40 Jahre Apple II: Blaupause und Startschuss für Apples Erfolg
Einer der populärsten Personal ComputerDer präzise geplante Auftritt beim West Coast Computer Faire erwies sich als Achtungserfolg. Viele der über 12.000 Besucher zeigten sich angetan von der neuen Personal-Computer-Hoffnung. Apple erhielt mehrere hundert Bestellungen für das in der Grundkonfiguration 1.298 US-Dollar teure Gerät. Darüber hinaus knüpfte das Unternehmen Kontakte mit Händlern, die den Apple II künftig auch international anbieten sollten. Über die Veranstaltung hinaus sorgte die Maschine aber noch nicht für die erhofften Schlagzeilen. Der Messebericht von
Creative Computing etwa erwähnte den Apple-Computer erst auf der dritten Seite. Im renommierten Byte-Magazine war in der Messe-Nachlese gar nichts über Apple zu finden.
Nach dem Verkaufsstart im Sommer 1977 stieg die Reputation des Apple II auch in den einschlägigen Fachmedien.
Byte erklärte den Apple II zusammen mit dem TRS-80 und Commodore PET zur „1977 Trinity“, also den angesagtesten All-in-One Personal Computern des Jahres.
Der Apple-Rechner verkaufte sich gut, wobei die von Markulla anvisierte breite Zielgruppe nicht wie erhofft anbiss. Die amerikanische Durchschnittsfamilie sah immer noch keinen stichhaltigen Grund, viel Geld für einen Computer auszugeben, der ihr im Alltag bei kaum etwas half und mehr wie eine Spielerei wirkte. Es fehlte die Killer-App, die das All-in-One-Gerät auch über die Technikgemeinde hinaus zum Objekt der Begierde machte. Daher sorgten in der ersten Zeit nach der Veröffentlichung vorrangig IT-Begeisterte, Wissenschaftler und Gamer für den Apple-II-Umsatz.
Die erste Tabellenkalkulation als Killer-AppDer Auslöser, der dem Personal Computer zumindest im Unternehmenssektor zum endgültigen Durchbruch verhalf, lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: VisiCalc. Die erste kommerzielle Tabellenkalkulation für Personal Computer erschien 1979 zunächst nur für den Apple II, was Apple über kurze Zeit ein unverhofftes Alleinstellungsmerkmal bescherte. Komplexe Firmen-Kalkulationen, die früher bis zu einer Woche an Zeit in Anspruch nahmen, ließen sich mit VisiCalc innerhalb weniger Stunden erledigen. Für den Unternehmensmarkt wurde der Personal Computer erst dadurch zu einem essenziellen Arbeitsgerät.
VisiCalc auf einem Apple II
Creative Computing zeigte sich euphorisch: VisiCalc sei für jeden, der in einem Betrieb, einer Bildungseinrichtung oder einem anderen Wissenschaftsbereich arbeite, Grund genug, sich eines dieser „kleinen Computersysteme“ anzuschaffen.
Die Leistungsanforderung der Tabellenkalkulation bescherte Apple zudem einen lukrativen Nebeneffekt: Da für VisiCalc die 16 KB Arbeitsspeicher des günstigeren Apple II nicht reichten, griffen Kunden verstärkt zum deutlich teureren Modell mit 32 KB RAM. Folgerichtig erhöhte sich der Apple-II-Umsatz zwischen 1977 und 1980 von 775.000 US-Dollar auf 118 Millionen US-Dollar. Durch den Börsengang im Jahr 1980 stieg Apple zum Milliardenunternehmen auf. IBM soll die Entwicklung des hauseigenen PCs schlussendlich nur deswegen vorangetrieben haben, weil der Konzern erst durch den Erfolg des Apple II ein ernstzunehmendes Geschäftsmodell in Personal Computern sah.
Der Apple II hält das Unternehmen im GeschäftIn den 1980er-Jahren verlor Apple durch den IBM-PC und dazu kompatiblen Rechnern zwar mehr und mehr Marktanteile auf dem stark wachsenden Personal-Computer-Sektor. Der Apple II und dessen Neuauflagen wie II Plus, IIe und IIGS blieben aber zuverlässige und industrieweit geschätzte Arbeitstiere, die wichtige Marktbereiche ansprachen. Nach dem
Apple-III-Flop und
Lisa-Desaster waren es die bewährten Computer, die das Unternehmen im Geschäft hielten. Selbst der Marktstart des Macintosh, der 1984 mit seiner grafischen Benutzeroberfläche inklusive Maussteuerung eine neue Computer-Ära einläutete, änderte für einige Jahre wenig an der firmeninternen Bedeutung des Umsatzbringers: Der Macintosh war für die technologische Vorreiterschaft zuständig, der Apple II für die Einnahmen. Als Apple den Verkauf des letzten Modells 1992 stoppte, ging die über 15-jährige Ära des zweiten Apple-Rechners schließlich zu Ende.
Apple-Werbespot (1983)
Auch für die jüngste Variante galt noch die Überschrift der ersten Apple-II-Broschüre von 1977: „Simplicity is the Ultimate Sophistication (Einfachheit ist die höchste Stufe der Vollendung).“ Das Leonardo DaVinci zugeschriebene Zitat drückte nicht nur das Designcredo des Geräts aus. Darüber hinaus gehört es bis heute zu Apples Firmengrundsätzen, für die der Apple II in vielen Bereichen Blaupause und Startschuss zugleich war.