Apple-Größen plaudern über 35 Jahre Geschichte am Infinite Loop
Viele Apple-Manager, ob noch aktiv oder schon in anderer Funktion, lässt ein großes Interview zu Wort kommen, das nun in Auszügen bei Wired
erschienen ist. Chronologisch geordnet beschreiben sie unter anderem, wie das iPhone den Campus zu einem Hochsicherheitstrakt machte und viele Details zum täglichen Arbeitsleben. Zeitlich erstrecken sich die Inhalte vom Einzug in die Gebäude am Infinite Loop bis zum Umzug in den Apple Park.
Kleine Häppchen mit viel GehaltAutor Steven Levy beginnt mit dem Einzug in das Apple Hauptquartier am Infinite Loop. Greg "Joz" Joswiak (Seit 1986 Chef des Produkt-Marketings) führt beispielsweise auf, dass die Konferenzräume so schräge Namen wie "Hier" und "Dort" hatten. Scott Forstall (Leiter der Software-Abteilung 1997 - 2012) erzählt die Geschichte des einzigen Besuchers, der sich nicht in dem Gebäude verlaufen habe: Es war ein Blindenhund, der seinen Besitzer in kurzer Zeit von der Toilette und zurück geleitete. Alle beschreiben den Bau als gewöhnlichen Unternehmenssitz, vor allem die Einrichtung sei sehr "klassisch" ausgefallen.
Räume des Müllmanns brauchen einen ExorzistenAnfang der Neunziger Jahre wechselten bei Apple häufig die CEOs. Mike Spindler löste John Scully ab, dann übernahm Gil Amelio. Der sagt über sein Jahr bei Apple: "Ich bekam einen Eimer Müll in die Hand und arbeitete so hart ich konnte, um ihn sauber zu bekommen." Später kommentiert er den anschließenden Deal mit Steve Jobs so: "Ich wusste, dass Steve nie eine Partnerschaft zulassen würde, und dass meine Tage gezählt waren. Aber ich habe getan, was ich für das Unternehmen für richtig hielt." Jobs soll über Amelios edle Büroräume im City Center gesagt haben: "Der Ort braucht einen Exorzisten!" Selbst als iCEO verwendete er sie nicht, sondern bezog ein kleines Büro, das ziemlich zugerümpelt gewesen sein muss.
"Think Different"Jobs markierte seinen Einzug, in dem er einen große Think-Different-Banner am Eingang aufziehen ließ. Ehemalige beschreiben, dass diese Kampagne wichtig für sie ausfiel, weil sie eine Definition darstellte, wer sie eigentlich waren und wie sie dachten. Cheryl Thomas (Direktor für Softwarebetrieb seit 1989) erinnert sich, dass Angestellte bei einem freitäglichen Feierabendbier Poster der Kampagne mitnehmen durften. Leute hätten diese gerahmt und man sehe sie heute noch in den Büros hängen. Später hängte Jobs überdimensionale Produkt-Banner an dieselbe Stelle. Einige Produktmanager bestätigen ihre motivierende Wirkung.
Jobs: Bringt ihnen Kafffee und sagt ihnen, wir lieben sieSchön zu lesen ist Tim Cooks Beschreibung von seinem ersten Arbeitstag. Er musste auf dem Weg in das Gebäude eine Reihe von Demonstranten umkurven, die gegen die Einstellung des Apple Newtons protestierten. Es verunsicherte Cook, aber Jobs erklärte ihm, er müsse sich keine Sorgen darüber machen. Als Schiller Jobs auf die Demonstration anspricht, schlägt Jobs vor, den Protestierenden Kaffee und Doughnuts zu bringen, und ihnen zu sagen, dass "wir sie lieben, es uns leid tut und wir sie unterstützen." Tony Fadell, der "Erfinder des iPods", beschreibt den Campus 2001 aber auch als tristen Ort: "Da waren diese leere Büros, überall, in jedem Gebäude. Die Einrichtung war seit der Einweihung nicht erneuert worden."
Die geheime Kammer der neuen ProdukteSehr gegensätzlich dazu fiel das "Industrial Design Studio" aus – ein Ort, der eine andere Aura ausstrahlte. Fadell erzählt: "Alles andere auf dem Campus war absoluter, absoluter Unternehmensstandard und dann ging man in diesen ID-Raum und es war eine vollkommen andere Welt. Es war, als ob man ein Raumschiff betreten hatte." Avie Tevanian (Entwicklungsleiter für Software, 1997-2004) begeisterte sich für die ersten 3D-Druckern zur Herstellung von Prototypen, die er dort vorfand.
Viele kleine Anekdoten und BesucheDer Text enthält viele kleine Anekdoten. Zum Beispiel beschreibt Phil Schiller ein kleines Feierabend-Ritual: Der allfreitagliche Scotch. Den nahm er mit Jon Rubinstein (Chef der Hardware-Entwicklung bis 1997-2006) und einigen anderen Führungskräften zu sich. Dazu wurden Papp-Becher verwendet, die zugleich eine besondere Symbolik enthielten. Schiller: "Einen Dixie-Becher mit deinem Namen in Jons Schublade bei der Hardware-Gruppe zu haben, war wichtig. Das hieß: Du hast es geschafft." Außerdem berichten die Interviewpartner von prominenten Besuchern wie Sheryl Crow oder Muhammad Ali. Stevie Wonder soll häufiger mal hereingeschaut haben. Etwa gruselig fand Schiller den Besuch eines Botschafters, weil sich daraufhin Scharfschützen auf den Dächern der Apple-Zentrale niederließen.
Mit der iPhone-Entwicklung kommt die große GeheimhaltungÜbereinstimmend berichten die Interviewpartner, dass Apple mit der Arbeit am iPhone den Campus zunehmend abschottete. Joswiak kommentiert: "Du hast dich gefühlt, als ob du ins Fort Knox gehen würdest." Scott Forstall: "Wir haben das iPhone hinter verschlossenen Türen, auf einer verschlossenen Etage in einem abgeriegelten Gebäude getestet. Die Mobilfunkanlage hatte ich im Flurschrank eine Etage tiefer installiert."
Auszug aus dem Campus, Jobs KrankheitDer Artikel thematisiert zum Ende hin Jobs Krankheit und seinen Tod. Siri-Direktor Dag Kittlaus (2008 - 2011) erzählt etwa von regelmäßigen Meetings mit dem Apple-Gründer, durch die man dessen fortwährende Schwächung beobachten konnte. Später ziehen die Manager aus ihren liebgewonnenen Räumen in die neue Apple-Zentrale. Tim Cook erzählt davon, dass man Steves Büro abgeschlossen habe und niemand in den Raum eingezogen sei. Es ständen noch immer Zeichnungen seiner Tochter auf dem Whiteboard. Sein Geist herrsche immer noch in diesem Raum, so Cook. Er besuche Jobs Grab nicht, aber von Zeit zu Zeit sein ehemaliges Büro.