Apple gewährt Zoom Sonderrechte: App darf eigentlich nur für Apple reservierte Funktion nutzen
Alle App-Entwickler sind gleich und verfügen über dieselben Rechte und Pflichten, welche Apple in den Richtlinien für den iOS App Store festgelegt hat. Diese vom iPhone-Konzern in den zurückliegenden Jahren immer wieder vorgetragene Aussage erwies sich in den vergangenen Wochen allerdings in einigen Fällen als nicht ganz zutreffend. Aus Dokumenten, die im Zuge des Zivilprozesses zwischen Epic Games und dem kalifornischen Unternehmen öffentlich wurden, geht nämlich hervor, dass unter anderem Hulu gewisse Sonderrechte genießt. Auch gegenüber Netflix war Apple zu Zugeständnissen bereit.
Zoom hat Zugriff auf eine "private" APIDer App-Entwickler Jeremy Provost fand jetzt
eigenen Angaben zufolge heraus, dass die Videokonferenz-App
Zoom von iPhone-Konzern ebenfalls bevorzugt behandelt wird. Das gleichnamige US-amerikanische Unternehmen darf für die iPad-Version seiner Anwendung eine spezielle API nutzen, welche eigentlich ausschließlich Apples hauseigenen Entwicklern zur Verfügung steht. Das Tool hat nämlich auch dann Zugriff auf die Kamera des Tablets, wenn auf diesem der Split-View-Modus aktiviert ist. Diese Funktion ist für Apples hauseigene App namens FaceTime reserviert, Drittentwickler können daher nicht auf sie zugreifen. Apple dokumentiert das als "privat" deklarierte Feature zudem nicht öffentlich.
Spezielle Befugnis erlaubt Starten der KameraProvost, dessen Unternehmen Think Tap Work einen alternativen Zoom-Client namens
Participant for Zoom anbietet, wollte die Kamera ebenfalls im Split-View-Modus nutzen. Bei seinen Recherchen fand er jedoch keine Hinweise oder Anleitungen, wie sich das Feature in die eigene App einbauen lassen könnte. Er wandte sich daraufhin an Zoom. Zu seiner großen Überraschung gab das Unternehmen bereitwillig Auskunft und teilte ihm auch mit, wie es von Apple die Möglichkeit erhalten hatte, auf die "private" API zuzugreifen: Der iPhone-Konzern hatte ein "Entitlement" für die Nutzung einer Funktion namens MobileRTCMeetingService.muteMyVideo in com.apple.developer.avfoundation.multitasking-camera-access erteilt. Nur Apps, welche mit dieser Befugnis ausgestattet sind, können die Kamera starten, wenn auf dem iPad die Bildschirmteilung aktiv ist. Außer auf Zoom trifft das nach aktuellem Kenntnisstand lediglich auf FaceTime zu.
Ohne Apples "Entitlement" keine FunktionIst in einer App das "Entitlement" für eine sicherheitsrelevante private API nicht hinterlegt, bleibt der Aufruf der Funktion ohne Wirkung. Anders als bei öffentlichen APIs wie etwa für CarPlay, welche ebenfalls eine spezielle Befugnis benötigen, erteilt Apple die Genehmigung bei den für eigene Zwecke reservierten Teilen des Software Development Kit in aller Regel nicht. Weshalb der iPhone-Konzern im Falle von Zoom eine Ausnahme gemacht hat und das Videokonferenz-Tool daher "gleicher" als andere Anwendungen behandelt, ist nicht bekannt. Der Vorgang wurde zwar bislang nicht im Gerichtsverfahren zwischen Epic und Apple thematisiert, er könnte aber Wasser auf die Mühlen des Spieleherstellers sein und diesem als zusätzliches Argument dienen.