A12x-Chip: Wie man Desktop-Leistung ohne Lüfter schafft
Die Apple-Welt hat sich daran gewöhnt, dass jede neue Generation der Apple-eigenen A-Prozessoren noch einmal deutlich an Leistung hinzugewinnt. Jahr für Jahr erreicht Apple Sprünge, wie man sie bei herkömmlichen Desktop-Prozessoren nicht kennt – und das, obwohl sich die Performance seit rund drei Jahren nicht mehr vor handelsüblichen Chips verstecken muss. Der A12x aus dem iPad Pro ist da keine Ausnahme. Betrachtet man Benchmark-Tests, so schlägt das iPad Pro fast alle Macs im Sortiment. Die "Single Core"-Performance übertrifft dabei sogar den iMac Pro. Dies ist insofern außerordentlich beachtlich, ruft man sich die Wärmeentwicklung eines Desktop-Prozessors ins Gedächtnis. Ein ausführlicher Artikel von
Ars Technica befasst sich mit der Frage, wie Workstation-Performance ohne Lüfter möglich ist und lässt dabei auch Phil Schiller sowie einen Chip-Spezialisten von Apple (Anand Shimpi) zu Wort kommen.
Der heilige Gral: Unified MemoryApple setzt beim A12x jetzt bereits auf eine Architektur, die im Computerbereich als der nächste riesige Schritt gilt. Momentan arbeiten herkömmliche Computer sehr ineffizient, wenn es darum geht, auf den Speicher zuzugreifen. Die Grafikkarte hat ihren Grafikspeicher, der Prozessor hat seinen Arbeitsspeicher – und der Grafikchip auf dem Systemchip noch einmal einen reservierten Bereich im Arbeitsspeicher, der aber vom sonstigen RAM abgetrennt ist. Jeder der drei Akteure ist also darauf angewiesen, dass Inhalte von einem in den anderen Speicher übertragen werden, bevor sich darauf zugreifen lässt. In der Praxis ergeben sich daraus große Kompromisse. Oft könnte beispielsweise der Grafikchip eine bestimmte Aufgabe wesentlich schneller ausführen – da sich der extrem teure Kopiervorgang aber nicht lohnt und die Leistungsvorteile negieren würde, übernimmt die CPU stattdessen. Genau dies fällt in Apples Architektur weg. Es gibt den einen Speicher für alles – und alle Chips haben die Möglichkeit des direkten Zugriffs ohne Kopiervorgänge. Sollte auch der Mac Apples eigene Architektur erhalten, könnte Apple sofort auf "Unified Memory" umstellen – bei den aktuellen Intel-Architekturen hingegen gibt es keine Chance.
Die verschiedenen KerneApple dokumentiert zwar keine Werte, Schätzungen zufolge liegt die TDP der leistungsfähigsten A-Prozessoren gerade einmal bei maximal 12 Watt. Zum Vergleich: Beim aktuellen MacBook Pro sind es 45 Watt (im normalen Betrieb, nicht Turbo Mode), im iMac Pro arbeitet ein Chip mit bis zu 140 Watt. Gerade letzteres lässt sich natürlich ohne große Lüfter nicht bewältigen. Apple setzt bei den A-Chips auf Kerne mit verschiedenen Aufgaben. Im A12x sind vier auf Performance und vier auf Effizienz getrimmte Kerne, dazu gibt es noch den Siebenkern-Grafikchip sowie die Neural Engine. Apples Ziel lautet in allen Bereichen, die bestmögliche Effizient zu erzielen. Dies kommt der Akkulaufzeit zugute, gleichzeitig reduziert sich die Wärmeentwicklung.
Performance pro WattUm noch einmal den Begriff aufzugreifen, mit dem vor 13 Jahren der Umstieg von PowerPC auf Intel begründet wurde: "Performance per Watt" ist bei Apples Architektur derzeit unerreicht. Die Prozessoren sind genau dafür konzipiert, wofür Apple die Chips einsetzen möchte. Es gibt nahezu keine historisch bedingten Kompromisse und Apple muss sich keine Gedanken um Kompatibilität machen. Hersteller wie Intel haben diese Möglichkeit kaum, denn ihr Geschäftsmodell muss lauten, die große Masse anzusprechen.
Ein Ausblick...Der Weg vom ersten iPhone-Prozessor des Jahres 2007 (412 MHz, ein Kern, Referenzdesign) hin zu den aktuellen Architekturen war weit. Die Entscheidung, eigene Architekturen zu entwickeln, stellte sich aber (bislang) als goldrichtig heraus. Es gibt derzeit keinen Chip-Hersteller, der sich mit Apple ansatzweise messen lassen kann. Qualcomm ist Quasi-Monopolist auf dem Android-Markt und hatte keine Notwendigkeit, mit selbigem Nachdruck an neuen Architekturen zu arbeiten. Stattdessen konzentrierte man sich auf Konnektivität, also auf Mobilfunkchips. Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass Apples A-Architektur in absehbarer Zukunft auch im Mac verstärkt zum Einsatz kommt. Jetzt bereits stattet Apple alle neuen Macs mit dem T2-Chip aus Eigenentwicklung aus – ein Wechsel von Intel auf ARM-Prozessoren gilt in der Branche ebenfalls als sehr wahrscheinlich. Angesichts sehr viel besserer Wärmeabfuhr ergeben sich für Apple ganz neue Möglichkeiten, ruft man sich die Performance in lüfterlosen Konzepten wie dem iPad Pro noch einmal in Erinnerung. Ars Technica vergisst nicht, einen wichtigen Punkt zu erwähnen: Leistungsfähige Hardware kann nur mit leistungsfähiger Software wirklich glänzen – und letztere ist derzeit auf iOS kaum vorhanden. Dies wäre sich bei einem A-basierten Mac vollständig anders...