Apple Stores in der Kritik: Warum immer mehr Kunden und Mitarbeiter enttäuscht sind
Apples Abschied von der mehrjährigen Retail-Chefin Angela Ahrendts fiel zwar vergleichsweise herzlich aus, doch nach ihrem endgültigen Weggang mehren sich die kritischen Stimmen über den Zustand der Apple Stores. Bloomberg zufolge herrscht sowohl auf Mitarbeiter- als auch auf Kundenseite einiges an Ärger über bestimmte Bereiche des Retail-Business. Ahrendts habe sich in den Einzelhandelsgeschäften des Unternehmens zu sehr darauf konzentriert, die Markenidentität von Apple zu steigern. Dadurch habe das Einkaufserlebnis gelitten.
20 Minuten, bis die Kreditkarte akzeptiert wirdBloomberg
beginnt den Bericht mit der Einkaufserfahrung von Web Smith, der im Apple Store von Columbus (Ohio) ein MacBook für seine Tochter kaufen wollte. Es dauerte 20 Minuten, bis der zuständige Store-Mitarbeiter den Kauf via Kreditkarte bewältigt hatte. Schon im Januar machte Smith eine negative Erfahrung, als er einen Monitor im Apple Store kaufen wollte und zunächst keinen Mitarbeiter zum Bezahlen fand. Alle von ihm angesprochenen Angestellten waren „nur“ für den Support zuständig – was sich auf den ersten Blick aber nicht erkennen ließ. Dass Smiths Erlebnisse keine Einzelfälle sind, beweisen Bloomberg zufolge die vielen enttäuschten Kommentare von Kunden in sozialen Netzwerken, Verbraucherforen und außerdem Interviews mit Konsumenten. Noch vor einigen Jahren dagegen habe es größtenteils Lob für Apples Store-Ausrichtung gegeben.
Abschaffung der Genius Bar sorgt für VerwirrungAktuelle und frühere Apple-Mitarbeiter, die namentlich nicht genannt sind, nennen gegenüber Bloomberg mehrere Faktoren für das nachlassende Einkaufserlebnis. Apple habe sich unter Ahrendts zu sehr darauf konzentriert, die eigene Markenidentität in den Geschäften hin zu „Premium“ und „Luxus“ zu etablieren – dabei seien die Shopping-Basics zu kurz gekommen. Die Genius Bar etwa wurde größtenteils durch frei im Store herumlaufende Angestellte ersetzt, weil Ahrendts Kundenschlangen um jeden Preis vermeiden wolle. Doch so wurde für Kunden die Unterscheidung zwischen Support- und Verkaufspersonal schwerer.
Auch Mitarbeiter stelle die neue Organisation vor Herausforderungen. Wenn Nutzer technischen Support oder eine bestimmte Reparatur beantragen, müssen sie sich erst an einen Mitarbeiter wenden. Per iPad wird der Support-Wunsch eingetragen und der Kunde muss im Store warten, bis der nächste „Genius“-Angestellte frei ist. Oftmals sei die erste Aufgabe des Genius nicht etwa, sich um das jeweilige Support-Anliegen zu kümmern, sondern den Nutzer im Store überhaupt erst zu finden. Die Kunden warten zwar nicht mehr in Schlangen, aber dafür an unterschiedlichen Stellen im Store. „Im Versuch, das Einkaufen effizienter zu gestalten, machte Apple das Store-Erlebnis für manche Kunden komplizierter als zuvor“, so ein Mitarbeiter.
Zudem ließ die allgemeine Qualifikation des Store-Personals im Zuge der großen Expansion innerhalb der letzten 18 Jahre deutlich nach. Quantität ging zu oft vor Qualität, so Bloomberg.
Shopping und Support wieder stärker im MittelpunktAhrendts Nachfolgerin Deirdre O'Brien kümmere sich aktuell intensiv darum, manche Entscheidungen ihrer Vorgängerin zu revidieren und sich stärker an der ursprünglichen Store-Ausrichtung zu orientieren – auch auf die Gefahr hin, dass die von Ahrendts ins Leben gerufene Idee von Apple Stores als Orte des sozialen Zusammenkommens nicht mehr in der vorherigen Konsequenz weiterverfolgt werde. Die Ladengeschäfte sollen in Zukunft wieder stärker voneinander getrennte Bereiche bekommen, darunter auch einer für Services wie Apple Music und Apple TV+. Manche Angestellten können sich sogar eine Rückkehr der Genius Bar vorstellen.