Apple Tax: Warum Phil Schiller bei Steve Jobs eine Senkung der Provision anregte
Die gerichtliche Auseinandersetzung zwischen Epic und Apple hat Fahrt aufgenommen, die ersten Vernehmungen sind über die Bühne gegangen. Zudem liegen dem Gericht zahlreiche Aktenordner mit Dokumenten vor. Dadurch erhält die weltweite Öffentlichkeit so manchen detaillierten Einblick in Zahlen, Abläufe und Entscheidungsprozesse der beiden Unternehmen. Besonders interessant sind dabei natürlich E-Mails, welche in Apples Vorstandetage zirkulierten.
Phil Schiller brachte Senkung ins GesprächEin solches in den Gerichtsakten enthaltenes Schriftstück zeigt, dass die Höhe der "Apple Tax" in Cupertino zumindest einmal für kurze Zeit diskutiert wurde. Marketingchef Phil Schiller, der als Senior Vice President bis 2020 unter anderem für den iOS App Store zuständig war, brachte eine Senkung der Provision ins Gespräch. In einer E-Mail an CEO Steve Jobs und den für Dienste zuständigen Manager Eddy Cue schlug er im Juli 2011 eine Überprüfung vor. Der heutige Apple Fellow hegte offenbar Zweifel, dass der iPhone-Konzern die Verteilung im Verhältnis von 70 Prozent für die Entwickler und 30 Prozent für Apple auf Dauer beibehalten könne.
Anpassung des Geschäftsmodells war denkbar"Eines Tages könnten wir von einer anderen Plattform oder durch internetbasierte Lösungen herausgefordert werden", schrieb Schiller in seiner E-Mail. Sollte das geschehen, müsse man das bisherige Geschäftsmodell anpassen, so der Manager. Die dadurch möglicherweise erforderlich werdende Veränderung der Gebührenstruktur sollte dann aus einer Position der Stärke heraus erfolgen, schlug er Jobs und Cue vor. Wenn der jährliche Gewinn aus den Provisionserlösen des iOS App Stores den Wert von einer Milliarde US-Dollar erreiche, könne Apple eine Senkung der Gebühr auf 25 oder sogar 20 Prozent ins Auge fassen. Schiller war sich bewusst, dass seine Gedanken in Apples Chefetage eine kontroverse Diskussion auslösen könnten. Die damaligen Reaktionen von Steve Jobs und Eddy Cue wurden bislang nicht veröffentlicht.
Schillers Vorschlag blieb ohne FolgenDie 2011 zumindest für kurze Zeit im Raum stehende Provisionssenkung für den iOS App Store wurde bekanntlich nicht umgesetzt. Apple hält bis heute am Grundprinzip der 30-prozentigen Abgabe für Entwickler fest. Allerdings nahm der iPhone-Konzern in den vergangenen Jahren einige Anpassungen vor. Die "Apple Tax" für Abonnements wurde bereits 2016 ab dem zweiten Jahr auf 15 Prozent reduziert, der gleiche Satz gilt seit Ende 2020 für App-Entwickler, deren Umsatz im iOS App Store sich jährlich auf weniger als eine Million US-Dollar beläuft. Apple bestreitet, dass sich aus Phil Schillers E-Mail Rückschlüsse auf die tatsächlichen Umsätze im digitalen Softwareladen ziehen lassen. Die Höhe der Provision stehe zudem nicht im direkten Verhältnis zu den Gewinnen, welche das Unternehmen mit dem Service erzielt.