App-Store-Monopol: Apple könnte vor höchstem US-Gericht für Präzedenzfall sorgen
Appe trägt heute Argumente vor dem höchsten US-Gericht vor, um eine Kartellklage gegen den Konzern zu verhindern. Der Fall hat das Zeug zum Präzedenzfall, denn die verhandelten Grundlagen betreffen alle Technologie-Plattformen,
berichtet Reuters. Daher sind Verbraucherschützer alarmiert und viele Seiten beobachten das Verfahren genau. Dass Apple die Software-Käufe auf der iOS-Plattform monopolisiert, gerät dabei fast zur Nebensache.
Kartellverfahren seit 2011Bereits 2011 legten US-Verbraucher eine Sammelklage gegen den iPhone-Produzenten ein. Darin geht es darum, ob Apple erlaubt sein soll, alle Software-Verkäufe für seine iOS-Plattform über den App Store zu monopolisieren und damit Verbraucher zu zwingen, höhere Preise zu bezahlen. Apps für iPhone & Co. können Nutzer nur über Apples Softwareshop erwerben, dabei streicht der Technologiegigant 30 Prozent Provision ein. Ein Bundesgericht hatte die Klage der iPhone-Käufer zunächst abgewiesen, doch die neunte Kammer des Berufungsgerichts ließ das Verfahren neu aufrollen.
Gericht muss entscheiden, ob App-Nutzer Apple-Kunden sindDer Streit dreht sich momentan um die generelle Zulässigkeit der Klage. Apple argumentierte in der Vergangenheit, die App-Kunden seien keine direkten Käufer, weil die Entwickler die Provision durchreichten. Die Geschäftsbeziehung bestehe also ausschließlich zwischen Apple und den App-Studios. Der Plattformbetreiber agiere nur als Agent zwischen den Studios und den Endverbrauchern. Das Berufungsgericht war anderer Ansicht: Apple sei ein Vertriebspartner und verkaufe die Apps direkt an die Verbraucher.
Argumentationshilfe aus dem Jahre 1977Damit landete der Fall vor dem Supreme Court, vor dem der Konzern heute seine Argumente vortragen darf. Apple stützt sich dabei auf ein Urteil des obersten Gerichtshofs von 1977, welches den Schadensersatz für wettbewerbswidriges Verhalten auf diejenigen begrenzt, die direkt betroffen sind und ihn für Parteien ausschliesst, an die diese Schäden nur weitergegeben wurden. Der Richterspruch sollte ursprünglich komplexe Schadenersatzberechnungen mit multiplen Anspruchsgegnern verhindern. Apple warnt vor einer Fortsetzung des Prozesses: Die E-Commerce-Branche sei zunehmend auf agentenbasierte Vertriebsmodelle angewiesen und eine entsprechende Entscheidung werde Klagewellen gegen Plattformbetreiber wie Amazon und eBay nach sich ziehen. Dass Apples Regulation über den App Store die Verbraucher massiv gegen Malware und betrügerische Apps schützt, spielt in diesem Teil des Verfahrens keine Rolle.
Apple und Trump gegen Generalstaatsanwälte aus 30 StaatenMittlerweile haben sich auf beiden Seiten große Lobbygruppen gebildet. Die US-Handelskammer steht zum Beispiel auf Apples Seite. In einem Brief wendet sie sich an die Richter und argumentiert mit Wachstumseinbußen. Erhöhtes Risiko und Kosten zu erwartender weiterer Verfahren würden im Falle des Stattgebens Innovationen, Handel und Entwickler abschrecken und somit sowohl den Händlern als auch den Verbrauchern schaden. Auch die Regierung von US-Präsident Donald Trump unterstützt Apple in der Sache. Auf der anderen Seite stehen Generalstaatsanwälte von 30 Staaten (u.a. Kalifornien, Florida und New York) und Verbraucherschutzorganisationen. Sie argumentieren, Entwickler gingen aus Angst nicht gegen Apple vor. So könne niemand etwaiges wettbewerbswidrige Verhalten der Plattform in Frage stellen. Das American Antitrust Institute erklärt dem Gericht in einem Brief: Entwickler riskierten nicht, dass Apple im Fall einer Klage deren Apps aus dem Store entferne.
Kernfrage: Dürfen Verbraucher überhaupt klagen?In der Tat basieren große Felder des E-Commerce aus entsprechenden Konstellationen, daher ist die Tragweite des Falls auch so groß. Würde sich Apple mit der eigenen Ansicht durchsetzen, befürchten Kläger und deren Unterstützer, das Gericht schließe damit die Tür für eine Menge Kartellverfahren. Denn das hieße, viele Verbraucher-Klagen unmöglich zu machen. Uber etwa, so Direktor Snadeep Vaheesan vom Open Markets Institute, könne sich dann immer darauf beziehen, der Konzern biete nur Kommunikationsdienste für Mitfahrer an. Damit wäre nur den von Uber wirtschaftlich abhängigen Fahrern möglich, kartellrechtliche Klagen einreichen. Die andere Seite sieht den E-Commerce-Umsatz in Höhe von 452 Milliarden US-Dollar in Gefahr.
Gesetzes-Anpassung an moderne VertriebsformenEgal wie sich das Gericht entscheidet, ganz offensichtlich klafft hier eine Lücke in den entsprechenden Gesetzen, die nun geschlossen werden sollte. Merkwürdig, dass die USA noch keine Gesetzgebung auf den Weg gebracht haben, die den nun schon seit bald Jahrzehnten florierenden elektronischen Handel entsprechend reguliert. In Europa arbeitet die EU-Kommission daran, die großen Plattform-Betreiber einzunorden. Diverse Klagen gegen Google geben einen Vorgeschmack auf die Rechtsmacht der EU-Behörden, während die USA den Suchmaschinenriese im Vergleich eher mit Samthandschuhen anfasst. Im Gegenteil: Die aktuelle Regierung dort hat das Ziel ausgegeben, die Wirtschaft noch stärker zu deregulieren.