30 Jahre WWW: Warum Erfinder Tim Berners-Lee das Netz in Gefahr sieht
Am 12. März 1989 stellte der Physiker und Informatiker Tim Berners-Lee in einem Vortrag erstmals die Idee eines "World Wide Web" vor. 30 Jahre später warnt er vor dessen Missbrauch. In einem offenen Brief ruft der WWW-Erfinder zudem Unternehmen, Regierungen und die Zivilgesellschaft dazu auf, einen neuen "Vertrag für das Netz" zu schließen.
Der heutige Tag, an dem sich die "Erfindung" des World Wide Web zum 30sten Mal jährt, sei nicht nur ein Anlass, das Erreichte zu feiern,
schreibt Berners-Lee. Das Jubiläum biete auch die Gelegenheit, sich Gedanken darüber zu machen, welche Wegstrecke noch zurückzulegen sei. "Die halbe Welt ist online", so der Informatiker, "und das Web ist heute gleichzeitig öffentlicher Marktplatz, Bibliothek, Büro, Kino, Bank und vieles mehr." Mit jedem neuem Feature wachse aber die Gefahr, dass die Kluft zwischen jenen, die online seien, und allen vom Netz Ausgeschlossenen sich vergrößere. "Das Web muss für jedermann auf der Welt verfügbar sein", fordert er.
Sir Tim Berners-Lee
Foto: Paul Clarke
Extreme SchattenseitenAllerdings hat das Internet Berners-Lees Ansicht nach auch extreme Schattenseiten entwickelt. Es sei unter anderem eine Plattform für Scammer. Darüber hinaus biete es all jenen, die Hass säen und verbreiten wollten, die Möglichkeit, sich zu artikulieren. Es sei aber ein Irrglaube, dass man in dieser Hinsicht das World Wide Web nicht verbessern könne - das müsse sogar zwingend geschehen.
Staatlich gefördertes HackingAls größte Herausforderungen betrachtet der Erfinder des WWW unter anderem staatlich gefördertes Hacking und Cyberkriminalität, die Verbreitung von Falschinformationen und die oft polarisierend und in rüdem Ton geführten Diskussionen etwa in Foren. Auch auf Werbung basierende Geschäftsmodelle, bei denen das sogenannte Clickbaiting belohnt werde, prangert er an.
Gesetze und Regulierungen erforderlichUm diese Probleme zu lösen, sollten einerseits die Regierungen weltweit Gesetze und Regulierungen auf den Weg bringen. Andererseits müssten sich Unternehmen darüber im Klaren sein, dass kurzfristige Profite nicht um den Preis der Einschränkung von Menschenrechten und Demokratie erzielt werden dürften. "Bei der Entwicklung von Plattformen und Produkten müssen Privatheit, Vielfalt und Sicherheit respektiert werden", fordert Berners-Lee.
Auch die Bürger sind gefragtAllerdings seien auch die Bürger gefragt: Sie müssen dem WWW-Erfinder zufolge Regierungen und Unternehmen in die Verantwortung nehmen. Er ruft daher dazu auf, Politiker zu wählen, die für das freie und offene Web stehen. Außerdem sollten die Bürger Unternehmen gegenüber darauf bestehen, dass Datenschutzregeln eingehalten würden.
EIn bisschen träumen und viel arbeiten"Das Web ist für alle da - und zusammen haben wir die Macht, es zu verändern", schließt Berners-Lee seinen Brief. Das werde nicht leicht - "aber wenn wir ein bisschen träumen und viel arbeiten, können wir das Netz bekommen, das wir wollen."