Apple ermöglicht Windows-Spiele auf dem Mac: Viele bekannte Titel (Elden Ring, Hogwarts Legacy, Spiderman etc.) laufen bereits
Der Mac war lange Zeit für Spielehersteller vollkommen uninteressant. Macs mit Intel-Chips sind in den allermeisten Fällen nicht mit einer dedizierten Grafikkarte ausgestattet, sondern nutzten Intels integrierte Grafiklogik. Diese arbeitet zwar hinreichend effizient und genügt zur Darstellung der Benutzeroberfläche meist vollständig, doch für Spiele fehlt einfach die Performance. Dies änderte sich jedoch mit der Vorstellung der Macs mit M-Chips: Hier bringt selbst ein Einsteigermodell ausreichend Grafikleistung mit, um viele aktuelle Spiele auszuführen. Resident Evil:Village läuft zum Beispiel mit beeindruckender Grafik auf einem MacBook Air mit M2-Chip.
Doch Apple steckt in einem Dilemma: Kaum ein Spieleentwickler ist an der Portierung von aufwendigeren Games auf den Mac interessiert. Spiele auf dem PC nutzen meist DirectX oder Vulcan zur Darstellung von 3D-Grafiken – und diese Frameworks stehen auf dem Mac nicht bereit. Apple bietet hier zwar eine ähnliche, aber nichtsdestotrotz unterschiedliche Schnittstelle namens Metal an, um Grafikkarten zu steuern. Auf der gerade laufenden Worldwide Developers Conference kündigte Apple nun eine neue Sammlung von Werkzeugen an, um Spiele einfacher zu portieren.
Game Porting ToolkitMit dem neuen Game Porting Toolkit will Apple Entwicklern unter die Arme greifen und diese bei vielen Schritten der Portierung von Windows auf den Mac unterstützen. Gleich der erste Schritt ist der interessanteste: Apple liefert eine Laufzeitumgebung mit, um DirectX-12-Spiele mit Intel-Programmcode direkt auf M-Macs auszuführen. Rosetta 2 übersetzt die Intel-CPU-Befehle und für DirectX-Grafikkommandos hat Apple viel Arbeit investiert – doch hierzu später mehr. Sogar Tastatur- und Controller-Eingaben über "Microsoft DirectInput" wandelt der Emulator automatisch zu den entsprechenden Apple-Funktionalitäten um. So kann ein Entwickler ein vorhandenes Spiel starten und ausprobieren, ob es ganz grundsätzlich lauffähig wäre.
Apple betont im dazugehörigen WWDC-Session-Video mehrfach, dass dies nur einen ersten Eindruck des Spieles auf dem Mac vermitteln soll. Das Ziel des Entwicklers sollte sein, das Spiel komplett auf macOS wie auch auf Metal zu portieren – und der Game Porting Toolkit hilft hier bei diversen Schritten, wie zum Beispiel das Umwandeln von HLSL- zu Metal-Shadern.
Emulator mit hoher KompatibilitätIn der Nacht veröffentlichte Apple nun das Game Porting Toolkit zum Download und die Mac-Gemeinde probierte direkt viele Spiele aus – mit großem Erfolg. Viele Games laufen im Apple-eigenen Emulator völlig ohne Anpassungen mit akzeptablen Bildraten. So erreichten es Nutzer, Sonys
Spiderman auf einem M2 Max mit durchschnittlich 30 Bildern pro Sekunde auszuführen. Elden Ring soll spielbar auf einem M1 Pro laufen, genau wie
Hogwarts Legacy.
Cyberpunk 2077 testete ein Nutzer auf einem M1 ohne Namenszusatz in Ultra-Grafikeinstellungen – und erhielt hier natürlich schlechte Bildraten von rund 5 bis 10 Bildern pro Sekunde. Das bekannte Rollenspiel "The Witcher 3" soll mit 30 bis 50 Bildern pro Sekunde auf einem M1 Pro laufen.
Die TechnikWie bereits beschrieben verwendet Apple das eigene Rosetta 2 zur Übersetzung der Intel-Befehle in ARM-Kommandos. Zur Umwandlung von Windows-Befehlen kommt das Open-Source-Projekt "Wine" zum Einsatz, welche große Teile des Windows-APIs nachbildet. Doch es findet sich eine große Überraschung im Game Porting Toolkit: Apple hat wohl selbst ein Framework geschrieben, welches Kommandos an die DirectX-Grafikkomponente "Direct 3D" in Metal übersetzt – und wohl mit Erfolg: Die ersten Tests zeigen eine hohe Kompatibilität mit vorhandenen, unveränderten Spielen. Eine solche Übersetzungsschicht ist für Entwickler eine schwere Aufgabe und natürlich mit Performance-Verlusten verbunden – doch selbst in der ersten Version scheint diese ausgesprochen gute Ergebnisse zu erzielen.
Bald für Endkunden?Was genau Apple mit dem Emulator plant, ist noch komplett unklar. Momentan preist Apple diese als Lösung an, wie Entwickler vorab einen Eindruck eines vorhandenen Spieles auf dem Mac bekommen können, um dann mit der Portierung zu beginnen.
Doch nun wird vielerorts spekuliert, dass Apple einen anderen Weg könnte, wenn zukünftig immer noch kaum Spielehersteller ihre Titel auf den Mac portieren: Es ist möglich, dass der Konzern diese Technologie zukünftig mit macOS ausliefert, um Windows-Spiele unangepasst auszuführen. Denn: Eine solche Bibliothek zur Übersetzung von Direct3D-Befehlen zu Apples Metal ist ein zeitintensives Projekt – und Apple wird kaum so viel Arbeit investieren, nur damit Spielehersteller einen ersten Eindruck ihres Spieles erhalten.
Ein weiterer Weg könnte sein, dass Apple Spieleherstellern das Framework zur Übersetzung von Direct3D-Befehlen zur Verfügung stellt, um dies mit Spielen auszuliefern – denn hier liegt die meiste Arbeit beim Portieren von vorhandenen Spielen. So müssten Spielehersteller zwar weiterhin Anpassungen vornehmen (Anpassungen auf ARM-Code, Integration der macOS-Eingabemethoden usw.) – doch ein Großteil der Arbeit würde entfallen. Der Nachteil wäre, dass es durch die Übersetzung der Grafik-Kommandos zu Performance-Verlusten kommt.