Mit umfangreichen Vorschusslorbeeren kündigte Apple die hauseigenen KI-Bestrebungen auf der WWDC im Juni 2024 an. Über den Sommer hinweg stellte sich heraus, dass es einige Verzögerungen bei der Einführung von „
Apple Intelligence“ geben soll – insbesondere, was KI-gestützte Illustrationen (Image Playground) sowie dynamisch erzeugte Emoji (Genmoji) angeht. Mit dem ersten bedeutenden Update von iOS, iPadOS und macOS kommen immerhin US-amerikanische Nutzer in den Genuss der „Writing Tools“. Deren Konzept: Ein lokales LLM soll geschriebene Worte auf unterschiedlichste Weise verbessern. Am Mac lässt sich dies auch in der EU ausprobieren.
Nachdem man ein Benutzer-Account für
Apple Intelligence passend eingerichtet hat, lässt sich das Vorhandensein der „Writing Tools“ am neuen Symbol in der Apple-eigenen Notizverwaltung erkennen. Da die KI-gestützte Sprachunterstützung bisher nur die englische Sprache beherrscht, haben wir uns auf authentische amerikanische Texte beschränkt: Aktuelle
Pressemitteilungen von Apple USA, die wir in die Notizen-App kopierten. Hat man eine Textpassage markiert, bringt ein Klick auf das Writing-Tools-Symbol das Schwebemenü zum Vorschein. In einigen wenigen Programmen erscheint das Symbol zudem in einer blauen Markierung links von ausgewähltem Text. Alternativ kann man auch das Kontextmenü bemühen und darin „Show Writing Tools“ auswählen.
Die Writing Tools erscheinen neben ausgewählten Textpassagen.
KorrekturlesenDer große Button „Proofread“ dürfte am wenigsten Kontroversen auslösen: Klickt man ihn an, werden Tipp- und Grammatikfehler korrigiert. Die an der Seite angezeigte Schwebepalette verschwindet und wird durch eine schmale, über dem Text schwebende Leiste ersetzt. Sie hilft beim Nachvollziehen der KI-Leistung: Alle Änderungen werden hervorgehoben, dazu erscheint eine Erläuterung – so kann der Nutzer etwas dazulernen sowie gezielt Änderungen zurücknehmen.
"Proofread“ hebt Änderungen hervor und erklärt, warum Writing Tools sie vorgenommen haben. (Quelle Originaltext:
The New Yorker)
UmformulierenDer große „Rewrite“-Button nimmt einige Umformulierungen am Fließtext vor; sie bleiben allerdings subtil und werden nicht weiter erläutert. Die drei Buttons „concise“, „friendly“ sowie „professional“ leisten Ähnliches, wobei sie deutliche stilistische Änderungen vornehmen. „Friendly“ bringt Metaphern in einen Text ein – „boulevardesk“ würde ein Journalist das Resultat vielleicht umschreiben. „Concise“ kürzt, „professional“ verleiht einem Text eine formelle Note. Während die KI arbeitet, laufen regenbogenfarbene Wellen durch die Textpassage, danach weist nur noch die schwebende Leiste auf Veränderungen hin. Man kann sie im Ganzen rückgängig machen oder beibehalten – mehr Hervorhebung, Vergleich oder Interaktion erlauben die Umformulierungswerkzeuge derzeit nicht.
"Rewrite“ formuliert Texte um, entweder stilneutral oder in eine bestimmte Richtung. Was eigenes Werk war und was dazukam, ist nicht im Nachhinein zu erkennen.
Zusammenfassung, Gliederung, TabelleInteressante Funktionen versammeln sich weiter unten im Menü – sie wollen Fließtext umstrukturieren, etwa in eine gegliederte Liste oder in eine Tabelle. Die Aufteilung in eine strukturierte Liste von Kernaspekten funktioniert bereits recht gut; beim Umwandeln in Tabellen schaffen es die Writing Tools zwar, Hardware-Aspekte zweier Rechnermodelle aufzugliedern. Doch gelingt es ihnen nicht, die Ausstattungsmerkmale in einen Zeilentitel zu abstrahieren.
Eine Zusammenfassung in Tabellen gelingt bisher nur ansatzweise.
Fazit: Eindeutig BetaSämtliche Apple-Intelligence-Funktionen will Apple als Vorabversion verstanden wissen – ein deutliches Beta-Siegel prangt am Einstellungsdialog. Besonders zuverlässig agieren „Writing Tools“ in unserem speziell für KI-Experimente angelegten Benutzerkonto nicht. Nach gelegentlichem Wechsel zwischen Nutzerkonten verschwanden die Umformulierungshilfen – ein Neustart räumte diesen Fehler wieder aus. Auch die „Summary“-Funktion, welche im Reader-Modus des Safari-Browsers den Beitragsinhalt ermitteln soll, funktionierte einmalig, meldete danach aber dauerhaft, dass sie nicht zur Verfügung stünde. Eine Frage an das neue Siri, wie man unter macOS eine Bildschirmaufnahme anfertigen könne, interpretierte die Assistenzfunktion als Sorge vor Überwachung.
Gelegentlich verabschiedet sich der Umformulierungsassistent; erst nach einem Neustart steht er wieder zur Verfügung. Siri hat ein neues Gewand, aber interpretiert noch nicht alles richtig.
Wütende Büro-Mail: Writing Tools scheitern am WerbeversprechenMit kurzen Werbeclips, die mögliche Anwendungszwecke der Writing Tools hervorheben, wirbt Apple aktuell bei YouTube. In einem davon helfen Writing Tools einem wütenden Büromitarbeiter beim Zurückerhalt seiner abhanden gekommenen
Nachspeise. Versucht man selbst, den Text aus dem Video per Writing Tools auf Freundlichkeit umzuformulieren, wird man abgewiesen: Die Writing Tools seien nicht für diese Inhalte ausgelegt, meldet eine Dialogbox.
Das war zu grob für Writing Tools: Die wütende Mail aus dem Werbevideo bekommt die KI nicht freundlich gebürstet.