ProCamera + HDRDie schiere Masse an Foto- und Video-Funktionen von ProCamera mag Gelegenheitsnutzer zunächst abschrecken. Es ist aber lohnenswert, sich eingehend mit der App zu beschäftigen. Kaum eine andere Foto-Anwendung bietet dem Nutzer so umfangreiche Möglichkeiten, vor der Aufnahme an zig Stellschrauben zu drehen und die Bildeinstellungen dadurch äußerst präzise an die eigenen Bedürfnisse anzupassen.
FunktionenWer sich nach dem ersten Start von der standardmäßig dargestellten Fülle an Optionen und Informationen rund um den Sucher überfordert oder abgelenkt fühlt, kann gleich zu Beginn ein aufgeräumteres Interface anwählen. Die Veränderung der Einstellung „Standard“ (siehe Screenshot) auf „Puristisch“ im Optionsmenü räumt die UI auf und erinnert an Apples Foto-App, unterschlägt allerdings diverse hilfreiche Funktionen und schränkt dadurch den Nutzen der App ein.
Schon beim ersten Blick auf die Aufnahmemodi fällt eine Option auf, die nicht selbstverständlich ist für Drittanbieter-Fotoanwendungen: Videoaufnahmen. Außer den Foto-Funktionen, die ab dem nächsten Abschnitt gezeigt werden, bietet ProCamera speziell für den Videomodus diverse Auflösungs- und Bildratenoptionen, darunter 720p, 1080p sowie bei unterstützen iOS-Geräten 4K, dazu Frameraten zwischen 24 (klassischer Kinofilm) und 240 Bildern pro Sekunde. Die Modi HD HFR und HD+ HFR kombinieren 720p beziehungsweise 1080p-Aufnahmen automatisch mit möglichst hohen Bildwiederholraten, um Bewegungen sowohl schärfer als auch geschmeidiger abzubilden und eine ordentliche Zeitlupenwiedergabe zu ermöglichen.
Der Fotomodus bietet zur besseren Motiv-Orientierung Hilfslinien für den Live-Sucher in verschiedenen Ausführungen, darunter der Goldene Schnitt. Dazu lässt sich ebenso ein Tiltmeter einblenden, um den Neigungswinkel der Kamera vorm Knipsen zu kontrollieren. Das Histogramm zeigt die Lichtverteilung eines Motivs in Form von Balken. Wenn diese rot sind, bedeutet das eine Warnung vor Über- respektive Unterbelichtung. Der aktive Weißabgleich ermöglicht eine Serie von Fotos mit den gleichen Farbwerten. Zudem kann der Nutzer die Farbtemperatur manuell regeln. Über Zeit/ISO im manuellen Modus lassen sich spezifische Werte für Belichtungszeit und Lichtempfindlichkeit festlegen. An Seitenverhältnissen gibt es diverse Optionen, darunter außer dem Standard 4:3 auch 3:2, 16:9, quadratisch und Goldener Schnitt.
Neben dem Hauptauslöser unten in der Interface-Mitte ist noch ein zweiter kleinerer Auslöser platziert. Dieser bietet, je nach Konfiguration, entweder einen Verwacklungsschutz, der die Aufnahme solange verzögert, bis der Nutzer das iPhone ruhig hält, oder einen Selbstauslöser. Für den Auslöser sind beliebige Zeiten zwischen 0,5 und 20 Sekunden möglich.
Im HDR-Modus stehen, ebenso wie im normalen Video- oder Foto-Modus, eine Reihe von Funktionen zur Verfügung, um den HDR-Effekt an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Außer Auto-HDR gibt es unter anderem Manuelle Belichtungsreihen (MEB), die es dem Nutzer erlauben, den Kontrastumfang selbst festzulegen. Asymmetrische Manuelle Belichtungsreihen (AMEB) gewähren die komplette Kontrolle der Unter- und Überbelichtungswerte von HDR-Fotos. Der HDR-Effekt kann ebenso über die Optionen „Natürlich“, „Leuchtend“, „Dramatisch“, „Schwarzweiß“ und „Verblasst“ angepasst werden. Die Modi Lowlight und Lowlight+ sind, wie es die Namen schon erahnen lassen, gezielt auf schlechte Lichtverhältnisse sowie Nachtaufnahmen zugeschnitten und bieten unter anderem Langzeitbelichtungen.
Übrigens erlaubt die App nicht nur JPEG als Speicherformat, sondern auch TIFF. Zwar bietet TIFF eine höherwertige Bildqualität und mehr Flexibilität bei der Nachbearbeitung, erzeugt aber auch wesentlich größere Dateien als JPEG, was insbesondere bei iPhones mit 16 Gigabyte Speicher schnell zum Problem werden kann. Für die meisten Anwender sollte JPEG aber ohnehin völlig ausreichen.
Wenn die Fotos im Kasten sind, kann der Nutzer die umfangreichen Bearbeitungswerkzeuge von ProCamera verwenden. An Filtern stehen dutzende Varianten zur Verfügung, darunter für normale Farbaufnahmen, Schwarzweiß-Bilder und auf Analog-Optik getrimmte Varianten. Dazu gibt es Werkzeuge zum Verändern der Helligkeit, des Kontrastes, der Farbsättigung und diverser anderer Bereiche. Im Bereich ProCut Studio begradigt oder dreht der Nutzer seine Aufnahmen, ebenso kann er das Seitenverhältnis ändern. Die Möglichkeit des Teilens via E-Mail und Social Media wie Facebook oder Twitter gewähren einen reibungslosen Austausch mit der digitalen Außenwelt.
Plattformen und PreisProCamera + HDR für iPhone, iPad und iPod touch benötigt mindestens iOS 8.3 und kostet 4,99 Euro. vividHDR (2,99 Euro), Lowlight Plus (2,99 Euro) und das Filterpaket San Fran (99 Cent) sind zusätzlich als In-App-Kauf verfügbar.
Die Apple-Watch-Erweiterung von ProCamera ermöglicht es, die auf dem iOS-Gerät ausgeführte App fernzusteuern. Dazu gehört ein Intervalometer für den Selbstauslöser und Sequenz-Fotografie. Zudem lassen sich Modi wie Video, HDR-Fotos und Lowlight über Apples Uhr wählen.
Vor-/NachteileVorteile
- Funktionen, Funktionen, Funktionen
- Diverse HDR-Arten
- TIFF-Format
- Apple-Watch-Unterstützung
Nachteile
- Vergleichsweise hoher Preis
- Bestimmte Features nur via In-App-Kauf
- Funktionsumfang kann Einsteiger und Gelegenheitsnutzer überfordern
FazitDie Macher von ProCamera sind bei der Funktionsvielfalt keine Kompromisse eingegangen. Kaum eine andere App bietet dem Anwender so viele Möglichkeiten, die Fotoaufnahme genau an die eigenen Wünsche anzupassen und zu optimieren. Die Kehrseite davon ist die Komplexität der App, mit der Gelegenheitsnutzer zu Beginn überfordert sein könnten. ProCamera richtet sich vorrangig an ambitionierte Fotografen, die sich mit der Materie zumindest einigermaßen auskennen und aus der iPhone-Kamera auch noch das letzte Quentchen Foto-Optimierung herauskitzeln möchten.