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"Bush beutet die Angst der Amerikaner aus" von Hot Mac

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Ausgangsbeitrag

Hot Mac
Hot Mac11.09.0604:49
Der US-amerikanische Schriftsteller T. C. Boyle über die Reaktionen der USA auf 9/11, den Hass der Welt auf die Amerikaner und die Freiheit des Künstlers, das Thema 11. September nicht unbedingt wichtiger zu finden als andere



taz: Herr Boyle, erinnern Sie sich noch an den 11. September 2001?

T. C. Boyle: Ich hatte damals zum Glück sehr viel zu tun, ich habe an den letzten Korrekturen meines Romans "Drop City" gearbeitet. Deshalb hatte ich nicht die Zeit, mir den ganzen Tag lang die Bilder im Fernsehen anzusehen und die Ereignisse emotional an mich heranzulassen. Den Horror dieses Tages habe ich erst später realisiert.

Was dachten Sie damals?

Es wurde mir plötzlich bewusst, wie sehr wir Amerikaner gehasst werden. Und ich habe mich gewundert, dass man das nicht früher verstanden hat. Wir haben den Nahen und den Mittleren Osten seit Generationen attackiert, zerstört und unterjocht und hätten wissen müssen, dass so etwas irgendwann passiert. Und die Reaktion der Bush-Regierung auf 9/11 hat das alles tausendfach verschlimmert - auf Generationen hinaus.

Wie haben die amerikanischen Intellektuellen auf 9/11 reagiert?

Eines ist klar - sie sind einheitlich gegen George W. Bush. Aber darüber hinaus ist es schwer, allgemeine Aussagen zu treffen.

Hat 9/11 die US-Gesellschaft wirklich verändert?

Ja. Die amerikanische Gesellschaft wird nur noch von Angst geleitet. Angst vor Anarchie und Chaos im Nahen Osten. Angst vor einem neuen Attentat. Diese Angst führt wohl leider zu noch mehr Fremdenhass und noch mehr Rassismus. Und sie wird von der Politik rigoros ausgebeutet.

Viele Ihrer Kollegen, wie John Updike und Ian McEwan, haben 9/11 zum literarischen Thema gemacht.
Warum schreiben Sie nicht über 9/11?


Ich bin Künstler, und Künstler haben zum Glück die Freiheit, sich mit dem zu beschäftigen, was ihre Träume ihnen diktieren. Ich bin mir sicher, dass 9/11 meine Arbeit beeinflussen wird. Wie, kann ich aber noch nicht sagen.

Aber Sie sind ein politischer Schriftsteller. Ihr Buch "America" hat die jetzige Debatte über illegale Einwanderung und die Grenze zu Mexiko um 10 Jahre vorweggenommen.

Das stimmt. Aber ich möchte mich nicht von einem bestimmten Ereignis kidnappen lassen. Mich interessieren im Moment in erster Linie die Auswirkungen neuer Technologien. In meinem letzten Roman, "Talk Talk", geht es auch darum, welche Überwachungsmöglichkeiten die neuen Technologien - biometrische Ausweise, Grenzkontrollen mittels Augenscans etc. - dem Staat bieten und welche Risiken das birgt. Und das ist nach 9/11 ja ein wichtiges Thema. Ich glaube aber nicht, dass das einzig Relevante derzeit ein Roman über 9/11 ist - und andere Themen irrelevant sind.

Deshalb erzählen Sie scheinbar unberührt weiter Ihre Geschichten?

Wenn ich einen politischen Essay schreiben würde, wäre das vielleicht wirkungsvoll. Aber ich kann Themen so nicht angehen. Wenn ich etwas verstehen will, dann muss ich mich durch Erzählen annähern. Ich kann und will den Lesern keine Meinung aufzwingen. Ich will sie verführen.

Dadurch drücken Sie sich aber auch um eine klare Position.

Ja, und zwar bewusst. Die meisten Dinge lassen sich nicht sauber in Ja oder Nein, Gut oder Böse auflösen. Die meisten Dinge sind zwiespältig, kompliziert. Ich finde etwa in der Frage der illegalen Einwanderung die linke Position - Grenzen auf - ebenso simpel wie die konservative - Grenzen zu. Für die meisten Dinge gibt es keine einfache Lösung, so wie die Politik es uns weismachen will. Politiker müssen so tun, als gebe es eine Lösung. Ich muss das zum Glück nicht. Aber die Leute wissen schon, wofür und wogegen ich stehe.

Zum Beispiel gegen George Bush.

Ja. Er demontiert unsere Grundrechte. Er hat unter dem unsinnigen Slogan "Krieg gegen den Terror" im Nahen Osten eine Situation geschaffen, deren Folgen wir noch gar nicht absehen können ...

Kommentare

phil7born
phil7born11.09.06 05:57
Himmel ist das ein kluger mensch.:-) Und auch noch ein guter schriftsteller.

Biometrie, pah! Neulich war erst ein bericht darüber auf phoenix. Die fälschbarkeit von fingerabdrücken liegt auf dem niveau eines technikinteressierten siebtklässlers und die fehleranfälligkeit der auslesetechnik liegt bei ca. 30%. Das bundesamt für folgenabschätzung (gibt's wirklich) hat große bedenken in mehreren studien dazu geäußert. Vielen dank herr Schily für ihren ottokatalog. Und herzlichen glückwunsch zu ihrem neun posten.:-&
zane, zane, zane, ouvrez le chien
phil7born
phil7born11.09.06 05:58
"e" nachschieb
zane, zane, zane, ouvrez le chien
Dieter11.09.06 08:46
*Whow* Ich hatte nicht erwartet, dass es Amerikaner gibt, die richtig Denken können und zumindest teilweise verstehen, dass nicht in allen Ländern "amerikanische" Verhältnisse und "amerikanisches" Verständnis von der Welt vorherrscht. Ein intelligenter Amerikaner, der über den Tellerrand gucken kann!
fliwatüüt11.09.06 08:54
Der hat Stil, nicht schlecht
crank
crank11.09.06 10:13
dieter

Du musst aber auch über den Tellerrand gucken und verstehen, dass nicht alle amerikaner Goerge W. Bush heissen...
Rantanplan
Rantanplan11.09.06 11:25
phil7born

Der Schily, der Antidemokrat, hat einen neuen Job? Wo sahnt der Kerl jetzt ab?
Wenn ich nicht hier bin, bin ich auf dem Sonnendeck
chaosamigo
chaosamigo11.09.06 11:56
Rantanplan


Otto Schily wurde nach seiner Zeit als Bundesinnenminister Aufsichtsrat bei den Firmen Byometric Systems AG (Mitterfelden) und SAFE ID Solutions AG (Unterhaching). Diese Firmen bieten biometrische Lösungen bzw. Lösungen zur Personalisierung von Ausweisdokumenten an. Diese Tätigkeit ist umstritten, denn als Bundesinnenminister galt Otto Schily als maßgeblicher Wegbereiter der Einführung des kontrovers diskutierten biometrischen Reisepasses (epass).
Ties-Malte
Ties-Malte11.09.06 12:39
dieter
*Whow* Ich hatte nicht erwartet, dass es Amerikaner gibt, die richtig Denken können…

Puuuh… also ein wenig differenzierter darf man das gerne sehen.
(Die Zeit: Bush verliert. Kurze Analyse der vom German Marshall Fund (GMF) veröffentlichten Studie „Transatlantic Trends 2006“.)

chaosamigo:
Jaja, was der Schröder für die Gasprom, ist der Schily für… aber eine Hand wusch schon immer die andere, oder althergebracht: Wes Brot ich fress, des Lied ich sing.
The early bird catches the worm, but the second mouse gets the cheese.
amanita phalloides
amanita phalloides11.09.06 13:29
Ich finde die Akzente mit Blick auf 9/11 falsch gesetzt. Die Frage müsste doch lauten: Wie sehr muss eine Kultur ihre Dynamik und Erneuerungsfähigkeit eingebüßt haben, um mit solchen Wahnsinnstaten Aufmerksamkeit gewinnen zu wollen? Deren Satz "You love Coca Cola, we love death" ist von einem so abgründigen Nihilismus geprägt, der jeden Gestaltungwillen aufgegeben hat, dass es nur noch fröstelt. Mit dem World Trade Center und dem Pentagon haben die Islamisten die Symbole der "Weltherrschaft" angegriffen ohne sie durch eigene oder gar Eigenes ersetzen zu können. Das ist Impotenz! Terroristen? Religiöse und geistige Eunuchen!
Hast Du im Bett Dich heiss gewühlt, trink Coca Cola - eisgekühlt
jogoto11.09.06 14:29
amanita phalloides

Gewalt ist immer das Ende der Fahnenstange. Sie bricht dann aus, wenn einem sonst nichts mehr einfällt.
EnZo
EnZo11.09.06 17:32
Wo da alles noch hinführt(sick)

Überwachungsstaat vom Feinsten, und stück für
stück sind wir bereit mehr von unserer Freiheit
aufzugeben, und alle sagen:
naja wenns der Sicherheit dientO:-)

Es is auch sicherer nich zu rauchen, trotzdem
mach ich gern.

Manchmal fühl ich mich wie in schlechten SciFi-filmen
aus den 80ern, wo großen Konzerne die Welt regieren
und alles wird überwacht.(fear)(fear)(fear)

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