15 Jahre iPhone – Hintergründe: Wie Apple Touch revolutionierte, anderes dafür verschieben musste
Das iPhone war nicht das erste Smartphone, auch Touch-Bedienung kannte man von anderen Geräten, außerdem sahen die Spezifikationen bisheriger Top-Mobiltelefone auf dem Papier teilweise beeindruckender aus. Dennoch steht außer Frage, dass Apple das bis dato beste Gesamtpaket vorgelegt hatte, welches die Branche in kürzester Zeit komplett umkrempelte und viele Konzepte erstmals nutzerfreundlich löste. Ein ehemaliger iPhone-Ingenieur namens
Ken Kocienda ("Inventor of iPhone autocorrect") erinnert sich an zahlreiche Herausforderungen und schildert, warum einige Kompromisse zu schließen waren. Schon vor vier Jahren hatte er zudem ein Buch auf den Markt gebracht, das viele Hintergründe zur Produktentwicklung bei Apple lieferte:
Creative Selection: Inside Apple's Design Process During the Golden Age of Steve Jobs.
Ein neuer Touch-AnsatzDas iPhone setzt bekanntlich seit jeher auf eine reine Software-Tastatur. Was damals von einigen Seiten belächelt wurde, immerhin hatten "richtige Business-Telefone" stets echte Tastaturen, funktionierte sehr viel besser als gedacht. Kocienda zufolge hatte Apple nämlich einige Probleme bisheriger Touch-Konzepte gelöst und konnte mit der eigentlich nicht sehr punktgenauen Finger-Bedienung einen Eingabestift überflüssig machen. Damit ist nicht nur Multitouch, sondern vor allem auch die gebotene Präzision gemeint. Beispielsweise kam eine "Touch History" zum Einsatz, um nicht nur aktuelle, sondern auch vorherige Gesten einfließen zu lassen.
Eine Touch History erkennt die gewünschte EingabeDa man beim Abheben des Fingers eine etwas andere Stelle berührt, als eigentlich in der Oberfläche gewünscht wurde, wertete das iPhone daher die vorletzte Eingabe aus. Vor allem bei der Tastatur und dort beim Setzen des Cursors war die Idee Gold wert. Gleichzeitig nahm sich Apple des Problems an, dass die wahrgenommene und die tatsächliche Position des Fingers auf dem Display leicht unterschiedlich ist. Nutzer zielen nämlich mit der Spitze des Fingernagels, treffen aber mehrere Millimeter tiefer. Bei Touch-basierten Automaten ist daher oft das Verhalten zu beobachten, eine Schaltfläche unterhalb des gewünschten Elements zu erwischen. Nicht so beim iPhone, was ebenfalls einen großen Anteil an der komfortablen Steuerung hatte.
Es fehlte aber die Zeit für andere BaustellenAllerdings investierte das Entwicklerteam derart viel Zeit in diese Umsetzung, dass für eine andere Funktion keine Zeit mehr blieb. Copy und Paste fehlte nämlich bei den ersten beiden Systemversionen, was damals gerne von Konkurrenzen als Nachteil des Apple-Systems gebrandmarkt wurde. Erst nach der Veröffentlichung des 2007er iPhones war es möglich, mit der Arbeit an Kopieren und Einsetzen zu beginnen.
Keine zwei Apps gleichzeitigAuch Multitasking war nicht möglich, was laut Kocienda an der Hardware lag. Da es keinen virtuellen Speicher samt Swap gibt (was sich bis heute nicht geändert hat, erst iPadOS 16 bringt Änderungen), war gleichzeitige Ausführung von Apps angesichts des kleinen Arbeitsspeichers nicht zu gewährleisten. Prozesse im Hintergrund mussten beim Öffnen einer weiteren App beendet werden, erst drei Jahre später ermöglichte Apple bestimmte Dienste, die zeitgleich laufen durften.
Buch mit Einblicken in Apples EntwicklungsarbeitDas von Ken Kocienda verfasste Buch "Creative Selection" gibt es für 28 Euro in der gebundenen Version als Taschenbuch sind es 9,99 Euro (
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