Amazon Marketplace: Dreiste Händler drängen Kunden per E-Mail zu positiven Bewertungen
Drittanbieter, die auf dem Amazon Marketplace aktiv sind, unterliegen – zumindest theoretisch – strengen Regeln. Sie müssen beispielsweise die gesamte Kommunikation mit den Kunden über das System des Onlinehändlers abwickeln, eine direkte Kontaktaufnahme per E-Mail ist verboten. Darüber hinaus untersagt Amazon es den Marktplatz-Händlern, die Käufer ihrer Waren zu positiven Bewertungen zu drängen oder ihnen für die Änderung von negativen Kritiken eine Belohnung in Aussicht zu stellen.
Viele gefälschte Fünf-Sterne-BewertungenIn den vergangenen Jahren zeigte sich jedoch, dass etliche Marketplace-Händler die Bestimmungen ignorieren. Die Folge waren und sind unter anderem viele gefälschte Fünf-Sterne-Bewertungen, in deren Masse die negativen Kommentare zu vielen Artikeln förmlich untergehen. Erst jüngst verbannte Amazon aus diesem Grund etliche Anbieter von seiner Plattform, darunter die bekannten Zubehörhersteller Mpow, Aukey und Ravpower. Erkenntnissen des Onlinekaufhauses zufolge hatten sie sich des Rezensionsbetrugs schuldig gemacht. Zudem löscht Amazon nach eigenen Angaben rund 200 Millionen falsche Bewertungen pro Jahr. Das
Wall Street Journal berichtet jetzt von einem Fall, in dem eine Kundin mit besonders dreisten Mitteln zur Rücknahme einer negativen Bewertung gedrängt wurde.
Sprühflasche funktioniert wie eine WasserpistoleKatherine Scott hatte bei einem Marketplace-Händler mit dem Namen Auxtun eine Sprühflasche für Speiseöl erworben. Allerdings funktionierte das lediglich zehn US-Dollar teure Küchengerät nicht richtig: Statt einen feinen Nebel zu erzeugen, produzierte es einen Strahl. In ihrer negativen Bewertung schrieb die Kundin, das Ergebnis erinnere an eine Wasserpistole. Eine Woche später erhielt Scott eine E-Mail des Händlers, in welcher dieser ihr eine Erstattung des Kaufpreises in Aussicht stellte, wenn sie ihre Kritik auf Amazon lösche. Das Besondere dabei: Die Nachricht erhielt sie vom Anbieter direkt, ohne dass wie vorgeschrieben Amazons Kommunikationssystem genutzt wurde.
Erstattung des doppelten Kaufpreises angebotenAn die E-Mail-Adresse der Kundin war Auxtun vermutlich gelangt, weil Scott diese für ein vermeintliches Gewinnspiel zusammen mit der Bestellnummer eingegeben hatte. Die Aufforderung zur Teilnahme fand sich offenbar auf einem Kärtchen, welches der Sprühflasche beigelegt war. Dieses Vorgehen ist Amazon zufolge ein Verstoß gegen die Richtlinien für Marketplace-Händler. Nachdem Scott die Löschung ihrer negativen Bewertung abgelehnt hatte, erhielt sie weitere E-Mails. Darin wurde ihr sogar eine Zahlung in Höhe von 20 US-Dollar angeboten, also das Doppelte des Kaufpreises.
Vorgang stellt keinen Einzelfall darLaut der WSJ-Journalistin Nicole Nguyen stellt das Erlebnis von Katherine Scott keinen Einzelfall dar. Immer wieder gelinge es Marketplace-Händlern, auf die eine oder andere Art und Weise an die E-Mail-Adressen von Amazon-Kunden zu gelangen. Amazon selbst gibt diese nach eigenen Angaben niemals weiter. Zuweilen schreiben die Kunden Informationen zur Kontaktaufnahme sogar in ihre Bewertungen, wovon naturgemäß dringend abzuraten ist. Etliche Anbieter bitten zudem in ihren Reaktionen auf negative Kritiken darum, nähere Angaben direkt per E-Mail zu übermitteln. Darauf sollte man in aller Regel nicht eingehen. Amazon hat den Anbieter Auxtun kurze Zeit nach dem Bericht des Wall Street Journal vom Marketplace verbannt.