...diesmal mit Fotos....



Psycho? dazu kommen wir gleich.


Dort:



Auf dem Foto ist ein Geist? Nein, die meisten Anderen wären wohl schon längst Welche aber Frau S. ist kerngesund, mit 99. Ob es an den Milliarden liegt, die Madame verwaltet? Wahrscheinlich nicht. Frau S. kommt seit 60 Jahren in meine Wohngemeinschaft - jedes Jahr. Kein Dienstmädchen, keine Extrawürste.
"Zum Entspannen" heisst es. Monaco, Marbella, St. Moritz? Nö, Madame bleibt stur. Ihre Identität wird nicht verraten - alles inkognito.
Aber der Kuchen schmeckt - auch nach 60 Jahren.


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Hier, in der Hauptstadt:




Marian ruft an. 5 mal schon heute. Mein iPhone liegt im Auto - wie so oft. Am Nachmittag hole ich es und rufe zurück. "Ach so, du brauchst wieder einen Ortswechsel. Frau von Jüdin, welche Klinik diesmal?" frage ich gar nicht so besorgt. Ich kenne Marian seit Jahren. Ich darf das!




"Hör auf zu quatschen und komm vorbei".

Sie hat sich für das Sanatorium entschieden, dass ich im Internet gefunden habe. Mitten im Wald, auf einem Berg. Ein Prachtstück. Ich kenne das Sanatorium. Natürlich kenne ich es. Jeden Winkel, den Dachboden, Alles.

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1974. Alles bunt. Lange Haare.

Ein Sanatorium, ein Hotel, eine Villa? Alles zusammen. Eine Jugendstilvilla in die der kleine Serbe da ankommt. In Omas Lehmhaus eingeschlafen - im Palast wieder aufgewacht. Meine Mutter war schon da. Jetzt komm ich. "Hui, hier werde ich wohnen?" frage ich auf serbokroatisch und reibe meine Augen.







Nicht ganz, da wohnt Christina. Die Tochter eines Professors.
Wir wohnen im Keller. 2 Zimmer, vergitterte Fenster. Klo teilen wir uns mit Ruza aus Kroatien, Ajnur aus Anatolien und anderen Dunkelhaarigen.




Die Frauen hier unten putzen die 100 Zimmer, meine Mutter auch. Keine kann deutsch, meine Mutter schon etwas. Bücher helfen. Also wird ab morgen im Speisesaal serviert. Beförderung. Eine Ausländerin im Speisesaal? Gabs bisher noch nicht. Lucie Mannheim, Helmut Schmidt, Elisabeth Herzog. Meine Mutter knackt sie alle. Wird Freundin. Spricht besser deutsch als die Deutschen, studiert nebenbei fern.




Der kleine Ausländerjunge aus Titoland ist süß, dunkle Haare, große Augen, lächelt immer. Bekommt Pullover von Fabrikantinnen. Wird "Enkel" von Aktorinen, Autoren und sitzt bei Hitchcocks "39 Stufen" auf dem Schoß. Eine nette Dame, die sich später entschloß hier zu sterben - am Alter. Hier, nicht zuhause. Ich werde Art Nouveau Inventar. Bin überall.




Die Jahre vergehen. Ruza schlägt Sohn Ivo, ich werde geliebt. Ich wohne zwar im Keller aber lebe in den Fluren, auf dem Dachboden, bei den Gästen und bei Christina.
Sie hat 3 Kinderzimmer, eins davon Stofftier-Zimmer.
Mama sehe ich abends. Wir sind Freunde, Mutter und Sohn.




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10 Jahre Sanatorium. Ich 14, Tina Turner steht vor Comeback. Kajagoogoo ist too shy und Christina muss mit Familie an den Bodensee. Schicke Privatklinik dort leiten. Unsere zarte Liebe zerbricht. Wir ziehen auch weg, den Mutter ist jetzt auch wer. Studium gepackt - die Welt wird bereist.




Gegenwart

Ich will mit. Eine Reportage über mein "Haus" machen. ARTE ist angetan. Die RedCam benutzt mein Kollege. Typisch. Ich also wieder Billigkram. Johan ist jetzt der Chef im "Haus". Sohn vom alten Chef, Zusammen als Kinder gespielt - Macht die Verhandlungen leichter. Er sofort zugesagt. Ich bekomme Zimmer im Sanatorium, was heute eine psychosomatische Einrichtung ist, nicht die "schweren Fälle". Keine Haft. Keine weissen Jacken. Kein Elektroschock.




Einen Reportage über das Haus, über die Vergangenheit, über den Jugendstil, Kunst, auch über die Psyche. Psyche aber nur, wenn Chefärztin erlaubt. Sie erlaubt nicht. Dann nicht.



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Es gibt ein Musikzimmer. Marians Extrawünsche sind also erfüllt. Sie muss proben, jeden Tag 3 Stunden. Saxophon, Queerflöte, Klarinette. Irgendwas. Alle Zimmer belegt. 99 Irre also, das wird interessant. Mich selbst zähle ich nicht dazu.


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Miriam kommt aus Baltimore. War in der Band der Supremes, hat bei den Temptations geklimpert. Ist nun Jazz. Ich mag kein Jazz aber die Marian schon. Europatournee 2000. Letztes Konzert in Berlin. Mann brennt durch mit junger Sängerin. Marian heiratet Antidepressiva. Bleibt in Berlin und spielt und spielt und spielt - in kleinen Clubs. Mann weg, Geld mitgenommen. Koks auch.
Einmal jährlich Klinik? Warum nicht. Es hilft.







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Super, hier gibt's ein Raucherzimmer. Zimmer? Ein ganzer Saal. Hier sitzen vor der roten Marlboro die Helga:





Die Margarete und noch 20, teilweise wesentlich jünger.
Alles still, jeder qualmt.

"Endlich mal ein junger Mann hier" Trennung?, Job weg? Drogen? Was führt Dich her" mit einer Stimme, die nach Joe Cocker klingt aber aus Helgas Stimmbändern vibriert.
"Die Alte geht ran" denke ich mir. Bin etwas vorsichtig. Antworte leise. Zuviel Leute hier, alle starren. Miriam will proben. Wir gehen. Sie Musikzimmer
und ich ins Private.






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Am nächsten Tag kommt der Gong. Ulla ist der Gong. Ulla kenne ich noch als Kind. Ulla ist behindert und war schon immer der Gong. Nein. Ulla ist nicht behindert, sie ist etwas anders -klar im Kopf. Sie erkennt mich nicht. Der Name meiner Mutter hilft und schon werde ich gedrückt. Ullas Arbeit ist Wichtig. Gong heisst Mittagessen. Gong heisst Abendessen. Morgens ist Ulla irgendwo. Nachdem das ganze Haus angegongt wurde füllen sich die Speisesäle. Linoleum, Tapeten alles irgendwie Retro-Style. Ne, alles echt. Das letzte Mal vom Jugendstil-Architekten Albin Müller erneuert, das war 1912. Haus blühte auf, die Titanic sank.



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Ulla und Miriam geben ein Konzert. Alarm 6 Jazz. Warum nicht.





Essen ist phänomenal. Scheiß auf In-Italiener oder rohen Fisch in Berlin. Hier wird gekocht von Omas, Müttern und älteren Herren. Frisch, viel und lecker. 3 Gerichte zur Auswahl. Ist für jeden was dabei. Marian bekommt das tierliebe Menü. Heute nehm ichs auch.







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Tage später.

Inzwischen sind Helga und Maggie unsere besten Freunde hier geworden. Ich , 40 habe Freundinnen von 86 und 80 Jahren.
Geht das? Und wie das geht. Ich schliesse die Augen und denke meine girlsfriends sind 30. Wir haben viel Zeit, insgesamt 6 Wochen Psycho-WG. Da wird viel erzählt. Viel Privates. Soll man ja eigentlich nicht machen.



Helga (80)
Kölnerin oder da irgendwo, Mann Fabrikant. Tod. Kinder im Ausland. Helga allein.
Wurde alles zuviel. Ab ins Sanatorium. Kettenraucherin, die Roten vom Cowboy. Jetzt braucht sie auch nicht mehr aufhören. Ich werde irgendwie Sohn und Freund. Jeden Abend Abschiedskuss. Helga kam mit 6 Koffern. Natürlich. 3 mal am Tag Kleider wechseln. Vor jedem Essen sowieso.







Margarete, die Maggie (86)
Hausfrau, bei Kiel. Hat die ganze Welt bereist. Mann Architekt und tot, Sohn tot. Allein im Haus. Hat viele Freunde ist fit am Mac. Verschickt Maggie-Style eMails, singt.
Warum hier? "Ich brauchte Abwechslung" und liebe den Wald. War schon mit Ihrem Mann hier. Vor 20 Jahren aber im Urlaub. "Hier wird man gefordert - ich liebe Taj Chi und Wlan gibts ja auch."








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In der Woche: Taj Chi mit echtem Chinesen, Massage, Musik, Kunsttherapie, Yoga, psychologische Gespräche. Keine Tabletten. Nur die mitgebrachten zu Hause Verordneten. Die Damen nutzen das Gesundungsprogramm, ich nicht. Ich bin hier Gast. Die Anderen eigentlich auch, Patient klingt scheisse.
Ich bin im Schwimmbad, in der Natur, Ski fahren, Eislaufen Raucherzimmer, Kaffee.

Wer mich auf dem Bild findet, soll mich grüssen. . Hat Marian fotografiert.



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Am Wochenende organisiere ich Ausflüge überallhin. Schlösser, Burgen, Städte, Wälder. Ich fordere meine Freundinnen, als ob sie junge Mädchen wären. Sie machen alles mit.










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Ausgang für Patienten in der Woche: bis 22.00 Uhr.

Wir entdecken gegenüber die Bar vom Berghotel. Marian schluckt Tavor mit Wein.Macht sie immer. Wir sind die einzigen Gäste hier, kommen jeden Abend, wir werden immer mehr. Ab 20.00 wohnen wir in der Bar. " Aber nur ein Glas Wein" verordnet die Chefärztin meinen "Psychos". Manche halten sich dran, die anderen fast.
Miriam sitzt mit mir hier immer bis 0.00, hört nicht auf meinen Befehl um 10 zu gehen. Ich kann im Zauberhaus bei der Schwester klingeln, die Marian nicht, sie ist Patientin. Also ich rein, in den Keller und Marian das Fenster geöffnet. Die fast 60 jährige Amerikanerin benutzt ab jetzt immer das Fenster als Tür. Jede Nacht.








Ich kenne Helga und Maggie inzwischen 6 Wochen. Wir wissen Alles. Ich kenne ihre Eltern, die Kinder, ihr "erstes Mal". Eine Kurzbeziehung zu einer Frau, als es so etwas noch nicht gab. Ich kenne Alles. Vielleicht zuviel.



Die Zeit ist um. Ich habe fast nichts gefilmt. Ein Witz. ARTE kann mich mal. Ich hatte Spaß und bin Freiberufler. Fotos hab ich gemacht. Helga und Maggie fahren als Erste.




Wir schaffen keinen Abschied. Heulen rum, Halten uns fest. Helga will nicht ins Auto. Umarmt mich, will nicht mehr loslassen, Marian rennt schluchzend weg und versteckt sich im Zimmer. Dort sind die Tabletten, die einen sanft machen.

Ich liebe Dich. Tränen, Tränen. Der beschissenste Tag meines Lebens. Maggie ist Still. Sagt kein Wort. Nasse Wangen. Tropfen auf den Schuhen. Augen geschlossen.




Auto fährt weg. Marian läuft hinterher. Auto hält an. Szenenwiederholung ohne mich. Ich geh ins Haus. Ich will jetzt eine Schachtel wegrauchen. Marian habe ich erst am nächsten Tag gesehen. Wir fahren nach Berlin.

Ich komme wieder "Zauberberg" Alle guten Dinge sind 3.


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Nachtrag. Alle Personen erfreuen sich guter Gesundheit. Wir waren zusammen in Paris. Meine alten "Schachteln", meine jüngeren Freunde und ich. Wer sind die Psychos? Na wir alle natürlich.

Maggie war jetzt im Juni bei mir auf der Ranch. Miss Steve streicheln. Helga kommt im Herbst, natürlich wieder mit 6 Koffern. Marian spielt in Berlin immer noch Clubs, fliegt jetzt nach USA und kommt dann für 1 Woche zu mir. Wir treffen uns regelmäßig in Berlin.

Alle haben mir die Veröffentlichung der Bilder und der Story erlaubt. Christina sehe ich nach 30 Jahren demnächst. Sie wohnt in Berlin. Ich habe sie gefunden und kontaktiert.

Marian hat mir befohlen noch dieses Foto überall zu zeigen. Es erinnert sie an ihre Kindheit in Baltimore.





Danke für Fotos anschauen und Text lesen ( ....falls es jemand durchhält.)