Apple TV+ nach einem Jahr: Hochkarätige Highlights, aber auch viel Schatten
Apple TV+ feiert Geburtstag. Am 1. November 2019 hat das Unternehmen aus Cupertino den hauseigenen Streamingdienst für Filme und Serien erstmals verfügbar gemacht. Das Fazit nach dem Debütjahr dürfte bei Apple zwiespältig ausfallen. Zwar erhöhte Apple das Content-Angebot stetig und erhielt zudem einige Auszeichnungen für Serien wie „The Morning Show“ – doch die Nutzerkritik an dem nach wie vor vergleichsweise überschaubaren Inhalt und der UI ebbt auch ein Jahr nach dem Marktstart des Dienstes nicht ab.
Positiv: Hohe Content-Qualität und AuszeichnungenZuerst das Positive: TV+ bietet zwar wesentlich weniger Inhalte als Konkurrenzdienste wie Netflix oder Amazon Prime Video, doch die Qualitätsdichte ist vergleichsweise hoch. Abgesehen von persönlichen Geschmäckern erreichen viele der via TV+ verfügbaren Filme und Serien bei
Rotten Tomatoes einen Bewertungsscore von über 70 Prozent, diverse Titel sogar 80 Prozent und mehr. Die Website sammelt Bewertungen professioneller Rezensenten und bildet daraus einen in Prozentpunkten abgebildeten Meta-Score.
Hinzu kommen diverse Emmy-Nominierungen. Kein anderer Streamingdienst erreichte im ersten Jahr Emmy-Preisnominierungen in 18 unterschiedlichen Kategorien. Zu den Nominierten zählten unter anderem „Central Park“, „Beastie Boys Story“, „Defending Jacob“, „Home“, „The Elephant Queen“ und „The Morning Show“. Für die letztgenannte Serie erhielt Apple einen Emmy. Billy Crudup bekam den Preis als bester Nebendarsteller in einer Dramaserie.
Apple begann zudem im Frühsommer mit einer neuen Strategie, die hochkarätige Leinwandproduktionen bei TV+ vorsieht. Das eigentlich für eine große Kinoveröffentlichung vorgesehene Weltkriegsdrama „Greyhound“ machte den Anfang. Apple zeigte sich seinerzeit sehr zufrieden mit den Zugriffszahlen bei „Greyhound“. Ähnliche Inhalte sollen folgen.
Negativ: Viele Gratis-Nutzer, wenig Content, konfuse UITrotz einiger Achtungserfolge gelang TV+ bis heute nicht der von Apple erhoffte Durchbruch. Das Unternehmen veröffentlicht immer noch keine absoluten Nutzerzahlen, was als Hinweis auf eine hinter den Erwartungen zurückgebliebene Marktpräsenz gelten kann. Zudem ist TV+
laut Branchenexperte Michael Nathanso der einzige der großen Streamingdienste für Filme und Serien, dessen Mehrzahl an Kunden über kostenlose Promotion-Aktionen auf den Service zugreifen. Jüngsten Umfragen zufolge planen 29 Prozent der Anwender zudem nicht, ihre Mitgliedschaft nach dem Gratis-Testzeitraum in eine kostenpflichtige umzuwandeln. Hinzu kommt Apples aktuelle Verlängerung der einjährigen kostenlosen Testphase um einige Monate. Das Unternehmen würde dies sicher nicht tun, wenn der Dienst wirtschaftlich blendend liefe.
Der bislang ausgebliebene Markterfolg hängt Umfragen zufolge insbesondere mit dem vergleichsweise geringen Content-Angebot zusammen. Während Netflix-Kunden beispielsweise auf eine vierstellige Anzahl an Eigenproduktionen und Drittanbieter-Inhalte zugreifen können, sind es bei TV+ gerade einmal mehrere Dutzend eigenproduzierte Serien und einige Filme. Auch wenn Apple das Angebot stetig erhöht (was durch die Corona-Pandemie eingebremst wird), bleibt das Gefälle zu den Platzhirschen auf absehbare Zukunft immens. Selbst die geringere Abogebühr hilft dadurch nur bedingt.
Nutzer kritisieren außerdem die Benutzeroberfläche des Services. Im Vergleich zur Konkurrenz sei die Navigation und die visuelle Darstellung des Portfolios alles andere als benutzerfreundlich, so diverse Anwender. In einer Umfrage etwa landete TV+ in der Kategorie „Eine bestimmte Serie finden“ auf dem letzten Platz – und das trotz des überschaubaren Contents. Es bleibt abzuwarten, ob TV+ den Abstand zur Konkurrenz im zweiten Jahr verkürzen kann.