Drei Jahre Mac – ein Resümee
Phase 1: Die Ansteckung
Wenn man nicht über einen iPod zum Apple-Rechner kommt, kann es gut sein, irgendwann auf einen Mac-Missionar zu treffen der einen - willentlich oder nicht - mit einem Virus infiziert, dem man als langjähriger und leidgeplagter Windows-User wenig entgegenzusetzen hat. Mir ging es so in der Endphase meines Studiums, in der ich mit einem befreundeten Mac-Head kollaborativ eine Studienarbeit schreiben sollte. Ich besaß damals eine selbst zusammengeschraubte, unerhört lärmende und etwas in die Jahre gekommene Windows-Desktopkiste, er kam mit seinem flüsterleisen und todschicken Alu-PowerBook G4 um die Ecke (damals war Panther aktuell). Ich war insbesondere beeindruckt, dass der Dokumentenaustausch (MS Office) so reibungslos funktionierte – ich hatte bis dato an meinem Vorurteil festgehalten, Macs wären viel zu teure Kisten, zu denen man keine Software findet und die deshalb nicht zum Rest der Welt kompatibel wären. Am Ende des Seminars hatte ich ein etwas anderes Bild von Mac-Rechnern: sehr elegante Computer, leider viel zu teuer und daher vollkommen unvernünftig. Mein eigenes Notebook musste noch eine Weile warten – der Virus begann zunächst (von mir unbemerkt) zu wachsen.
Phase 2: Die Inkubationszeit
Ich machte damals ein Praktikum bei einer Softwarefirma – das letzte Puzzlestück meines Studiums vor dem Antreten der Diplomarbeit. Das Praktikum würde großzügig vergütet, die gefühlte Notwendigkeit für einen mobilen Rechner (Diplomarbeit!) wurde immer deutlicher – die Anschaffung stand also unmittelbar bevor. Mein damaliger Favorit hieß nicht Apple, sondern Samsung (das P35… dicht gefolgt von BenQs Joybook). Was waren meine Anforderungen? Leise sollte der Rechner sein, schlank und leicht und es sollte eine Freude sein, daran zu arbeiten. Spiele? Ich muss mich doch auf meine Arbeit konzentrieren!
Meine Favoritenwahl hielt genau so lange, bis ich die Dinger in Realität sah… Design? Fehlanzeige. Flüsterleise? … na ja – wenn man zu sehr lautem Flüstern neigt. „Wenn die doch nur ein bisschen so wären wie ein PowerBook …“ und damit war der Gedanke zurück – seit der Ansteckung die ersten echten Symptome. Ich fing an, Mac-Seiten zu lesen, informierte mich über Preise. Die Vernunft hielt mich noch an der Kette – noch hatte ich das PowerBook nicht bestellt. Es war Anfang 2005 – im Januar wurde das Modell aktualisiert. Mein erster Gedanke: jetzt preisgünstig ein Auslaufmodell ergattern!
Die Vernunft war fast überrumpelt und hatte nur noch eine Forderung: ruf zur Rückversicherung Deinen besten Kumpel an (der Dir diese Idee hoffentlich ausredet)! Er war derjenige, der meinen Pro-Apple-Argumenten immer wieder vernünftige Contra-Argumente entgegenbrachte. Was ich nicht wusste – er war inzwischen schon längst überzeugt (infiziert?) und rang mit seiner eigenen Vernunft. Das Ergebnis dieses Telefonats: er bestellte sein PowerBook noch eine Woche vor mir und überzeugte mich sogar noch, wie er das eben erschienene, aktuelle Modell zu nehmen.
Reichlich Zweitausend Euro ärmer und 4 Wochen älter hielt ich dann meinen ersten Mac in
Händen.
Phase 3: Mac-Head mit akuten Symptomen, hochgradig ansteckend!
Ich begann, meinen Mac kennenzulernen – das Arbeiten mit MacOS, die vielen kleinen Gimmicks und Arbeitserleichterungen, die schöne Optik von Hard- und Software. Meine Diplomarbeit wollte ich in LaTeX setzen – ich war überwältigt von der einfachen Einrichtung der entsprechenden Umgebung. Zurück an der Uni begann ich mit ungewollter Missionarstätigkeit, ich zeigte meinen Kommilitonen die vielen Vorteile, hatte das Notebook immer dabei – für 6 Monate war es Dreh- und Angelpunkt meiner Arbeit. Nach kurzer Zeit hatte ich bereits weitere Kommilitonen mit dem Virus angesteckt – zwei weitere 12“ Powerbooks traten sehr schnell unserer kleinen Gemeinde bei. Tiger kam, doch ich blieb beim Panther (never change a running system). Kein Wölkchen schien das Idyll zunächst zu trüben – was dann aber kam, sah tatsächlich wie Wölkchen aus.
Phase 4: Das Fieber sinkt
Whitespots. Ein Serienfehler, der sich durch zahlreiche PowerBook-Generationen gehalten hatte, suchte nun mein ganz eigenes Display heim. Und nicht nur meines: ohne Ausnahme alle Powerbooks – sowohl die 15“er von mir und meinem besten Kumpel, als auch die beiden 12“er – zeigten die hässlichen hellen Flecken. Der Reparaturservice meines Händlers vor Ort dämmte meine Enttäuschung wieder etwas ein – der eigentliche Displaytausch ging so reibungslos von der Bühne (es dauerte nicht mal 3 Tage), dass ich erstmal wieder versöhnt war. Dennoch hatte meine kritiklose Überzeugung vom Produkt unwiderruflich gelitten.
Doch ich blieb Apple-Fan. Allerdings schlug ich mich in Foren nun nicht mehr ausnahmslos auf die Seite der Beführworter. Ich begann, die Dinge zu relativieren. Ich hielt die Apple-Hardware fortan nicht mehr für deren Stärke – Design ja, aber nicht Zuverlässigkeit. Ich begann, die hinterhältige Geldschneiderei hinter der unverschämt teuren Garantie¬ver¬längerung im Apple-Store zu riechen. Weitere Serienfehler bestätigten mein Bild. Aber ich war immer noch von Mac OS überzeugt und hielt diese Nachteile für tragbar.
Inzwischen war mehr als ein Jahr vergangen. Die Herstellergarantie für mein Notebook war gerade abgelaufen (Apple-Care war mir zu teuer und damals wusste ich nicht, dass man eine Parts-and-Labour-Garantieerweiterung deutlich günstiger von anderen Anbietern bekommt) – da fiel die Festplatte aus. Nach einigen horrenden Kostenvoranschlägen beschloss ich, die Platte selber zu wechseln. Das erste Mal seit meinem Switch schraubte ich wieder an meinem Rechner – ein Kapitel, dass ich eigentlich hinter mir gelassen glaubte. Darüber wurde der Panther langsam obsolet - Updates wurden spärlich, neue Software blieb dem Tiger vorbehalten. Leopard stand schon vor der Tür, so dass die Anschaffung nicht mehr lohnte.
Phase 5: Die letzte Mission
Vor einem Jahr: Mein älterer Bruder beschloss, er wolle sich endlich einen Rechner kaufen und fragte mich um Rat. Er hatte so gut wie keine Erfahrungen mit Rechnern – weder mit Windows noch mit irgendetwas anderem. Seine Anforderungen: Internet, Office-Kram, Musik, keine Spiele, leicht und nicht zu teuer. Das MacBook schien mir ideal – insbesondere vor dem Hintergrund, dass er sich im Netz nicht um Dinge wie Trojaner, Würmer, Firewalls etc. Gedanken machen, sondern möglichst intuitiv die Bedienung des Rechners erlernen sollte.
Schon die erste Anforderung gestaltete sich als schwierig: an seinem Wohnort war kein DSL zu bekommen („hochmoderner Glasfaser“ sei Dank). ISDN war (und ist leider bis heute) die einzig verfügbare Lösung. ISDN-Adapter für Mac sind rar, Treiber für Intel waren zu diesem Zeitpunkt nicht verfügbar. Es gab einen Beta-Treiber, doch der führte beim Verbindungsversuch unweigerlich zur Kernel-Panic (hatte ich meinem Bruder nicht noch die Stabilität von MacOS X angepriesen?). Es blieb nur Warten – mit einem Windows-Notebook wäre er sofort online gewesen.
Phase 6: Resignation
Mein eigener Mac zeigt wieder deutliche Whitespots – ein Displaytausch ist nun aber nicht mehr wirtschaftlich, ich versuche sie zu ignorieren. Leopard kommt und ich mache das Update als Early Adopter – zu lange hab ich zugesehen, wie Software immer spärlicher noch für Panther verfügbar war. Zum Dank läuft alles ein wenig langsamer als vorher. Mein Bruder beauftragt mich, für seinen Mac eine Steuersoftware und einen Fahrschultrainer zu organisieren, die jeweils Offline funktionieren (Online-Apps machen mit ISDN keinen Spaß). Wohl wissend, wie hoffnungslos das Unterfangen ist, mache ich mich auf die erfolglose Suche. Ich empfehle ihm schließlich, Windows auf seinem Mac zu installieren – für mich kommt es einer Kapitulation gleich. Egal ob BootCamp oder Parallels – für einen unerfahrenen Nutzer ist die Prozedur kompliziert und unintuitiv (hatte ich nicht die Einfachheit von Mac angepriesen?)
Nun will sich meine Freundin einen Laptop kaufen – sie mag mein PowerBook. Aber ihr Rechner muss bezahlbar sein und sie will auch Spiele spielen – Apple fällt aus. Das erste Mal seit drei Jahren vergleiche ich wieder Windows-Rechner nach Preis und Leistung. Sieger: ein Samsung bei Saturn (!!! – kein Onlinehändler hatte es günstiger). Für 850 € kaufe ich für meine Freundin ein Notebook (R70), das ebenso schlank wie das Mac Book Pro ist, sehr solide verarbeitet und leistungmäßig fast an das mehr als doppelt so teure Applegerät heranreicht – bei 24 Monaten Garantie mit Abholservice.
Ich selbst brauche nun langsam auch einen neuen Rechner… Beim PowerBook muckert seit Leopard die Festplatte wieder, ich vermute es ist der Sudden Motion Sensor – seit dem Update lässt er sich nicht mehr zuverlässig deaktivieren. Es soll wieder ein Desktop-Rechner sein. Und Spiele sollen wieder möglich sein (und ich will keine 59€ für ein Spiel bezahlen, welches für den PC nur noch 10€ kostet). Ich schiele auf den iMac – warte nun täglich auf ein Update. Aber eigentlich bin ich mir nicht mehr so sicher mit Apple. Soll ich doch noch mal?
Die Vernunft hält mich wieder. Mal sehen wie lange.