40 Jahre Apple II: Blaupause und Startschuss für Apples Erfolg
Design genauso wichtig wie TechnologieWozniak, der bis weit in die Apple-II-Entwicklung hinein noch hauptberuflich für Hewlett Packard arbeitete, entwarf vieles von Grund auf neu. Dazu gehörte die komplette Hauptplatine inklusive der Schaltungen und einer pfiffigen Technologie, durch die das Gerät Farben darstellen konnte. Zu der von Wozniak erdachten Platine kamen noch zig Komponenten hinzu, die aus dem Apple II erst ein auf die Konsumentenbedürfnisse des sich gerade entwickelten Personal-Computer-Marktes zugeschnittenes Produkt machten.
Besonders wichtig war das Gehäuse. Steve Jobs wollte ein puristisches und elegantes Design, das den Rechner deutlich von den grauen PC-Kisten der Konkurrenz unterschied. Ein Rundgang durch die Küchenabteilung der US-Warenhauskette Macy’s brachte Jobs schließlich auf die Idee, sich am Aussehen der ausgestellten Küchenmaschinen zu orientieren. Er beauftragte den im Silicon Valley als Produktdesign-Berater arbeitenden Jerry Manock für 1.500 US-Dollar mit dem Gehäuseentwurf. Manock gilt heute als geistiger Vater von Apples bahnbrechendem Industriedesign, da er außer dem Apple II auch dem Apple III und ersten Macintosh zu ihrem Äußeren verhalf.
Apple II Plus (
Bilby, CC BY 3.0)
Für Jobs’ Ansprüche an die Ästhetik reichte eine hübsche Optik bei Weitem nicht aus. Der Anhänger des Zen-Buddhismus forderte ein leises Gerät, das den Nutzer keinesfalls durch aufdringliche Geräusche von der Arbeit ablenken durfte. Das schlanke Plastikgehäuse des Apple II sorgte allerdings schnell für Hitzestaus und verlangte eigentlich nach leistungsstarken und damit lauten Lüftern. Insbesondere die damaligen Transformatoren wurden sehr heiß. Im Gegensatz zu Jobs sah Wozniak in der Lüfterlautstärke überhaupt kein Problem und zeigte sich genervt über die zeitfressende Detailversessenheit seines Geschäftspartners. Wie so oft setzte sich Jobs durch. Er betraute Rod Holt, einen über 20 Jahre älteren Computerspezialisten und linkspolitischen Aktivisten, mit dem Bau eines speziell für das Apple-II-Gehäuse konzipierten Netzteils. Und tatsächlich gelang dem späteren Apple-Mitarbeiter Nummer 5 eine hocheffiziente Komponente, die im Betrieb wesentlich kühler blieb als vergleichbare Konkurrenzprodukte. Für Jobs war Holts Konstruktion gar „genauso revolutionär wie das Apple-II-Logicboard.“
Jobs’ Drang nach Perfektion bescherte Apple noch einen weiteren Konflikt. The Woz wollte acht freie Slots auf der Hauptplatine integrieren, die Bastlern den Anschluss ihrer Steckkarten und Peripheriegeräte ermöglichen. Jobs wehrte sich vehement und wollte nur zwei Öffnungen für einen Drucker und ein Modem, da er das Nutzungserlebnis durch den Eingriff von Drittherstellern in Gefahr sah. Der als Kontrollfreak berüchtigte Jobs behielt diese Mentalität sein ganzes Leben lang bei, was etwa zum Fehlen interner Erweiterungsslots beim ersten Macintosh und dem über 20 Jahre später erschienenen iMac führte. Beim Apple II jedoch gewann Wozniak den Streit, indem er Jobs von den schier unendlichen Einsatzmöglichkeiten vorschwärmte. Mit den acht Slots bot Apples erster richtiger Rechner sogar mehr Steckplätze als die meisten Konkurrenzsysteme und hatte dadurch einen wichtigen Pluspunkt gegenüber den Wettbewerbern. Noch Jahre nach der Veröffentlichung lobten Entwickler das riesige Erweiterungspotenzial des Apple II, dessen Erfolg auch auf diesem Vorzug beruhte.
Von der Garagenklitsche zum IBM-KonkurrentenDas Rechnerkonzept stand zwar allmählich, dafür fehlte aber nach wie vor das für den Start der Massenproduktion nötige Kapital. Über Umwege kam Jobs zu Mike Markkula, einem früheren Marketing Manager von Intel, der wegen seiner millionenschweren Aktienoptionen schon mit Anfang 30 den Ruhestand genießen konnte. Markkula ließ sich überreden, bei Apple einzusteigen, auch wenn er mit Apples Unternehmenskultur fremdelte. Er sah großmütig darüber hinweg, dass „die Beiden (Woz und Jobs; Anm. d. Red.) einen Haarschnitt brauchten“, da er begeistert von dem war, was auf Wozniaks Werkbank stand. Außer den 250.000 US-Dollar, mit denen sich Markkula ein Drittel von Apple sicherte, brachte er auch sein Geschäfts- und Marketingwissen in das Unternehmen ein.
Dem Apple-Mitarbeiter Nummer 3 schwebte ein breiterer Absatzmarkt vor als die von den beiden Apple-Gründern ursprünglich anvisierte Zielgruppe, die sich vorrangig aus Computer-Enthusiasten zusammensetzte. Markkula dachte in größeren Maßstäben und wollte den Apple II als essenzielles Alltagsgerät für jeden Haushalt bewerben. Auch Otto-Normal-Nutzer sollten damit problemlos arbeiten und etwa Rezepte sammeln oder das Haushaltsbudget verwalten können.
Apple II inklusive Diskettenlaufwerken und Monitor (
Rama & Musée Bolo, CC BY-SA 2.0 FR)
Markkula begann schnell, den Geschäftsbetrieb zu professionalisieren. Er entwarf mit Jobs einen Business Plan für den Apple II, brachte dem Apple-Mitbegründer alles über den Sales-Bereich eines Unternehmens bei und verfasste das Manifest-artige Paper
The Apple Marketing Philosophy, das drei zentrale Marketingprinzipien formulierte:
- Empathie (Wie tickt der Kunde?)
- Fokus (Konzentriere dich auf die Kernprodukte und lasse die unwichtigen Gelegenheiten links liegen)
- Unterstellung (Menschen beurteilen Dinge anhand des Aussehens. Wir haben vielleicht das beste Produkt, die höchste Qualität, die nützlichste Software etc. Wenn wir es aber schludrig präsentieren, werden die Kunden dem Gerät auch eine schludrige Arbeitsweise unterstellen. Zeigen wir es jedoch auf eine kreative und professionelle Weise, werden die potenziellen Käufer auch dem Produkt diese Eigenschaften „unterstellen“. Genau das wollen wir.)
Jobs bewunderte das Fachwissen, Engagement und den Weitblick des neuen Mitarbeiters, der sich immer mehr zu einer Vaterfigur für ihn entwickelte. Aus der Garagenklitsche wurde allmählich ein ernstzunehmendes Unternehmen.