Jetzt sitze ich hier an meinem Rechner sinniere darüber wie ich meine Zeit zwischen Arbeit (die 80% Labor die ich noch arbeit), Fotojobs, Konzerten, Eigenveranstaltungen und vorweihnachtlichen Einkaufsstress bewältigen soll und denke zurück wie es eigentlich dazu kam..
Vor knapp 3 Jahren (es war Januar 2006), hab ich mir ne Canon EOS 350D mit ein paar billigen Scherben gekauft, für eine Reise nach Neuseeland, die wegen des Kamerakaufes nie stattgefunden hat.. aber der Reihe nach.
Die Reise war für Sommer/Herbst 2006 geplant und so hatte ich ja noch Zeit mich in die Fotogeschichte einzuarbeiten um dann auch schöne Bilder mit nach Hause zu bringen. So kam es dann, über einen blöden Zufall, das ich ein Konzert einer befreundeten Band in Berlin im Februar 05 fotografieren durfte. Da die Bilder dieses Abend mitnichten meinen eigenen Vorstellungen entsprachen (seht selbst @@
), hatte mich der Ehrgeiz gepackt, zu lernen wie man an Konzerten hochqualitatives Bildmaterial machen kann.
So fing ich an in einem kleinen lokalen Jugendhaus die Konzerte zu fotografieren (wöchentlich). Kaufte mir ein 50mm f1.8, ein super Einsteigerobjektiv, und studierte genau die Exif Daten von Fotos meiner Vorbilder. Mit den ersten Wochen wurden meine Bilder auch laufend besser. Ich lernte mit der Blende zu arbeiten, im manuellen Modus zu fotografieren (die 350D hatte ja noch keine Spotmessung) und durch eine sehr freundliche Akkreditierung für Corvus Corax (damals hatte ich ja noch kein Pressemedium für das ich fotografierte) kam auch ein erster Lohn für meine Arbeit.
So tauchte ich immer tiefer ein in diese Welt.. ich kaufte mir zwei lichtstarke Zoomobjektive von Sigma. Beide gebraucht, über die Bucht ehrlich ersteigert und durfte sie auch immer wieder mal bei Konzerten einsetzen für die ich damals brav ein Ticket gekauft hatte. Zu dieser Zeit war es aber noch schwer an die Akkreditierungen zu kommen. Daher musste ich mir unbedingt ein Pressemedium suchen, über das ich die Akkreditierungen machen konnte, um so häufiger an Konzerte fotografieren zu können. Mit dem Amboss Magazin (ein deutsches online Magazin für das Metal und Gothic Genre), war genau dies gefunden nachdem ich gesucht hatte. Ab August 05 fotografierte und schrieb ich fleissig über Konzerte, Musiker und deren Bühnenperformance. Mit viel Glück durfte ich dann auch im November 2005 die italienische Band
Lacuna Coil fotografieren. Für mich damals ein absolutes Highlight, zumal es das erste Konzert mit meinem frisch gekauften Canon 50mm f1.4 war.
Kurz darauf kaufte ich mir dann noch eine 30D von Canon (die "alte" 350D ging an meine Eltern) und von da an fühlte ich mich einfach nur noch gut. Es war irgendwie ein elitäres Gefühl, man ist privilegiert weil man keinen Eintritt bezahlt, näher an die Musiker ran kommt als der normale Konzertbesucher usw..
Ab ca. Januar 2007 fing ich an auch immer öfters mal ausserhalb von Konzerten zu fotografieren. Erste zaghafte Erfahrungen im People Bereich kamen dazu und im Frühling 07 sogar ein erstes Bandshooting. Man hab ich mich damals gut gefühlt! Vor allem als ich zwei Abdrucke von diesen Bandfotos in der Aargauer Zeitung fand..
Im Frühling 2007 gelang es Freunden und mir, einen seit langem gehegten Traum in die Tat umzusetzen. Wir fanden einen geeigneten Raum für ein Fotostudio, mieteten diesen und während des ganzen Sommers 07 wurde gemalert, Parkett verlegt, Möbel gekauft, Bilder aufgehängt und zum Abschluss eine Blitzanlage gekauft. Ein Traum wurde wahr, als wir im September 07 unser Studio einweihen konnten und ich so auch den Einstieg in die Studiofotografie fand.
Durch das Amboss Magazin konnte ich zwar immer mehr Konzerte besuchen und fotografieren, allerdings immer mit dem bitteren Beigeschmack möglichst rasch auch einen Bericht schreiben zu müssen, da dies zu meiner
journalistischen Arbeit dazugehörte. Ich merkte immer mehr, dass mich diese Arbeit nicht wirklich befriedigte. Immer dieses Schreiben von Berichten wurde mir mit der Zeit einfach zu viel.. wollte ich doch nur gute Fotos machen (ich wurde ja schon immer besser und häufig auch schon gelobt für meine Bilder) und nicht noch Berichte schreiben müssen.
Und genau an dieser Stelle half mir mal wieder ein Zufall weiter. Der Agenturinhaber einer kleinen Basler Pressebildagentur entdeckte Ende September 07 meine Bilder und befand diese als gut genug um mich als Fotograf in der Agentur aufzunehmen. Als die nötigen Formalitäten geregelt waren legte ich mit neuem Tatendrang und beflügelt durch die Vorstellung, nach nicht einmal 2 Jahren für eine echte Presseagentur arbeiten zu können, so richtig los. Mein Kalender füllte sich wie nie zuvor. 4-5 Konzerte pro Monat standen auf dem Programm. Ich fühlte mich super, ich war besser als die anderen
Fotografen die für ihre online Magazine fotografierten, ich war die
echte Presse. Bis ich dann zum ersten mal an einem Konzert abgelehnt wurde, es hiess keine Agenturen.. die ganzen Bekannten von den online Medien durften jedoch fotografieren.. das brachte mich schnell wieder auf den Boden und ich merkte, dass so eine Agentur einem das Leben durchaus leichter macht, man aber dadurch nicht unbegrenzte Möglichkeiten erhält.
Erste grosse Erfolge waren dann Konzerte von Marilyn Manson und Nightwish, welche beide im Hallenstadion stattfanden. Man war ich nervös vor über 10'000 Fans fotografieren zu können.. ich kam mir vor wie ein kleiner Anfänger neben den Berufsfotografen der grossen Tagespresse und Agenturen wie Keystone.
Zu diesen Höhepunkten kam noch ein Reportageauftrag für ein Wintersportmagazin aus Davos hinzu, welche ich im Januar 2008 machen durfte. Ein ganzes Wochenende auf Kosten des Magazins in Davos um dort verschiedenste Sachen zu fotografieren.. super Sache !
So ging es dann weiter durch den Frühling, Sommer und Herbst 2008. Ich fotografierte mittlerweile ca. 5 Konzerte pro Monat, hatte hin und wieder kleinere Kundenaufträge im Studio und setze meine ersten eigenen Projekte um. Dazu kam meine erste Ausstellung als Fotograf im August 08 in einer kleinen Metal-Bar im schönen Lenzburg.
Jetzt Mitte November 2008 blicke ich auf knapp 3, spannende und abwechslungsreiche, Jahre zurück. Ich hab vieles gelernt und viel erreicht. So bin ich mittlerweile Redaktionsmitglied bei der Agentur, hab einen
comedia Presseausweis, bin Mitinhaber eines gut laufenden Gemeinschafts- und Mietstudios, hab meinen Hauptberuf auf 80% reduzieren können und hab bereits einige wichtige Publikationen meiner Konzertbilder erreicht.
Ich habe aber auch gelernt, dass dies alles viel weniger glamourös ist als es mir vor 2 Jahren noch vorkam. Man muss (sehr) hart arbeiten, ist viel unterwegs, muss seine Geschäftsontakte stehts pflegen und es ist verdammt schwierig seine Bilder in die Printmedien zu bekommen... Aber es macht spass, verdammt viel spass sogar!
Vor einer Woche habe ich nun auch meine Ausrüstung auf ein professionelleres Level aufgestockt. Eine Canon 5D mit einem 24-105mm f4 L IS und einem 70-200mm f2.8 L IS wurden gekauft und die beiden Sigmas gehen in den nächsten Tagen in den Occasionsverkauf. Die gute alte 30D werde ich vorerst als zweiten Body für Konzerte behalten um weniger Objektive wechseln zu müssen. Denn eins ist geblieben, ich arbeite immer noch am liebsten mit den extrem lichtstarken Festbrennweiten.
So bin ich nun nach knapp 3 Jahren wieder an einem Scheidepunkt angekommen. Nächsten Samstag fliege ich erneut nach Berlin, fotografiere wieder ein Record release Konzert von
Scream Silence, der Band mit der im Februar 06 alles seinen Anfang genommen hat. Meine Reise nach Neuseeland konnte ich bis heute nicht machen, da mich die Fotografie in den letzten Jahren zu sehr gepackt hat (zeitlich und vorallem finanziell). Dafür befinden sich jetzt Bilder von mir auf der DVD die im limitierten Digipack des neuen Albums der obigen Band enthalten ist. Dazu ein Terminkalender der bis Ende Jahr so voll ist mit Shootings, Reportagen (bin wieder in Davos) sowie noch über 10 Konzerten, dass ich mich frage, wann ich überhaupt noch Weihnachtsgeschenke für meine Familie einkaufen gehen soll..
In den letzten drei Jahren habe ich mir fotografisch etwas aufgebaut, auf das ich für
mich selber sehr stolz bin. Ich fotografiere regelmässig an grossen Veranstaltungen mittlerweile auch weltbekannte Künstler wie
Coldplay, Billy Idol, Gotthard und in zwei Wochen *hoffentlich*
Anastacia.. eins ist mir aber geblieben. Die liebe zu den kleinen Konzerten, dem direkten Kontakt zu den Künstlern und Bands denen man die Bilder noch persönlich geben kann und natürlich meine eigene Website www.darklight.ch, auf der ich alle meine Bilder publiziere für die ganzen Musikfans da draussen.
Wer weiss was in 3 weiteren Jahren sein wird.. vielleicht wird mir das alles zu viel und ich kehre wieder zu 100% zurück in meinen gelernten Beruf (Laborant) oder es läuft so gut weiter und ich kehre vielleicht meinem Hauptberuf vollends den Rücken.. wenn es die MTN Journals in 3 Jahren noch gibt, werde ich bestimmt wieder darüber schreiben.
Abschliessend möchte ich noch allen Neulingen ein paar wichtige Tips geben. Seid beharrlich, neugierig und vor allem ehrgeizig. Wenn mich eins die letzten 3 Jahre gelehrt hat, ohne Entbehrung ist es nicht möglich so tief in diese Branche einzutauchen. Kaum Freizeit, selten vor 1 Uhr in der früh im Bett, viel allein unterwegs und zumindest in meinem Fall.. ich bin mittlerweile Langzeit-Single.. ohne diesen Umstand hätte ich dies alles wohl nicht so schnell erreicht.
Und zu guter Letzt, hier noch ein Bild von meinem absoluten persönlichen Highlight das ich bis jetzt fotografieren durfte.
Coldplay, Hallenstadion / Zürich (2008)