Apple News erreicht 90 Millionen Leser und arbeitet ähnlich einer "echten" Redaktion
Apple News besitzt drei Jahre nach dem Start des Dienstes 90 Millionen regelmäßige Leser. Angesichts der weltweiten Relevanz der von Apple ausgewählten Nachrichten hat sich New-York-Times-Redakteur Jack Nicas auf die Reise nach Cupertino gemacht und in einem
Bericht die Arbeitsweise der Kuratoren festgehalten.
Menschen statt Maschinen2015 baute Apple den Newsroom für das Kuratieren von Meldungen auf. Dazu akquirierte der Technologiekonzern unter anderem Redakteure von "The Times", "The Journal", "New York Times", CNN – alles vernünftig ausgebildete Journalisten. Ihnen steht die ehemalige Chefredakteurin des "New York Magazin" vor, Lauren Kern. Kollege Adam Moss vom New York Magazine beschreibt Nachrichtenauswahl, Geschichtenideen und Arbeitsethik von Kern so: "Du hast im Allgemeinen nicht das ganz Paket, aber sie hat es." Der Arbeitsablauf sieht in etwa so aus: Ein Team in New York schickt eine Vorauswahl in das ehemalige Apple-Hauptquartier am Infinite Loop, Kern und ihre Kollegen besprechen die endgültige Auswahl. Nach der Selektion der Geschichten nach Relevanz schauen sich die Journalisten anschließend die Versionen der Nachrichtenseiten an. Daraufhin wählen sie die geeignetste Veröffentlichung für die Apple News aus.
Auswahl nicht nur nach KlickzahlenDie Auswahl wird anhand eines Beispiel klar: Die Klage einer Studentin gegen die Harvard-University, weil sie Schwarze bei den Studienbewerbungen im Vorteil sieht (US-Universitäten dürfen Schwarze bevorzugen), erhält Unterstützung vom US-Justizministerium. Da viele nationale Nachrichtenseiten die Geschichte bringen, entscheiden sich Kern und ihre Stellvertreterin, es ihnen gleich zu tun. Anschließend wählen sie eine Version der Washington Post aus, weil diese den besten Kontext und die meisten Erklärungen für die Relevanz der Story liefert. Sie wird also entgegen der Algorithmen von Google und Facebook nicht wegen der hohen Aufrufe ausgewählt, sondern wegen ihres journalistischen Gehalts. Die Topstories reichert die Redaktion mit leichteren Features an, ähnlich der Zusammensetzung auf einer Titelseite.
Menschen als Mittel gegen FakenewsNach dem Bekanntwerden von Troll-Angriffen und Hacks im Zuge des amerikanischen Präsidentschaftswahlkampfs 2016, geriet die automatisierte News-Landschaft auseinander. Facebook und Co. mussten sich einige Vorwürfe machen lassen und versprachen verbesserte Algorithmen einzusetzen und Menschen einzustellen. Apple hatte schon vorher diese Maßnahme zum Alleinstellungsmerkmal des Dienstes gemacht. Drei Monate nach dem relativ erfolglosen Launch von Apple News verkündete der Technologieriese, Menschen würden nun die Top-Stories zusammenstellen.
Von der News zum AbonnementApple bietet Verlegern an, in der News-App Abonnenten anzuwerben – zu einer Provision von 30 Prozent im ersten Jahr und 15 Prozent in den Folgejahren. Die streuben sich gegen die Offerte, da das Unternehmen den Verlagen jeglichen Zugriff auf die damit verbundenen Daten verwehrt. Ähnliches gilt für Werbeanzeigen: Der Verkauf sei kompliziert und das Interesse der Werbetreibenden aufgrund fehlender Kundendaten begrenzt, beschweren sich die Verlage. Dennoch nutzen laut Eddy Cue, Leiter der Dienste-Abteilung, fast alle großen Verlage diese Möglichkeit – eventuell, weil sie apple-untypisch die Einnahmen daraus komplett behalten dürfen. Cue bestätigte aber auch, Apple sei nicht besonders gut – oder interessiert – in Werbung.
News-Plattform nach dem Texture-ModellGleichzeitig rumort es hinter verschlossenen Türen, Apple wolle einen eigenen Abo-Dienst anbieten, ähnlich dem Geschäftsmodell von "Texture". Apple hat das Unternehmen gekauft, das Kunden zuvor zum monatlichen Festpreis von 10 US-Dollar auf mehr als 200 Zeitschriften zugreifen ließ. Es ist noch nicht klar, wie Apple das neue Angebot in Apple News integriert oder ob Kunden es zu einem weiteren Abo (etwa Apple Music oder dem neuen Streaming-Dienst) als
"Medien-Flatrate" dazubekommen.