Warum sollten alte Zöpfe abgeschnitten werden?Die Antwort auf die Frage in der Seitenüberschrift lautet:
Weil alte Zöpfe verfilzen.Beispiel MagSafe: Für seine Zeit war der magnetisch anhaftende Ladeanschluss für MacBooks eine gute Sache. Sein größter offensichtlicher Vorteil ist, dass sich der Stecker im Falle eines unbeabsichtigten Ziehens am Kabel vom MacBook löst und so die teure Hardware so nicht vom Tisch gerissen wird. – Tolle Sache! – Wenn auch nur für Ausnahmesituationen nützlich. Aber sein wir mal ehrlich: MagSafe hat auch einige erhebliche Nachteile, die es aus heutiger Sicht unzeitgemäß machen.
Zunächst mal kann MagSafe nichts anderes, als Ladestrom liefern. Datenübertragung ist damit nicht möglich. (Man könnte MagSafe zwar wie beim Smart Connector der iPads auch Datenübertragung beibringen, aber das funktioniert offenbar nur mit sehr geringer Bandbreite.) Wer also sein MacBook aufladen und gleichzeitig Peripherie anschließen will, braucht mindestens zwei Strippen. Stolpert dann jemand über die heraushängenden Kabel, nützt MagSafe rein gar nichts mehr.
Nebenbei bemerkt: Der MagSafe Stecker wurde einmal in seiner Form geändert und war dadurch geometrisch nicht mehr mit dem Vorgänger kompatibel.
Des Weiteren ist MagSafe nicht gerade die beste Verbindung in Bezug auf Kontaktsicherheit. Im einfachsten Fall wird das MacBook bei unsauberem Kontakt nicht geladen, im schlimmsten Fall kommt es zu starker Erhitzung, Funkenbildung, verschmolzenen Kontakten oder gar defekten Akkus. MagSafe stand im Laufe der Zeit oft in der Kritik und Apple wurde wegen häufig beschädigter MagSafe-Kabel sogar einmal erfolgreich verklagt. Und wieso war ausgerechnet das MagSafe Kabel so häufig beschädigt? Vermutlich sahen viele User die magnetische Verbindung als Einladung dazu, zum Trennen einfach kräftig am Kabel statt am Stecker zu ziehen – oder dauernd "versehentlich" darüber zu stolpern.
Mit
Thunderbolt 3 in den neuen MacBooks, welches USB-C als Steckverbindung nutzt, entfällt zwar der Vorteil einer sich leicht lösenden Verbindung (wobei auch USB-C-Stecker im Ernstfall bei Zugbelastung recht schnell aus der Buchse flutschen – nur nicht bei Belastung in großen Winkeln), doch davon abgesehen gibt es nur Vorteile: Daten und Ladestrom können über nur ein Kabel transportiert werden, jede vorhandene USB-C-Buchse am MacBook kann als Ladeanschluss genutzt werden und der Port vereint eine ganze Reihe von Schnittstellenprotokollen in nur einem Stecker. Das geht sogar so weit, dass man mit einem kompatiblen Monitor (wie den von Apple empfohlenen
LG-Displays) mit nur einem dünnen Kabel mit kleinen Steckern am Notebook einen hochauflösenden, externen Monitor betreiben kann, der über sein eigenes Netzteil gleichzeitig das MacBook auflädt und einen USB-Hub bietet. Der Monitor wird dadurch zur Ladestation und zum Hub. – Mit nur einem Kabel.
Klar, bis jetzt haben nur wenige genau
diesen Monitor, aber es zeigt, wie komfortabel die Zukunft sein kann, wenn man sich nur darauf einlässt. Weitere Hersteller werden folgen und immer mehr Peripherie für USB-C bzw. Thunderbolt 3 anbieten. So zum Beispiel LaCie, die in dieser Woche erste neue Produkte für diesen Anschluss präsentiert haben (
siehe hier).
Wie wir aus der Vergangenheit lernen können, wird sich der Unmut über die neuen Steckanschlüsse mit zunehmender Verbreitung entsprechender Peripherie bald legen. Bis irgendwann in der Zukunft wieder ein neuer Anschluss-Standard kommen wird. USB-C wird vermutlich einige Jahre Mainstream sein, aber auch diese Buchse wird nicht ewig existieren.
Für diejenigen, die zunächst ihre Peripherie mit alten Schnittstellen weiter benutzen wollen, führt kein Weg an Adaptern vorbei. Aber auch das ist nicht neu und keineswegs eine böswillige Apple-Erfindung, um Geld mit teuren Adaptern zu verdienen. Man erfindet keine neuen Schnittstellen, um mehr Adapter verkaufen zu können.
Schon zu Zeiten der seligen Atari oder Comodore Heimcomputer haben wir mit Adaptern gelebt. Und die gesamte "Goldene Ära" des PCs ist gepflastert mit Adaptern und – noch viel schlimmer – unzähligen Kabelvarianten. Heute haben wir es hingegen nur noch mit EINER Buchsenart an den neuen MacBooks zu tun. Bis wir hier angekommen sind, war es ein langer, beschwerlicher Weg voller Missverständnisse, Kabelknäuel und Adapter. Doch Apples konsequentem Alte-Zöpfe-abschneiden haben wir es zu verdanken, dass wir uns langsam aber sicher einer großen Vereinheitlichung bei Kabelverbindungen nähern. Und ja, Apple selbst hat mit Lightning noch eine andere, nicht Stecker-kompatible Schnittstelle in seinen iDevices, aber ohne die hätte es USB-C bis heute vermutlich gar nicht gegeben. Und ohne Lightning hätten wir vermutlich noch zehn Jahre lang den unpraktischen 30-Pin-Anschluss der ersten iDevices ertragen müssen.
Und noch mal zur Erinnerung: Apple gehört zu den treibenden Kräften bei der Standardisierung von USB-C. Da aber viele andere Partner involviert sind, hat es beispielsweise
bis letzten Monat gedauert, für USB-C einen Standard für die Audioübertragung zu kreieren. Etwas, das Lightning schon seit Jahren hat. Auch das ist ein Grund, warum Apple bislang noch kein USB-C in seinen iDevices verbauen konnte, selbst wenn sie es gewollt hätten.