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Journals>Cornelius Fischer // Fotografie>Erlebnisse aus dem Bühnengraben II

Erlebnisse aus dem Bühnengraben II

Unterwegs in den Bühnengräben der Schweiz erlebt man als Fotograf immer wieder amüsantes und sonderbares. Von diesen Erlebnissen handelt meine Serie Erlebnisse aus dem Bühnengraben. Nachdem ich bereits vor ein paar Tagen von dem sonderbaren Verhalten geschlechtsreifer Eventfotografen und ihren 70-200 Objektiven berichtet habe, möchte ich diesmal etwas weniger satirisch in der aktuellen Story darauf aufmerksam machen, dass wir Konzertfotografen es durchaus verdient haben, nicht auch noch Eintritt für die von uns besuchten Konzerte zu bezahlen..

So trug es sich zu dass ich am letzten Dienstag wieder einmal eine Grösse der Musiklandschaft während ihres Konzertes ablichten durfte. Die Rede ist von niemand geringerem als der ehemaligen Sängerin der finnischen Metal Band Nightwish, Tarja Turunen.
Voller Vorfreude und grosser Erwartungen an das Konzert schrieb ich bereits 3 Wochen im Voraus dem Veranstalter eine nette Mail um mich über meine Agentur für das Konzert zu akkredtieren. Dies mag für einige etwas komisch tönen, aber als Fotograf kann man leider nicht immer einfach seine dicke Tasche an ein Konzert nehmen und dann mit einem feschen Spruch am Eingang seine Ausrüstung in die Location bringen. Wer sicher gehen will meldet sich im Vorfeld mit einem seriösen Presseauftrag beim Veranstalter und bitte um eine Fotoakkreditierung, welche neben dem kostenlosen Eintritt auch meistens den Zugang zum Bühnengraben ermöglicht, welcher den Fotografen eine gewisse Bewegungsfreiheit vor der Bühne sichert und ihn vorallem vor den Fans der ersten Reihe schützt, die nicht immer so erfreut sind das plötzlich doch noch andere Leute vor ihnen stehen..

Gewissenhaft hatte ich also auch am letzten Dienstag meinen Ausdruck der Akkreditierungsbestätigung in der Tasche und war früh genug in der Location um sogar noch ein paar Bilder von der Vorband machen zu können. Dies jedoch nur aus dem Publikum raus..
Die Zeit drängte, da wir um 21.45 Treffpunkt für die Fotografen hatten um unter Geleit der Security durch die Menge in den Graben gebracht zu werden. Der Bühnengraben im Xtra Zürich ist allerdings eher eine Zumutung für den Fotografen als das er eine Erleichterung für seine Arbeit wäre. Er besteht nämlich aus einer Treppe mit ca. 6 Stufen die mit einer Absperrung vom Publikum abgetrennt zur Bühne hoch führt. Um das Leben des Fotografens noch etwas zu erschweren hat man zur Sicherung der Absperrung noch Querstreben eingebaut über die man klettern muss um sich von rechts nach links und links nach rechts zu bewegen. Und als wenn das noch nicht reichen würde, darf der geneigte Konzertfotograf vor seinem grossen Auftritt (in der Regel die ersten drei Songs eines Konzertes) erst noch mit seiner ganzen Ausrüstung über die Absperrung klettern um in den Graben zu gelangen..

So also auch am letzten Dienstag. Eine erstaunlich grosse Gruppe von fast 10 Fotografen drängte sich also in den kleinen Graben. Jeder suchte sich ein Plätzchen zwischen den vier Querstreben und setzte sich voller Erwartungen auf die Treppe. Wir mussten in dieser doch recht unbequemen Haltung auch garnicht lange ausharren. Keine knapp 20min später ging das Konzert auch schon los, mit einem ersten Song der fast komplett hinter einem weissen Vorhand stattfand. Die anschliessenden zwei Songs waren dann geprägt von einem Mikrofonständer der genau vor mir stand und es nahe unmöglich machte brauchbares Material anzufertigen sowie jungen (sehr jungen) Fans hinter uns die sich darüber amüsierten wie wir uns in dieser unbequemen Lage, die Oberkörper verrenkten um ein paar Bilder zu machen.
Kaum war der dritte Song zu ende, hiess es auch schon wieder raus aus dem Graben. Total unzufrieden mit dem Ergebniss das ich bis zu diesem Zeitpunkt auf den Speicherchip gebannt hatte, versuchte ich noch von dem uns gegebenen Recht, das ganze restliche Konzert gemütlich ausserhalb des Grabens zu fotografieren, gebrauch zu machen. Allerdings hatte ich die Rechnung leider ohne die Fans in den ersten Reihen gemacht. Kaum waren wir wieder über die Absperrung geklettert und standen im Publikum, drängten uns die Leute kompromisslos in die hinteren Reihen und machen somit ein weiteres Fotografieren erneut fast unmöglich..


Nach so einem Abend fragt man sich dann wieso sich die Leute dann noch aufregen das man keinen Eintritt bezahlen muss. Immerhin mussten wir zunächst 20 Minuten sehr unbequem warten, dann hatten wir faktisch nur zwei Songs Zeit für Fotos und die waren wegen einem Mikrofonständer vor meiner Nase fast alle unbrauchbar. Der anschliessende Versuch wenigstens noch ein paar Bilder aus dem Publikum zu machen, wurde von diesem erfolgreich verhindert. So bleibt einen nichts anderes übrig als noch ein wenig dem Konzert zu lauschen und anschliessend deprimiert über die extrem magere Ausbeute von 4-5 brauchbaren (und keinem einzigen wirklich gutem) Bildern nach Hause zu gehen, um sich dann bereitwillig in den nächsten Tagen der Anfragen der Fans zu stellen, wo denn die Bilder von dem Konzert bleiben..

Genau darum bezahlt unsereins keinen Eintritt an Konzerten die wir fotografieren. Denn das was wir dort tun ist auch nichts anderes als Arbeit, wie jeder andere dies tagsüber im Büro, Werkstatt oder wo auch immer auch tut.. (die Stunden der Nachbearbeitung etc. nicht eingerechnet..)


Hier noch zwei Ergebnisse des Abends


Kommentare

ts-e
ts-e20.12.07 23:00
Tja, die "Musikgrößen". Aber dann immer hübsch mit dem Handy fotografieren lassen.
Da gibts die unterschiedlichsten Dinge, die man bei der Konzertfotografie erleben kann. Komische Verträge usw.
Wenn deine Bilder nicht gut genug sind, warst du nicht nah genug dran. Robert Capa
Cornelius Fischer
Cornelius Fischer20.12.07 23:15
Jaja das Thema der komischen Verträge werd ich bestimmt auch noch aufnehmen.

Lustig war letztens bei Marilyn Manson. Ich wurde vom Management als Fotograf für eine Bildagentur mit Vermarktungsrechten der Bilder akkreditiert, dies wurde jedoch durch den Vertrag vor dem Konzert wieder untersagt..

Erst so dann so.. egal fotografiert und vermarktet wurde trotzdem. *gg*
svenn
svenn21.12.07 11:40
selber würde ich nicht auf die idee kommen, das fotografieren als arbeit auf einem konzert anzuzweifeln.
aber anscheinend bedarf es da einer gewissen rechtfertigung, klar sind nicht alle fans aus der ersten reihe begeistert, wenn da ne zeit lang einige fotografen vor deren nase rumhantieren.
das ist aber nun mal teil des jobs, auch wenn mann mal "beschwerlich" über einige absperrungen klettern muss und bühnenbild, beleuchtung und der vermaledeite microständer nicht so ins rechte bild passen.

wer mal so richtig unter erschwerten bedingungen arbeiten möchte, sollte sich mal im april auf borneo der naturfotografie widmen, oder im juni in der taiga rentiere fotografieren (wenn die durch die wolken von mücken überhaupt zu sehen sind).
bei den gedanken wird doch jeder noch so unbequeme bühnengraben gleich zum hort des friedens und der ruhe.


Cornelius Fischer
Cornelius Fischer21.12.07 13:53
svenn
Das nenn ich mal nen schönen Vergleich. Gehe ich richtig in der Annahme das du Borneo und Taiga schon gemacht hast? Wenn ja dann schreib doch mal darüber!! Würde mich sehr interessieren!

Fragt sich da was einem wohl lieber ist, die Ruhe der Natur (mit Mücken oder Affenhitze bei 100% Luftfeuchtigkeit) oder ein extrem lauter Bühnengraben mit kreischenden Teens die versuchen einem die Tasche wegzureissen und anderen Fotografen die versuchen sich durch die Meute zu quetschen um ihre Bilder zu bekommen..

Ich würd den Graben nicht eintauschen wollen, allerdings auch gerne mal die herrliche Weite und Stille der Natur als Erfahrung hinzugewinnen wollen..
svenn
svenn21.12.07 16:18
Schattenmantel

ich bin ja nicht der grosse schreiberling, aber vielleicht reizt mich das mtn journal doch mal zu einigen zeilen.
von..."in sieben monaten mit dem motorrad durch drei kontinente", bis "letztens in kambodscha" findet sich bestimmt einiges von dem ich berichten kann.
das thema, fotografieren in hitze, dreck, staub und feuchten klima, interessiert vielleicht den einen oder anderen.

Frankieboy02.01.08 14:34
Kleine Anmerkung: Richtig muss es heißen "Aus dem Leben eines Konzertfotografen" ... ohne "s".
Cornelius Fischer
Cornelius Fischer02.01.08 15:32
Frankieboy
thanks

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