Amazon wird 30 Jahre alt – vom Buchhändler zum Hoster
Im Juli 1994 wagte sich ein neues Unternehmen auf die damals noch ganz jungen Gewässer des World Wide Web. "Cadabra", so der Name, sollte später zu einem der wertvollsten Unternehmen weltweit werden und neu definieren, wie hunderte Millionen Menschen sich Waren an die Haustür liefern lassen. Cadabra machte jedoch nicht nur gedruckte Kataloge überflüssig, sondern gestaltete Nutzern den Online-Einkauf so einfach, dass auch ein beträchtlicher Teil des Einzelhandelsumsatzes auf die Online-Plattform entfiel. Heute gilt das Unternehmen als Vollsortimenter – vom ursprünglichen Geschäftsfeld als Buchhändler über Textilien und Streaming-Angebote gibt es fast jede erdenkliche Warengruppe zu erwerben.
Neue Namen braucht das UnternehmenBei der Bezeichnung "Cadabra" blieb es allerdings nicht lange, denn Jeff Bezos störte die phonetische Ähnlichkeit zu "Cadaver" – und diese Assoziation passte nun einmal gar nicht zu einem aufstrebenden Unternehmen. Für kurze Zeit war auch Relentless.com als Name im Gespräch, die Entscheidung fiel dann aber auf den größten Fluss der Welt und "Amazon" war geboren. In den Anfangsjahren galt es allerdings als fraglich, ob das Geschäftskonzept überhaupt funktionieren könne. Trotz des beständigen Kundenwachstums schrieb Amazon hohe Verluste – und vermutlich wäre dies bei reinem Buchvertrieb auch so geblieben.
Lang ist es her... Sortiment-Ausbau mit Streaming...Mit immer neuen Artikeln im Sortiment konnte Amazon jedoch die Attraktivität des Shopping-Portals steigern und angesichts hochoptimierter Logistikketten immer effizienter an die Kunden bringen. Der größte Aufschwung des Unternehmens kam nach 2015, denn Amazon katapultierte sich plötzlich als Börsenliebling nach oben. Dafür verantwortlich war unter anderem die Prime-Strategie, ein
Jahres- oder Monats-Abo mit unzähligen Zusatzleistungen wie kostenloser Versand oder Zugriff auf die Streaming-Angebote, welche Amazon seitdem stark forcierte.
1998 kam Musik hinzu ...und vor allem HostingZudem hatte sich Amazon den Status als einer der wichtigsten Cloud-Anbieter erarbeitet, kaum ein großes Online-Unternehmen kommt an AWS-Lösungen vorbei. Ein weiterer Erfolgsmoment für Amazon: Die Coronazeit war zunächst mit Rekordgewinnen einhergegangen, denn angesichts vieler geschlossener Geschäfte profitierten Versandhändler natürlich stark. Hatte Amazon im vierten Quartal 2019 noch 3,2 Milliarden Dollar Gewinn gemacht, waren es im vierten Quartal 2020 plötzlich 14,3 Milliarden.
1999: Das Sortiment wächst rasch weiter Dennoch ist aus einem Buchhändler, der auch weitere Produkte und Internetdienstleistungen anbot, inzwischen einer der weltweit wichtigsten Hoster geworden – der nebenbei noch Waren verkauft. Der Großteil der Umsätze kommt aus dem Online Store, doch die Gewinne werden mit AWS und Co. geschrieben. Im Sommer 2022 konnte sogar nur das gute Abschneiden der Hosting-Sparte den milliardenschweren Verlust des Versandhandels ausgleichen.
Im Visier von KartellbehördenAmazon gehört, so wie Apple, zu den intensiv von Kartell- und Wettbewerbsbehörden beäugten Anbietern. Zu den Vorwürfen hinsichtlich Ausnutzens einer marktbeherrschenden Stellung zählen Benachteiligung von Drittanbietern auf der Plattform, Erschwerung des Marktzugangs von Konkurrenten, Kopieren erfolgreicher Produkte mit Eigenmarken, irreführende Preisangaben und Produktbewertungen, Dumpingpreise zum Ausschalten kleinerer Anbieter sowie teils unzulässige Garantiebedingungen.