Vor einer Woche gab Apple den Umstieg auf Apple-eigene A-Prozessoren beim Mac bekannt – in den kommenden zwei Jahren werden alle Macs auf ARM-basierende Apple-Chips umgestellt. Apple erhofft sich, wie der Konzern auf der Keynote und in diversen WWDC-Videos für Entwickler betont, verbesserte Leistungswerte bei zeitgleich geringerem Energiehunger. Übersetzt bedeutet das: Schnellere Macs, die länger ohne Ladekabel auskommen. Um Entwicklern die Migration auf die neuen ARM-Macs zu vereinfachen, liefert Apple einen Mac mit A12Z-Prozessor aus. Hier handelt es sich um keinen fertigen Mac, sondern nur um eine hastig zusammengebastelte Maschine, damit Entwickler die Migration durchführen können – dieser Mac wird so nie auf den freien Markt kommen.
Trotzdem interessierte natürlich viele, wie schnell das "Developer Transition Kit" ist. Schaut man sich die rohen Zahlenwerte aus Geekbench an, gibt es erst einmal lange Gesichter: Die absoluten Zahlen lassen vermuten, dass die ARM-Macs deutlich langsamer sind als aktuelle Macs:
Modell | Single-Core | Multi-Core |
Developer Transition Kit, A12Z, 2,4 GHz, 4 Kerne | ~820 | ~2800 |
iPad Pro 2020, A12Z, 2,4 Ghz, 4/8 Kerne | ~1100 | ~4600 |
Mac mini 2018, i3, 3,6 GHz, 4 Kerne | ~910 | ~3400 |
MacBook Air 2020, i5, 1,1 GHz, 4 Kerne | ~1120 | ~3400 |
MacBook Pro 2019, i9, 2,3 GHz, 8 Kerne | ~1130 | ~7200 |
iPhone 11, A13, 2,66 GHz, 2/6 Kerne | ~1340 | ~3400 |
Geekbench-Resulate haben erfahrungsgemäß eine hohe Variation pro Durchlauf – im Hintergrund laufen unter Umständen andere macOS-Prozesse, welche mit Geekbench um Prozessorzeit buhlen. Daher sind in der obigen Tabelle die Mittelwerte aus diversen Benchmarkergebnissen angegeben.
Verwirrung um TaktrateSchaut man sich die Benchmark-Ergebnisse an, könnte man meinen, die Taktrate eines Prozessors sei egal: Ein i3 mit 3,6 GHz erreicht geringere Single-Core-Werte als ein i5 mit 1,1 GHz. Leider ist dies nicht mehr so einfach zu interpretieren wie noch vor 20 Jahren: Prozessoren können heutzutage einen Turbo-Boost-Modus nutzen, bei welchem die Taktrate temporär deutlich angehoben wird – manchmal sogar um ein Vielfaches des Basistaktes. Während Benchmarks ist dies von großer Bedeutung, da für einen kurzen Zeitraum deutlich mehr Leistung abgerufen werden kann.
Noch ist völlig unklar, ob das "Developer Transition Kit" bereits eine ähnliche Mechanik mitbringt, oder ob die maximale Taktrate wie im iPad Pro 2,4 GHz beträgt. Sollte dies der Fall sein, könnte hier noch spürbar Luft nach oben existieren, da ein MacBook oder Mac mini deutlich leichter zu kühlen ist als ein iPad oder iPhone.
Benchmarks mit RosettaDie Ergebnisse zeigen, dass ein Mac mit A12Z-Chip im Geekbench-Benchmark deutlich langsamer ist als ein iPad Pro. Der Grund ist allerdings schnell ausgemacht: Geekbench für den Mac existiert nur für Intel/x86-Chips, nicht für ARM-Macs. Das führt dazu, dass der Benchmark über Rosetta 2 ausgeführt wird – also mit nicht-nativem Code.
Rosetta 2 bringt erheblich weniger Performance-Verlust mit als Rosetta beim PowerPC-Intel-Switch vor 15 Jahren: Programme werden bei Rosetta 2 zum größten Teil bereits bei der Installation übersetzt anstatt während des Ausführens. Dies hat den großen Vorteil, dass die Emulation erheblich schneller abläuft – jedoch nicht völlig ohne Performance-Verlust.
Die schlechtere Performance der Emulation wird dadurch verursacht, dass Rosetta 2 manche Verhaltensweisen der Intel-Prozessoren nachahmen muss: So verhält sich der ARM-Chip bei manchen Fliesskommaberechnungen anders als x86-Prozessoren – dies muss Rosetta 2 während der Emulation abfangen und kostet Zeit. Geschätzt dürften x86-Programme je nach Art etwa 10 bis 40 Prozent langsamer laufen als ARM-native Apps.
Sieht man sich die Benchmark-Ergebnisse des iPad Pro 2020 an, welches auf den selben Prozessor wie das "Developer Transition Kit" setzt, wird schnell klar, dass Rosetta 2 zwar einen sehr guten Job macht – aber Benchmarks einer Emulation führen trotzdem zu geringeren Messwerten.
Warum keinen A13?Letztes Jahr statte Apple das iPhone 11 und 11 Pro mit einer neuen Prozessorgeneration aus – dem Apple A13. Dieser erzielt je nach Benchmark zwischen 10 und 40 Prozent mehr Leistung als ein A12. In diesem Jahr stellt Apple wahrscheinlich den A14 vor – zusammen mit dem iPhone 12. Noch ist völlig unklar, welche Prozessorgeneration im Mac zum Einsatz kommt. Apple betonte nur, dass der Mac eigene Prozessoren einsetzten wird. Wahrscheinlich meinte Apple hiermit, dass der Mac mit unterschiedlichen Kern-Konfigurationen mitbringt: Im iPhone setzt Apple zwei Performance-Kerne und vier auf Effizienz getrimmte Kerne ein – beim Mac könnte dies genau andersherum sein: Apple könnte hier 4 oder 6 Performance-Kerne und zwei Effizenz-Kerne verbauen.
Warum Apple beim "Developer Transition Kit" einen A12Z wählte, ist nicht klar. Vielleicht war es für Apple einfacher, diesen schnell und ohne viel Aufwand so anzupassen, dass dieser im Developer-Kit seinen Dienst verrichtet.
Es ist zu erwarten, dass die Mac-Prozessoren auf dem A13 oder A14 basieren und nicht auf dem betagten A12, welcher im Jahr 2018 erschien.
4 Kerne?Geekbench ist der Auffassung, dass das Developer-Kit vier Prozessorkerne mitbringt – in Wirklichkeit sind dies aber 8. Der Grund hierfür dürfte bei Rosetta 2 zu suchen sein: Bisherige Mac-Programme müssen sich keine Gedanken darüber machen, welche Kerne diese verwenden, da alle Kerne in Intel-Prozessoren gleich sind. Dies ist bei Apple-Chips anders – und dementsprechend muss die Software angepasst sein. Da bisherige x86-Software nicht angepasst ist, gaukelt Rosetta 2 den Programmen vor, sie würden auf einem 4-Kern-System laufen – und stellt offensichtlich nur die Performance-Kerne zur Nutzung bereit.
Welche Performance ist zu erwarten?Zuerst zeigt der Benchmark, dass Rosetta 2 sehr effizient ist: Bisherige Mac-Apps werden sich ohne größere Performance-Einbußen auf ARM-Macs nutzen lassen – selbst wenn diese nur einen A12Z mitbringen würden.
Es ist zu erwarten, dass ein ARM-natives Geekbench ähnliche Performance-Werte wie auf dem 2020er iPad Pro erreichen würde. Daher ist die Single-Core-Performance trotz (wahrscheinlich) fehlendem Turbo-Boost mit den aktuellen Intel-Macs vergleichbar. Auch die Multi-Core-Performance sollte dann auf Niveau des iPad Pro liegen.
Zieht man ferner in Betracht, dass die maximale Turbo-Boost-Taktfrequenz der kommenden ARM-Macs wahrscheinlich über 2,4 GHz liegt, dürften die Benchmark-Werte sich weiter verbessern. Sollte Apple als Grundlage der Mac-Prozessoren einen A13 oder gar A14 wählen, sollte dies nochmalig zu gesteigerten Ergebnissen führen.
Grob überschlagen könnten ARM-Macs im optimalen Fall (mehr Turbo-Boost-Takt, A14 als Basis) im Single-Core-Benchmark 50 bis 100 Prozent schneller sein als aktuelle Intel-Macs – bereits der A13 im iPhone erreicht um 20 Prozent höhere Ergebnisse im Single-Core-Test. Dies sind Schätzungen mit vielen (optimistischen) Annahmen – erst im Herbst zeigt sich, wie schnell die allerersten ARM-Macs tatsächlich sind. Recht sicher ist, dass die ARM-Macs den aktuellen Zahlen nach zumindest nicht langsamer sind. Möglich ist auch, dass Apple bei manchen Macs die Akkulaufzeit höher priorisiert als die Rechenleistung – das MacBook Air wäre hier ein Kandidat. Sollten die ARM-Prozessoren in Macs ähnlich effizient arbeiten wie in einem iPad oder iPhone, wären deutlich längere Akkulaufzeiten denkbar.