinien der Philosophie des Rechts
vor ganzen exakt 200
Jahren…
(Seite 317f. in der Suhrkamp-Ausgabe)
…
Aber das generische Maskulinum ist natürlich gaaaaanz neutral und wertfrei und nur rein zufällig maskulin.
Einerseits ist dieses Zitat ein starker Beleg dafür, dass diese Zeit mit der unsrigen kaum noch was zu tun hat ( und hegeltypisch verschwurbelt ist), und andererseits braucht man schon eine nicht der Allgemeinheit zugängliche Speziallogik, um daraus Aussagen über das generisches Maskulinum ableiten zu können.
Ich finde, das grenzt an Absurdität. Und Du könntest Dich ruhig mal fragen, wie andere Leute auf die Idee kommen können, das für abdurd zu halten 😀
Hilfreich?
0
piik
11.11.21
06:56
Weia
einzig und allein
ausschlaggebend
≠ einzig
Ein wunderschönes Beispiel für den Versuch, ein X für ein U zu verkaufen.
Ich bin fast schockiert, wenn ich diese Ungleichung sehe. Das ist schon weit mehr als Wortspalterei, das ist völlig absurd.
Einzig und allein ausschlaggebend heisst nunmal, dass der denkbare Rest nicht ausschlaggebend, also irrelevant ist. Also das Gegenteil von nichteinzig.
Du mogelst Dich bei jeder Gelegenheit raus.
Sorry, ich kann Dich da nicht mehr Ernst nehmen.
Das ist kein akzeptabler Diskussionsstil. Ich beende daher das absolut sinnlose Eingehen auf das von Dir Vorgebrachte.
Hilfreich?
0
Weia
11.11.21
06:58
piik
Einerseits ist dieses Zitat ein starker Beleg dafür, dass diese Zeit mit der unsrigen kaum noch was zu tun hat
Yep, und genau deshalb sollten wir ideologische Überbleibsel dieser Zeit in unserer Sprache eliminieren.
und andererseits braucht man schon eine nicht der Allgemeinheit zugängliche Speziallogik, um daraus Aussagen über das generisches Maskulinum ableiten zu können.
Ich finde, das grenzt an Absurdität. Und Du könntest Dich ruhig mal fragen, wie andere Leute auf die Idee kommen können, das für abdurd zu halten 😀
Ich frage mich höchstens, wie absurd es ist, diese Querverbindung für eine Absurdität zu halten.
Die Begründung dafür hat doch bereits
makru
geliefert:
makru, blaue Anmerkung von mir
Dass es so etwas wie das generische Maskulinum gibt, hat historische Gründe, etwa, dass Frauen bestimmte Rechte nicht hatten und so bestimmte Rollen und gesellschaftliche Funktionen ausschließlich bzw. offiziell nur von Männer eingenommen bzw. ausgeübt werden konnten und ausgeübt wurden. Weil nur Männer ein Handwerk ausüben und Mitglied einer Handwerksgilde werden durften
[da Frauen laut Hegel
kein anderes Feld ihrer sittlichen Tätigkeit als die Familie haben
]
, brauchte es nur die männliche Redeform für Handwerksberufe - beispielsweise.
„“I don’t care” is such an easy lie. (The Warning, “Satisfied”)“
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0
beanchen
11.11.21
07:36
Weia
makru, blaue Anmerkung von mir
Dass es so etwas wie das generische Maskulinum gibt, hat historische Gründe ...
... genauso wie für das generische Femininum und Neutrum, da diese willkürlich vergeben und die historischen Hintergründe völlig im Dunkeln liegen. Und deswegen ...
... etwa, dass Frauen bestimmte Rechte nicht hatten und so bestimmte Rollen und gesellschaftliche Funktionen ausschließlich bzw. offiziell nur von Männer eingenommen bzw. ausgeübt werden konnten und ausgeübt wurden.
... ist diese Aussage in ihrer Pauschalität erst mal falsch. Zum Glück kommt dann noch die Präzisierung auf Berufe ...
Weil nur Männer ein Handwerk ausüben und Mitglied einer Handwerksgilde werden durften
[da Frauen laut Hegel
kein anderes Feld ihrer sittlichen Tätigkeit als die Familie haben
]
, brauchte es nur die männliche Redeform für Handwerksberufe - beispielsweise.
... was zur damaligen Zeit aber lediglich ein Abbild der Realität war. Was ist wahrscheinlicher? Ich sehe eine Gruppe arbeitender Männer und Frauen und vergeben den Genus nach dem, was die jeweiligen Geschlechter gerade tun oder es treffen sich Männer im stillen Kämmerchen und beschließen, "Wir müssen die Frauen unterdrücken und deswegen sind jetzt alle Berufe männlich außer die Amme und die Magd!"? Manchmal ist eine Rose einfach nur eine Rose.
„Unterwegs in Analogistan: https://www.zdf.de/comedy/heute-show/heute-show-spezial-vom-19-januar-2024-100.html“
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+3
Weia
11.11.21
07:44
piik
Weia
einzig und allein
ausschlaggebend
≠ einzig
Ich bin fast schockiert, wenn ich diese Ungleichung sehe. Das ist schon weit mehr als Wortspalterei, das ist völlig absurd.
Ich kann nichts Absurdes daran entdecken.
ausschlaggebend
bedeutet, dass etwas eine grundsätzliche Weichenstellung bestimmt (hier die Antwort auf die Frage:
Brauchen wir einen Ersatz für das generische Maskulinum?
)
einzig und allein ausschlaggebend
betont, dass
nur
dieses Kriterium den Ausschlag geben kann (es könnte ja auch zwei alternative ausschlaggebende Kriterien geben, von denen nur das eine oder das andere in einer bestimmten Situation applizierbar ist)
einzig
bedeutet, dass
keinerlei
andere Kriterien
überhaupt
eine Rolle für eine Fragestellung spielen
Einzig und allein ausschlaggebend heisst nunmal, dass der denkbare Rest nicht ausschlaggebend, also irrelevant ist.
Aber
nicht ausschlaggebend
ist nunmal nicht deckungsgleich mit
irrelevant
.
nicht ausschlaggebend
bedeutet, ein Kriterium spielt
keine ausschlaggebende Rolle
für eine Fragestellung, d.h. kann nicht den Ausschlag für eine Antwort auf Fragestellung geben
irrelevant
bedeutet, ein Kriterium spielt
überhaupt keine Rolle
für die Fragestellung.
Das ist doch nicht dasselbe!
Konkret in Bezug auf meine Aussage:
Die Fragestellung ist, ob das generische Maskulinum durch etwas anderes ersetzt werden soll.
Das (in diesem Fall laut meiner Position) einzig dafür ausschlaggebende Kriterium (
werden Frauen entmutigt?
) entscheidet allein darüber, ob diese Frage mit
ja
oder
nein
beantwortet wird.
Aber
falls
sie mit
Ja
beantwortet wird, kommen all jene zwar nicht ausschlaggebenden, aber genausowenig irrelevanten weiteren hier debattierten Kriterien ins Spiel bezüglich der näheren Bestimmung,
wodurch
das generische Maskulinum ersetzt werden sollte.
Keines dieser nicht ausschlaggebenden Kriterien spielt eine Rolle, solange die Grundsatzfrage
Generisches Maskulinum ersetzen?
nicht geklärt ist. Wird diese Frage mit
Nein
beantwortet, spielen sie ebenfalls keine Rolle, da das Problem bereits gelöst ist. Wird die Frage aber mit
Ja
beantwortet, kommen sie in aller ihrer hier diskutierten Vielfalt ins Spiel und sind daher mitnichten irrelevant.
Vielleicht kommst Du zu Deiner Sichtweise, da für Dich die Fragestellung binär
zu sein scheint; wer nicht für das generische Maskulinum ist, ist nach Deiner Überzeugung ja offenbar für das Gendern in seiner derzeitigen Form:
piik
Natürlich steht die Lösung fest: Gendern mit Sternchen oder Doppelpunkt etc. und pp.
Und das stimmt so eben nicht.
Ich jedenfalls finde das generische Maskulinum keine auf Dauer akzeptable Sprachform mehr, befürworte das Gendern in seiner jetzigen Form aber ebensowenig.
Anderes Beispiel:
Für einen gesetzestreu veranlagten Menschen, der gerne Cannabis rauchen würde, ist das
einzig und allein ausschlaggebende Kriterium
dafür, ob er es auch tut, ob der Cannabis-Konsum legalisiert wurde oder nicht.
Das
einzige Kriterium
ist die Gesetzeslage aber nicht: Denn wenn der Cannabis-Konsum legalisiert wurde, muss er ja z.B. noch die mögliche Gesundheitsgefährdung abwägen – ein in der Ausgangssituation
nicht ausschlaggebendes
, aber ebensowenig
irrelevantes
Kriterium.
So viel sprachliche Präzision muss schon sein.
„“I don’t care” is such an easy lie. (The Warning, “Satisfied”)“
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+1
beanchen
11.11.21
07:48
spheric
Nunja, es ist ja nunmal so, dass Menschen sich über mangelnde Repräsentierung beschweren. Und dann angesichts eines Menschen der dies anmeldet, zu argumentieren, das sei ja nur individuelle Wahrnehmung, ist ja de facto das Abstreiten des Problems, das einem jemand gerade zu illustrieren versucht.
Da ist überhaupt nichts de facto außer einem erneuten Versuch deinerseits meine Aussage in ein schlechtes Licht zu rücken. Es war eine rein quantitative Aussage: eine Person von sieben, denen du alle eine erwachsene, ruhige und vernünftige Diskussionskultur bescheinigt hast, dann aber "nur" die Argumente "einer Person" gelten lässt.
Zu den Problemen einzelner Personen oder Gruppen habe ich lediglich gesagt, dass das Empfinden um diese Problem individuell ist und das gilt auch für Probleme einer Mehrheit.
Es erinnert ein wenig an Männer, die Frauen, die gerade Alltagssexismus schildern, ins Wort fallen und ihnen klarmachen, dass das ja nur "individuelle Wahrnehmung" sei.
Für deine Erinnerungen kann ich nichts, auch die sind individuell.
Ob das nun ein argumentativer Standpunkt ist oder schlicht zugespitzt das Problem an sich darstellt, quod erat demonstrandum — das lasse ich an dieser Stelle einmal offen.
Alles andere wäre auch vermessen.
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+1
Weia
11.11.21
08:01
beanchen
... genauso wie für das generische Femininum und Neutrum
Es gibt aber keine generischen Feminina und Neutra im engeren und problematischen Sinn.
Ja, es heißt
die Person
, aber das ist eben kein Überbegriff für
Personinnen
und
Personen
.
Vermutlich kommt Dir der Einwand ja nur zupass, weil Du jetzt sagen kannst, dass Du die weibliche Form ja sowieso am liebsten ganz abschaffen und darin die beste Lösung sehen würdest.
Aber abgesehen davon, dass das aus Deiner Sicht mutmaßlich Abzuschaffende ein Sprachgefühl repräsentiert, dass sich vermutlich schwerer aus Muttersprachlern austreiben ließe als dass sie
Benutzer:innen
schnafte fänden, würde ich jedenfalls auch gar nicht in einer Welt leben wollen, wo mir die Sprache in vielen Fällen gar keine Möglichkeit mehr an die Hand gibt, zwischen Frauen und Männern zu unterscheiden.
Weil nur Männer ein Handwerk ausüben und Mitglied einer Handwerksgilde werden durften
[da Frauen laut Hegel
kein anderes Feld ihrer sittlichen Tätigkeit als die Familie haben
]
, brauchte es nur die männliche Redeform für Handwerksberufe - beispielsweise.
... was zur damaligen Zeit aber lediglich ein Abbild der Realität war. Was ist wahrscheinlicher? Ich sehe eine Gruppe arbeitender Männer und Frauen und vergeben den Genus nach dem, was die jeweiligen Geschlechter gerade tun oder es treffen sich Männer im stillen Kämmerchen und beschließen, "Wir müssen die Frauen unterdrücken und deswegen sind jetzt alle Berufe männlich außer die Amme und die Magd!"?
Auch wenn Ersteres deutlich wahrscheinlicher ist (vermutlich aber sehr wohl mit Spurenelementen von Zweiterem), so ist es auch heutiger Sicht gleichwohl vergiftet, weil es die damaligen Verhältnisse sprachlich fortschreibt, als sei nichts geschehen.
Ich verweise nochmal auf mein Beispiel von oben: Seit ich weiß, wo es herkommt, ist auch das Wort
gerädert
für mich vergiftet und ich kann und will es nicht mehr benutzen, auch wenn die Verhältnisse heute ganz andere sind und keine Mensch das mehr befürchten muss.
„“I don’t care” is such an easy lie. (The Warning, “Satisfied”)“
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0
Foti
11.11.21
08:16
@Weia,
Weia
Ich wollte/will mich ja aus dieser unsäglichen Debatte heraushalten, aber technische Fehlinformationen kann ich hier nicht so stehen lassen.
Warum?
Woher kommt dieser philosophische Redebedarf in einem Computer-Forum?
Hilfreich?
0
Weia
11.11.21
08:34
Foti
Weia
Ich wollte/will mich ja aus dieser unsäglichen Debatte heraushalten, aber technische Fehlinformationen kann ich hier nicht so stehen lassen.
Warum?
Warum was? Warum ich mich aus dieser Debatte heraushalten wollte, oder warum ich meinte, technische Fehlinformationen hier nicht stehen lassen zu können?
Zu Letzterem: Weil Fehlinformationen zu falschen Schlussfolgerungen führen, und wenn ich aufgrund meiner Arbeit nähere Informationen habe, sehe ich mich einfach in der Verantwortung, eine entsprechende Faktenlage mitzuteilen. Das Fake-News-Problem ist ja bekannt.
Zu Ersterem: Ich wollte mich ansonsten aus der Debatte heraushalten, weil ich sie sehr destruktiv fand. Das hat sich mittlerweile zum Besseren gewandt, finde ich, was ein Grund war, mich doch wieder zu Wort zu melden – aber ich muss natürlich auch zugeben, dass es mir schwerfällt, bei solchen Debatten dauerhaft den Mund zu halten.
Woher kommt dieser philosophische Redebedarf in einem Forum?
Das ist nochmals eine ganz andere Frage, wo ich nicht mehr weiß als Du. Bei sehr grundsätzlichen Fragestellungen bewegen sich Argumente halt oftmals in eine philosophische Richtung.
Zugegeben bin ich natürlich niemand, der das schlimm findet.
„“I don’t care” is such an easy lie. (The Warning, “Satisfied”)“
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+2
Perry Goldsmith
11.11.21
08:41
Weia
Im übrigen finde ich solche Fundstellen immer sehr gute Argumente dafür, dass es einer sich als systematische Wissenschaft verstehenden Philosophie bei historischen Autoren nur darum gehen sollte, interessante Ideen und Konzepte als „Steinbruch“ für gegenwärtige Überlegungen zu verwenden („Hegelrezeption“) und nicht um den Versuch, dem „Autor selbst“ („Hegel“) irgendwie „gerecht zu werden“ – der schwäbelnde Berliner Patriarch kann uns schließlich herzlich egal sein.
Das ist ein wertvoller Gesichtspunkt. Allerdings muss man in diesem „Steinbruch“ tatsächlich etwas tun, was bei der Anpassung der Sprache an moderne Zeiten (mehr oder weniger zwangsweise) nicht passieren kann:
Um eine Idee zu bewerten und zu verstehen, muss man auch genau verstehen, in welchem Weltbild sie entstand. Die Unterschiede sind aber gelegentlich viel subtiler, als man das in wenigen Sätzen sagen kann. Ich denke da an das klassische Beispiel mit der der (unhistorischen) Frage:
Wie viele Engel können auf einer Nadelspitze tanzen?
Da wird dann von modernen Rezipienten oft allerlei diskutiert, aber tatsächlich ist die Idee, die man hier aus dem „Steinbruch“ in letzter Konsequenz mitnehmen muss keine andere als:
Was ist eigentlich Null geteilt durch Null? (0/0)
Leider ist das kein perfektes Beispiel, weil die Scholastiker das so nicht formuliert haben. Ich kenne da zu wenig Inhaltliches, um zu beurteilen was da historisch findbar ist.
Um zum Originalthema zurück zu kommen - falls das nach über 800 Wortmeldungen, die ich zum Großteil nicht gelesen habe - überhaupt noch einen Sinn ergibt: Ich finde es durchaus ein Unding, dass dieser Thread bewusst mit einer Provokation erzeugt/begonnen wurde. Sprache ist ein Hilfsmittel und muss angepasst werden, wenn es zu Konflikten kommt. Die Sprache ist selbst nicht moralisch, sondern der Sprecher muss seine Ethische Verantwortung wahrnehmen.
Wiederhole ich mich?
Die hier diskutierten Neuerungen sollen eine Ermutigung für Leser sein, die sich von der jetzt veralteten Form negativ betroffen fühlt. Es ist eine Sache, selbst nicht solche Rücksicht anwenden zu wollen, aber es ist ein aggressiver Akt, es anderen untersagen zu wollen, ohne sich selbst für die Auswirkungen im Leben der Leidtragenden verantwortlich zu zeigen.
Weia
piik
Meiner Meinung nach gibt es nur eine wirkliche Lösung, die auch noch sonstige Vorteile hätte: Die Abschaffung der redundanten sprachlichen Geschlechts wie im Englischen.
Da sähe ich nur Nachteile. Ich würde niemals die Differenziertheit des Deutschen gegen die protestantische Prüderie der Angelsachsen eintauschen wollen.
Nur Nachteile? Das erscheint mir eher als persönliche Vorliebe als ein fachliches Urteil. Aber es zeigt, dass wir eigentlich zwei Dinge vereinen wollen. Wir wollen ein sprachliches Mittel, mit dem wir genau sagen können, wen wir meinen und wie dieser jemand ist. Außerdem wollen wir sagen können, dass etwas allgemein gilt und es für die Aussage keinen Unterschied macht, wie diese Person (oder sogar Nicht-Person? z.B. im Falle von ungeborenem Leben) ist oder sich selbst sieht.
Wenn man diese konkurrierenden Wünsche ansieht, ist es naheliegend eher eine weitere Form hinzuzufügen, anstatt etwas zu entfernen. Ich kenne mich mit gesprochener Sprache nicht gut genug aus, um zu wissen, ob die aktuellen inklusiven Varianten das leisten, was wir brauchen, aber ich bin zuversichtlich, dass die Zeit es zeigen wird.
Ich tue mich momentan ein bisschen schwer mit den Personalpronomen. Schreibe ich "der/die Benutzer:in" oder mache ich lieber "die das Gerät benutzende Person" daraus? Und wie spreche ich ersteres eigentlich richtig aus?
Hilfreich?
+1
Serge
11.11.21
08:46
Foti
Warum?
Woher kommt dieser philosophische Redebedarf in einem Computer-Forum?
Jetzt lass die doch mal reden...
Immer nur Computer ist auch langweilig, und ich lese hier gerne mit.
Und zum Thema ein Interview mit Elke Heidenreich in der NZZ: https://www.nzz.ch/feuilleton/elke-heidenreich-ueber-shitstorms-literatur-und-gendersprache-ld.1654095
Hilfreich?
+3
Foti
11.11.21
09:11
Weia
Zu Letzterem: Weil Fehlinformationen zu falschen Schlussfolgerungen führen, und wenn ich aufgrund meiner Arbeit nähere Informationen habe, sehe ich mich einfach in der Verantwortung, eine entsprechende Faktenlage mitzuteilen. Das Fake-News-Problem ist ja bekannt.
Für mich stellt sich hier die Frage, warum es Dir so schwerfällt eine andere Faktenlage einfach zu ignorieren.
Wäre es nicht sinnvoll die Kraft Deines Wissens dahin zu transformieren, wo Du dafür die nötige Anerkennung bekommst? Bis hin zu der entspr. Vergütung.
So sehe ich in Deinem Umgang mit Deinen Fähigkeiten hier eine Abwertung dieser, Du bekommst weder eine wichtige Anerkennung noch andere Bestätigung für fachlich fundiertes Wissen.
Für mich stellt sich die Frage, warum Du mit Deinem Wissen und Fähigkeiten so abwertend umgehst . Vielleicht kannst Du mir das beantworten.
Hilfreich?
+3
Eventus
11.11.21
09:12
Weia
Aber das generische Maskulinum ist natürlich gaaaaanz neutral und wertfrei und nur rein zufällig maskulin.
War er nicht, ist er kaum, könnte er werden.
Das generische Maskulinum auch in den Wertvorstellungen zu neutralisieren erscheint mir einfacher und schöner als die Schriftsprache fallweise unlesbar zu machen und die gesprochene Sprache durch Nebensächlichkeiten derart in die Länge zu zwingen, dass die wesentliche Aussage leidet.
„Live long and prosper! 🖖“
Hilfreich?
+8
marm
11.11.21
09:28
Hier mal ein sehr ausführlicher wissenschaftlicher Artikel über die Geschichte:
"Das generische Maskulinum im Deutschen
Ein historischer Spaziergang durch die deutsche Grammatikschreibung von der Renaissance bis zur Postmoderne"
Hilfreich?
+5
makru
11.11.21
13:34
Hallo Weia!
Weia
makru
Danke. Aber was du schreibst und zitierst, ist Hegelrezeption, nicht Hegel. Da ich in Philosophie promoviere
Was ich nicht wissen konnte. Ich habe mir beim Verfassen der Antwort noch überlegt, wer der Adressat meiner Antwort wohl sein mag – ein Laie, der aus Interesse fragt, oder ein Fachmann, dem das zu plakativ war. Ich hielt auf MacTechNews den Laien für deutlich wahrscheinlicher als den Fachmann und habe daher auch gar nicht mehr nachgefragt. Falsch gelegen.
Was kein Problem ist und was ich auch nicht beanstandet habe. Ich habe nur meinen fachlichen Hintergrund transparent gemacht, ...
Weia
darfst du mir gerne zumuten, mit dir ins Original zu schauen und dort den "Dreischritt" von der These über die Antithese zur Synthese nachzugehen.
Dir vielleicht, dem Forum eher nicht.
MacTechNews ist ja nun kein philosophisches Doktorandenkolloquium. Es stimmt schon, dass Hegel selbst die Begriffe im Wesentlichen in seinem Frühwerk, namentlich den Jenaer Schriften, verwendet, in denen sich sein System herausbildet. Aber in einem Forum wie diesem statt von
Synthese
von
dem Spekulativen
zu sprechen, einem Begriff, der heute gänzlich anders und insbesondere negativ besetzt ist und erstmal einer Erläuterung bedürfte, ist auch nicht das Grüne vom Ei. 🤓
... um zu zeigen, warum du mir nichts erklären musst (so lange ich nicht darum bitte), sondern ich es bevorzuge, die Behauptungen am Original zu prüfen.
Wir können für unsere gemeinsame Hegel-Lektüre/-Diskussion gerne auch in "Sonstiges" wechseln, wenn das hier der falsche Ort ist. Nur habe ich hier Hegel gar nicht eingeführt, sondern lediglich auf deinen Hegel-Zug reagiert, den du gemacht hast, um etwas zu verdeutlichen - und ich habe - erst einmal nur - um Belege dafür gebeten, dass der "dialektische Dreischritt aus These, Antithese und Synthese" tatsächlich Hegels Modell gesellschaftlichen Fortschritts entspricht.
Du kannst dann dort gerne auch die Textbelege nachreichen, von denen du sprichst.
Weia
Oder du hast einen Literaturbeleg, in dem Hegel selbst von Antithese, These und Synthese als sein oder ein angemessenes Modell gesellschaftlichen Fortschritts spricht.
Wie wär’s mit
These:
Die antike Welt (insbesondere Ägypten)
Antithese:
Die aus Ägypten ausziehenden Juden
Synthese:
Die 10 Gebote
(
Der Geist des Christentums und sein Schicksal
, in:
Frühe Schriften
, Seite 283 in der Suhrkamp-Ausgabe)
Gut, danke! Das prüfe ich nach, sobald ich wieder Zugang zu diesem Band habe. Ich bin wirklich gespannt, ob Hegel hier von These, Antithese und Synthese spricht.
Weia
Ach ja, das schwierige Verhältnis von Philosophie zu Philologie … Würde zu Aspekten der Relativitätstheorie aus einem modernen Lehrbuch zitiert, würde wohl kein Physiker beklagen, das sei gar nicht Einstein, sondern Einsteinrezeption.
Na ja, man hat es bei der Lektüre von Sekundärliteratur unweigerlich mit einer Interpretation zu tun und läuft bisweilen Gefahr, dass diese das Interpretierte missversteht. Und wie man an (der Geschichte) der Rezeption philosophischer Werke sehen kann, fallen Rezeption und Rezipiertes nicht selten auseinander.
Hilfreich?
+2
makru
11.11.21
14:34
Weia
Und weil wir gerade schon bei Hegel sind – das schreibt der Gute in seinen
Grundlinien der Philosophie des Rechts
vor ganzen exakt 200
Jahren als der seinerzeit zweifelsohne bedeutsamste und wirkmächtigste Rechtsphilosoph im deutschsprachigen Raum:
Georg Friedrich Wilhelm Hegel
Es ist über das Verhältnis von Mann und Frau zu bemerken, daß das Mädchen in der sinnlichen Hingebung ihre Ehre aufgibt, was bei dem Manne, der noch ein anderes Feld seiner sittlichen Tätigkeit als die Familie hat, nicht so der Fall ist. Die Bestimmung des Mädchens besteht wesentlich nur im Verhältnis der Ehe;
(Seite 317f. in der Suhrkamp-Ausgabe)
Aber das generische Maskulinum ist natürlich gaaaaanz neutral und wertfrei und nur rein zufällig maskulin.
Im übrigen finde ich solche Fundstellen immer sehr gute Argumente dafür, dass es einer sich als systematische Wissenschaft verstehenden Philosophie bei historischen Autoren nur darum gehen sollte, interessante Ideen und Konzepte als „Steinbruch“ für gegenwärtige Überlegungen zu verwenden („Hegelrezeption“) und nicht um den Versuch, dem „Autor selbst“ („Hegel“) irgendwie „gerecht zu werden“ – der schwäbelnde Berliner Patriarch kann uns schließlich herzlich egal sein.
So ein aus dem Zusammenhang gerissenes Zitat belegt überhaupt nichts. Dekontextualisierung ist ein sophistischer Einsatz und erhellt den in Frage stehenden Gegenstand in keiner Weise. Mit ihr lässt sich alles Gesagte als alles Mögliche "erweisen". Aus Platon wird so ein Proto-Faschist, aus Hannah Arendt eine Antisemitin. Nur, überzeugend ist das nicht.
Der Witz ist also, dass jener, welcher fordert, sich an einer Philosophie/einem philosophischen Text oder Gedanken wie an einem Steinbruch bedient, Unredliches fordert. Die philosophischen "Bruchstücke" beanspruchen Geltung nur in ihrem Kontext, nur im Ganzen, in dem sie gedacht werden - und nicht als Binsenweisheiten. Anders geht das auch gar nicht, weil philosophische Texte ein (gedankliches) Problem diskutieren (und manchmal lösen), das sich ihnen auf eine ganz bestimmte Weise stellt, und die verwendeten Begriffe ihre Bedeutung (Inhalt) durch ihren (spezifischen) Gebrauch in diesem Logos erhalten. Etwas, was auf das Gespräche hier übrigens genau so zutrifft wie auf philosophische Texte. Entsprechend geht es bei der Wiedergabe oder Interpretation von Text (oder allgemeiner: Rede) nicht darum, einem Autor gerecht zu werden. Es geht darum, einem Text gerecht zu werden: dem Gesagten und Geschriebenen. Wer beides nicht berücksichtigt (und dem nur deswegen die Forderung nach Abbrucharbeiten in den Sinn kommen können), hat noch nicht begriffen, was Philosophie ist, oder er ignoriert es schlicht.
Hilfreich?
-1
makru
11.11.21
14:40
Weia
piik
Einerseits ist dieses Zitat ein starker Beleg dafür, dass diese Zeit mit der unsrigen kaum noch was zu tun hat
Yep, und genau deshalb sollten wir ideologische Überbleibsel dieser Zeit in unserer Sprache eliminieren.
Ein einzelnes Zitat ist nie ein Beleg dafür, dass irgendeine Zeit mit irgendeiner anderen Zeit kaum noch etwas zu tun hat. Und dass das Hegels Ideologie sei, müsste erstmal nachgewiesen werden.
Hilfreich?
-1
makru
11.11.21
14:51
beanchen
Weia
makru, blaue Anmerkung von mir
Dass es so etwas wie das generische Maskulinum gibt, hat historische Gründe ...
... genauso wie für das generische Femininum und Neutrum, da diese willkürlich vergeben und die historischen Hintergründe völlig im Dunkeln liegen. Und deswegen ...
Das habe ich gar nicht bestritten. Allerdings würde mich jetzt interessieren, wo das generische Femininum und das generische Neutrum auftritt. Dass sie willkürlich vergeben wurden(?) sein sollen, hängt davon ab, wie diese Behauptung zu verstehen ist. Es hat sich sicher niemand hingestellt und für alle festgelegt, dass jetzt so zu reden sei - einfach so. Auch liegen die historischen Hintergründe offenbar nicht mehr völlig im Dunkeln, denn wir tragen hier ja gerade Forschungsliteratur zum Thema zusammen.
beanchen
... etwa, dass Frauen bestimmte Rechte nicht hatten und so bestimmte Rollen und gesellschaftliche Funktionen ausschließlich bzw. offiziell nur von Männer eingenommen bzw. ausgeübt werden konnten und ausgeübt wurden.
... ist diese Aussage in ihrer Pauschalität erst mal falsch. Zum Glück kommt dann noch die Präzisierung auf Berufe ...
Welche "Pauschalität" [sic]? Da steht "bestimmte Rechte" und "bestimmte Rollen und gesellschaftliche Funktionen ausschließlich bzw. offiziell".
beanchen
Weil nur Männer ein Handwerk ausüben und Mitglied einer Handwerksgilde werden durften
[da Frauen laut Hegel
kein anderes Feld ihrer sittlichen Tätigkeit als die Familie haben
]
, brauchte es nur die männliche Redeform für Handwerksberufe - beispielsweise.
... was zur damaligen Zeit aber lediglich ein Abbild der Realität war. Was ist wahrscheinlicher? Ich sehe eine Gruppe arbeitender Männer und Frauen und vergeben den Genus nach dem, was die jeweiligen Geschlechter gerade tun oder es treffen sich Männer im stillen Kämmerchen und beschließen, "Wir müssen die Frauen unterdrücken und deswegen sind jetzt alle Berufe männlich außer die Amme und die Magd!"? Manchmal ist eine Rose einfach nur eine Rose.
Aber das hat doch keiner behauptet. Bitte nochmal meinen Beitrag genau lesen. Und: Dass "[ich] den Genus [vergebe] nach dem, was die jeweiligen Geschlechter gerade tun" und also Unterschiede sehe, hat doch seine Ursachen. Im Übrigen bestätigst du hier mit deinen Mutmaßungen meine These, gegen die du auf der anderen Seite anschreibst.
Hilfreich?
0
makru
11.11.21
14:54
Weia
beanchen
... genauso wie für das generische Femininum und Neutrum
Es gibt aber keine generischen Feminina und Neutra im engeren und problematischen Sinn.
Ja, es heißt
die Person
, aber das ist eben kein Überbegriff für
Personinnen
und
Personen
.
Was Weia schreibt.
Hilfreich?
0
makru
11.11.21
14:58
marm
Hier mal ein sehr ausführlicher wissenschaftlicher Artikel über die Geschichte:
"Das generische Maskulinum im Deutschen
Ein historischer Spaziergang durch die deutsche Grammatikschreibung von der Renaissance bis zur Postmoderne"
Das ist super interessant; vielen Dank!
Hilfreich?
+2
ilig
11.11.21
16:16
makru
Was ist aus welchem Grund an der deutschen Grammatikschreibung von der Renaissance bis zur Postmodernen für diesen Thread interessant?
Ich finde in diesem Artikel z.B. nichts was Weias These (das generische Maskulinum entmutigt die Frauen) bestätigt oder widerlegt. Falls ich doch etwas übersehen habe, bitte ich Dich um einen Hinweis.
Hilfreich?
0
makru
11.11.21
16:26
ilig
makru
Was ist aus welchem Grund an der deutschen Grammatikschreibung von der Renaissance bis zur Postmodernen für diesen Thread interessant?
Ich finde in diesem Artikel z.B. nichts was Weias These (das generische Maskulinum entmutigt die Frauen) bestätigt oder widerlegt. Falls ich doch etwas übersehen habe, bitte ich Dich um einen Hinweis.
Diese Frage habe ich doch gar nicht gestellt.
Hilfreich?
+1
beanchen
11.11.21
16:41
Weia
... würde ich jedenfalls auch gar nicht in einer Welt leben wollen, wo mir die Sprache in vielen Fällen gar keine Möglichkeit mehr an die Hand gibt, zwischen Frauen und Männern zu unterscheiden.
Auch wenn Ersteres deutlich wahrscheinlicher ist (vermutlich aber sehr wohl mit Spurenelementen von Zweiterem), so ist es auch heutiger Sicht gleichwohl vergiftet, weil es die damaligen Verhältnisse sprachlich fortschreibt, als sei nichts geschehen.
Ich verweise nochmal auf mein Beispiel von oben: Seit ich weiß, wo es herkommt, ist auch das Wort
gerädert
für mich vergiftet und ich kann und will es nicht mehr benutzen, auch wenn die Verhältnisse heute ganz andere sind und keine Mensch das mehr befürchten muss.
Das passt aber nicht zusammen! Mann = Mensch, Frau (fand nur für hochgestellte Personen Verwendung) = Weib = Verhüllt.
„Unterwegs in Analogistan: https://www.zdf.de/comedy/heute-show/heute-show-spezial-vom-19-januar-2024-100.html“
Hilfreich?
+1
ilig
11.11.21
16:52
makru
Natürlich hast Du diese Frage nicht gestellt.
Mein Fehler. Die Frage habe ich gestellt.
So ist es richtig.
Was ist aus welchem Grund an der deutschen Grammatikschreibung von der Renaissance bis zur Postmodernen für diesen Thread interessant?
Ich finde in diesem Artikel z.B. nichts was Weias These (das generische Maskulinum entmutigt die Frauen) bestätigt oder widerlegt. Falls ich doch etwas übersehen habe, bitte ich Dich um einen Hinweis.
Hilfreich?
-1
beanchen
11.11.21
16:54
@makru
Mein Einwand galt ja auch nicht dir sondern Weia, der dich zitiert hat.
Und auf deine Frage einen Gegenfrage, was ist "die" und "das", wenn nicht die generischen Formen? Und diese sind, abgesehen von den Begriffen "Mann", "Frau" und "Kind" und eben den Berufsbezeichnungen ziemlich willkürlich vergeben. Die Forschung dazu kann mit Vermutungen aufwarten, die auch logisch klingen, z.B. Ableitung von den jeweiligen, zuständigen Göttern. Belegt ist aber nichts.
„Unterwegs in Analogistan: https://www.zdf.de/comedy/heute-show/heute-show-spezial-vom-19-januar-2024-100.html“
Hilfreich?
0
marm
11.11.21
16:58
ilig
Ich finde in diesem Artikel z.B. nichts was Weias These (das generische Maskulinum entmutigt die Frauen) bestätigt oder widerlegt. Falls ich doch etwas übersehen habe, bitte ich Dich um einen Hinweis.
So etwas wird sich schwerlich aus der Geschichte begründen lassen. Wer von den entmutigten Frauen kennt schon die Etymologie des generischen Maskulinums?
Ich habe den Link hier reingestellt, weil immer wieder über die Herkunft des generisches Maskulinums spekuliert wurde ("na klar, Patriarchat"). Was ich beim Lesen gelernt habe: Im Hochmittelalter waren die Frauen rechtlich besser gestellt als in späteren Zeiten und das drückte sich auch sprachlich aus, indem Frauen und Männer in Rechtstexten explizit genannt wurden. So richtig misogyn wurden die Zeiten so zwischen Aufklärung und Mitte letzten Jahrhunderts.
Für oder wider generisches Maskulinum lässt sich da nichts ableiten.
Hilfreich?
+3
makru
11.11.21
18:25
beanchen
@makru
Mein Einwand galt ja auch nicht dir sondern Weia, der dich zitiert hat.
Und auf deine Frage einen Gegenfrage, was ist "die" und "das", wenn nicht die generischen Formen? Und diese sind, abgesehen von den Begriffen "Mann", "Frau" und "Kind" und eben den Berufsbezeichnungen ziemlich willkürlich vergeben. Die Forschung dazu kann mit Vermutungen aufwarten, die auch logisch klingen, z.B. Ableitung von den jeweiligen, zuständigen Göttern. Belegt ist aber nichts.
Gegenfragen sind ein rhetorisches Manöver, das in diesem Fall die Beweis-/Beleglast auf mich abschieben soll. Aber sie ersetzt den Beleg nicht. Ich habe nicht behauptet, dass es generisches Femininum und generisches Neutrum gibt. Das warst du. Deine Behauptung, deine Beleg- bzw. Begründungspflicht.
"Die" und "das" sind wie "der" übrigens bestimmte Artikel (oder Pronomen), die das grammatikalische Geschlecht des Substantivs, dem sie vorangestellt werden, anzeigen, und keine "generischen Formen". "Generisch" ist ein Adjektiv, mit dem ein Substantiv näher bestimmt wird (als das, was es ist). Eine Rede wie "das generische Der" ist Quatsch. Es erfasst die Verwendungsweise von bestimmten Artikeln nicht.
Alle Namen sind "willkürlich". Sie kommen den Sachverhalten, die wir auf diese Weise bezeichnen, nicht von Natur zu. Sie alle haben eine - manchmal längere, manchmal kürzere - Geschichte. Auch die Sortierung und Spaltung in zwei Geschlechter plus Geschlechtslosigkeit bei der Identifizierung von Sachverhalten als männlich, weiblich, sächlich ist sowohl der Form als auch dem Inhalt nach "willkürlich" insofern, dass dies den Sachverhalten nicht von Natur zukommt. Es ist eine (pragmatische) menschliche Praxis, die auch anders aussehen kann. Mitunter kann man beobachten, dass das Genus der menschlichen Praxis im Umgang mit Sachverhalten folgt, etwa bei der Verwendung von "das" für Sachverhalte, denen kein Subjektcharakter zukommt: das Fräulein, das Männlein, das Kind etc. - Sachverhalte, die wie Dinge angesprochen werden, weil die Menschen, auf die man das anwendet oder anwendete, tendenziell wie Dinge behandelt werden oder wurden.
Wie sich die Genese im einzelnen vollzogen hat, das nachzuzeichnen ist Gegenstand historischer (Sprach-)Forschung. Die mutmaßt jedoch nicht, sondern wirft Fragen auf, denen sie nachgeht. "Mutmaßungen" kommen nur als Thesen oder mögliche Erklärungen vor, denen es in der weiteren Forschung nachzugehen gilt und die dann bestätigt oder widerlegt werden. So lange sie nicht bestätigt sind, haben sie keinen Geltungsanspruch. Aber auch als Thesen oder mögliche Erklärungen sind sie nicht willkürlich, sondern bieten sich an, weil sie anhand der und im Anschluss an die vorliegenden Erkenntnisse gebildet und begründet werden.
Hilfreich?
+1
Vermeer
11.11.21
19:13
Mit seiner eigentlich technischen Ausgangsfrage hat dieser Thread nun schon lange nichts mehr tun und blockiert die Seitenleiste. Ich möchte die Diskussion aber auch nicht abwürgen und werde den Thread deswegen demnächst ins Off-Topic verschieben. Ich hoffe, das ist für alle ok, die hier noch weiter diskutieren möchten.
Hilfreich?
+6
Laurin
11.11.21
20:08
Nu ja, da pinne ich mir den mal an. Ich finde es weiterhin sehr interessant hier mitzulesen.
Vermeer
Mit seiner eigentlich technischen Ausgangsfrage hat dieser Thread nun schon lange nichts mehr tun und blockiert die Seitenleiste. Ich möchte die Diskussion aber auch nicht abwürgen und werde den Thread deswegen demnächst ins Off-Topic verschieben. Ich hoffe, das ist für alle ok, die hier noch weiter diskutieren möchten.
Hilfreich?
+7
Weia
11.11.21
20:15
Perry Goldsmith
Weia
Im übrigen finde ich solche Fundstellen immer sehr gute Argumente dafür, dass es einer sich als systematische Wissenschaft verstehenden Philosophie bei historischen Autoren nur darum gehen sollte, interessante Ideen und Konzepte als „Steinbruch“ für gegenwärtige Überlegungen zu verwenden („Hegelrezeption“) und nicht um den Versuch, dem „Autor selbst“ („Hegel“) irgendwie „gerecht zu werden“ – der schwäbelnde Berliner Patriarch kann uns schließlich herzlich egal sein.
Das ist ein wertvoller Gesichtspunkt. Allerdings muss man in diesem „Steinbruch“ tatsächlich etwas tun, was bei der Anpassung der Sprache an moderne Zeiten (mehr oder weniger zwangsweise) nicht passieren kann:
Um eine Idee zu bewerten und zu verstehen, muss man auch genau verstehen, in welchem Weltbild sie entstand. Die Unterschiede sind aber gelegentlich viel subtiler, als man das in wenigen Sätzen sagen kann. Ich denke da an das klassische Beispiel mit der der (unhistorischen) Frage:
Wie viele Engel können auf einer Nadelspitze tanzen?
Da wird dann von modernen Rezipienten oft allerlei diskutiert, aber tatsächlich ist die Idee, die man hier aus dem „Steinbruch“ in letzter Konsequenz mitnehmen muss keine andere als:
Was ist eigentlich Null geteilt durch Null? (0/0)
Leider ist das kein perfektes Beispiel, weil die Scholastiker das so nicht formuliert haben. Ich kenne da zu wenig Inhaltliches, um zu beurteilen was da historisch findbar ist.
Zwei Seelen, ein Gedanke. Da hast Du natürlich vollkommen recht.
Eines sehr schönes Beispiel finde ich den sogenannten
Universalienstreit
, in dem Kirchenvertreter darum stritten, ob der bei der Eucharistie getrunkene Wein das Blut Christi
sei
(der sogenannte
Realismus
) oder es nur
symbolisiere
(der sogenannte
Nominalismus
).
Dieser Streit ist aus heutiger Sicht, zumal für einen nicht-religiösen Menschen, natürlich völlig absurd und würde man ihn dem Steinbruch wörtlich entnehmen, wäre er eine wertlose Skurrilität. De facto war das aber ein Streit um den Status von Abstrakta – sind die selbst etwas Reales (Realismus) oder nur ordnende Begrifflichkeiten, während einzig die einzelnen Dinge real sind (Nominalismus)? Wie man zu dieser Frage steht, kann ganze Forschungsansätze prägen.
In der Soziologie z.B. geht der nominalistische Blick von der Existenz einzelner Individuen aus und die Frage ist dann, wie es zu so etwas wie „Gesellschaft“ überhaupt kommt. Die Antwort darauf ist dann meist eine Art Gesellschaftsvertrag, den die Individuen schließen. Nominalistische Soziologen neigen daher vertragstheoretischen Erklärungen gesellschaftlicher Phänomene zu.
Soziologen mit realistischer Perspektive hingegen gehen von „Gesellschaft“ als etwas real Existierendem aus und müssen umgekehrt erklären, wie es zur Individuation ihrer Mitglieder kommt; hier stehen daher sozialpsychologische Erklärungsansätze im Vordergrund.
Die seltsame Frage, ob der Wein Blut sei oder nur repräsentiere, prägt also heute noch ganze Forschungsdisziplinen. Aber um das verstehen zu können, muss man die scholastische Frage selbstverständlich übersetzen.
Die hier diskutierten Neuerungen sollen eine Ermutigung für Leser sein, die sich von der jetzt veralteten Form negativ betroffen fühlt. Es ist eine Sache, selbst nicht solche Rücksicht anwenden zu wollen, aber es ist ein aggressiver Akt, es anderen untersagen zu wollen, ohne sich selbst für die Auswirkungen im Leben der Leidtragenden verantwortlich zu zeigen.
Da stimme ich Dir zu.
Weia
piik
Meiner Meinung nach gibt es nur eine wirkliche Lösung, die auch noch sonstige Vorteile hätte: Die Abschaffung der redundanten sprachlichen Geschlechts wie im Englischen.
Da sähe ich nur Nachteile. Ich würde niemals die Differenziertheit des Deutschen gegen die protestantische Prüderie der Angelsachsen eintauschen wollen.
Nur Nachteile? Das erscheint mir eher als persönliche Vorliebe als ein fachliches Urteil.
Da mag Persönliches mitschwingen, aber es ist durchaus meine fachliche Überzeugung, dass die Sprache, die die größere Differenzierung erlaubt, die bessere ist.
Dass die Nicht-Nennung des Geschlechts ein protestantisches Tabu ist, mag eine gewagte sprachsoziologische These sein, ist aber eine, der ich zuneige.
Aber es zeigt, dass wir eigentlich zwei Dinge vereinen wollen. Wir wollen ein sprachliches Mittel, mit dem wir genau sagen können, wen wir meinen und wie dieser jemand ist. Außerdem wollen wir sagen können, dass etwas allgemein gilt und es für die Aussage keinen Unterschied macht, wie diese Person (oder sogar Nicht-Person? z.B. im Falle von ungeborenem Leben) ist oder sich selbst sieht.
Wie schon an anderer Stelle gesagt, sehe ich darin keinen Widerspruch, ganz im Gegenteil: Um überhaupt formulieren zu können, dass A und B gleichgestellt sein sollen, brauche ich getrennte Begriffe für A und B.
Ich tue mich momentan ein bisschen schwer mit den Personalpronomen.
Jedenfalls im Singular, ja. Das geht mir wie gesagt ganz genauso.
„“I don’t care” is such an easy lie. (The Warning, “Satisfied”)“
Hilfreich?
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