Apple News+: Eddy Cues harte Verhandlungen mit New York Times & Co.
Schon kurz nach der Übernahme von Texture soll Apple das Projekt Apple News+ begonnen haben. Ein aktueller Artikel der Vanity Fair
beschreibt speziell Apples Werben um die Gunst der großen Zeitungen und die gemischten Gefühle der Verlegerschar.
Party oder LeichenschmausSelbst die Medienmacher, die den 50-Prozent-Deal mit Apple eingegangen sind, seien laut Autor Joe Pompeo hin-und hergerissen. Er berichtet von einer Cocktailparty Apples zum Launch der neuen Plattform. Eddy Cue und andere Führungskräfte aus Cupertino arbeiteten sich durch die Menge von Redakteuren und Führungskräften so prominenter Magazine wie GQ, Time, Esquire und The Atlantic und verbreiteten gute Laune. In der Villa in Manhattan sei dennoch der Scherz gefallen, ob dies eine Party oder eine Totenwache sei. Die Branche ist sich – wie oft auch an dieser Stelle diskutiert – bewusst darüber, wieviel Einfluss und Umsatz sie an Apple abgibt.
Kritiker sehen Schritt in die falsche RichtungEinige Fachleute warnten auch schon eindringlich vor der Teilnahme. Josh Constine von TechCrunch konstatierte der Branche „Wahnsinn“, wenn sie mit Apple News+ ins Bett springe. Er befürchtet eine Kannibalisierung von Direktabos und den Verlust der Vielfalt. Kein neuer Abonnent werde mehr bereit sein, einen vernünftigen Beitrag zu zahlen, um gelegentlich Artikel abzurufen und gleichzeitig den Rest des Newsroom zu finanzieren. „Sie werden sich über News+ einfach aussuchen, was sie wollen, und Apple spart ein paar Cent für den Verleger und besitzt dafür alle Daten, Kundenbeziehungen und Befugnisse,“ prophezeit Constine den Wandel des Medienkonsums.
Das harte Werben um die Großen im TeichBesonders für kleine Publikationen ist Apple News+ interessant, sie haben wenig zu verlieren und viel Publizität zu gewinnen. Bei den Leuchtturmmedien sieht das anders aus: New York Times (NYT) und Washington Post haben bereits eine hohe Markenbekanntheit, eine starke Leserbasis und eigene attraktive Bezahlmodelle. Apple soll laut Pompeo schon im Frühjahr 2018 das Werben begonnen haben: Eine der beiden Publikationen wollte der Computer-Hersteller unbedingt für News+ gewinnen. Apples Dienste-Chef Eddy Cue sei in den Büros ein- und ausgegangen und habe sie umworben.
Die meist gelesene Zeitung der WeltCues Werbe-Claim für die Verlagsbosse soll der Satz gewesen sein: „Wir machen dich zur meist gelesenen Zeitung der Welt.“ Apple wollte im Gegenzug den Zugang auf den kompletten Inhalt der Marktführer – und die „üblichen“ 50 Prozent der Einnahmen. Apple soll Zugeständnisse bei den Ausstiegsklauseln und der Exklusivität gemacht haben. Doch die Chefs der „Times“ und der „Post“ winkten ab. Ihre hauseigenen Digital-Abos befinden sich auf Wachstumskurs, sie wollen eigene Abonnenten. Meredith Kopit Levien, COO der NYT sagte etwa, je stärker die Beziehung zum Nutzer ausfalle, desto besser sei deren Erfahrung mit den Verlagsageboten – und das sei gut für's Geschäft. Man sei dabei, die eigene Abonnentenbasis auszubauen, der Beitritt zu Apple News+ ergebe an dieser Stelle keinen Sinn.
Der lachende Dritte: das JournalOhne Washington Post und New York Times konzentrierte sich Apple auf den dritten großen Namen der Branche in den USA: das Wall Street Journal. Quellen sind sich sicher, dass der Deal zwischen Apple und dem Journal vorteilhaft für die Publikation ausgefallen sei. Gerade durch die Absage der anderen großen Namen, habe Herausgeber William Lewis eine gute Verhandlungsposition erhalten. Er bietet zwar den kompletten Inhalt an, dieser ist aber nicht auf den ersten Blick sichtbar, sondern nur über die Suche. Die Artikel stehen nur drei Tage auf der Plattform, dann verschwinden sie wieder von Apple+. Damit hat Lewis ein Modell geschaffen, das die breite Leserbasis von Apple News+ bedient – aber die eigenen Angebote (von 19,49 bis zu 38,99 US-Dollar pro Monat) nicht kannibalisiert. Im Gegenzug stellt Lewis neue Redakteure ein, die für Apples Plattform schreiben sollen. Quellen zufolge zahlt Apple für diese Stellen nichts.