Apple vs. Telegram: Chat-Dienst soll Nachrichten weißrussischer Demonstranten löschen – Telegram-CEO reagiert
Apple sieht sich seit einiger Zeit mit immer stärkeren Vorwürfen hinsichtlich des App Store konfrontiert. Behörden in vielen Ländern untersuchen, ob das Unternehmen eine widerrechtliche Monopolpolitik betreibt, um sich auf unlautere Weise Vorteile auf dem Softwaremarkt zu verschaffen. Die zum Teil strikten App-Store-Richtlinien stehen diesbezüglich immer wieder unter Beschuss. Neuer Gegenwind für Apples rigides Store-Vorgehen kommt jetzt von anderer Seite: Das Unternehmen verlangte vom Messenger-Dienst Telegram, bestimmte Nachrichten zu löschen, die im Zuge der politischen Unruhen in Weißrussland in Telegram-Gruppen veröffentlicht wurden. Telegram-CEO Pavel Durov kritisiert Apple dafür scharf.
Demonstrationen in Weißrussland gegen Lukaschenko-RegimeIn Weißrussland formiert sich seit der unter schwerem Manipulationsverdacht stehenden Präsidentschaftswahl im August immer stärkerer Widerstand in der Bevölkerung gegen die als Diktatur empfundene Präsidentschaft Alexander Lukaschenkos. Die Europäische Union kündigte bereits Sanktionen an, sofern Lukaschenko die Wahlen nicht unter demokratischen Bedingungen wiederholen lässt. Mehr und mehr Menschen nehmen an den Massenprotesten gegen das Regime in Minsk und anderen Städten teil. Um sich zu organisieren, nutzen die Demonstranten Chat-Apps wie Telegram.
Apple verlangt Löschung einiger Demonstranten-Messages Apple störte sich im Zuge dessen an den Inhalten von drei Telegram-Chatgruppen, die Kritiker von Lukaschenko zum gegenseitigen Austausch nutzen. Zunächst hieß es, das Unternehmen habe die Schließung der drei Gruppen gefordert. Dem widersprach Apple. Telegram habe lediglich die Aufforderung erhalten, bestimmte Messages in den Gruppen zu löschen, die personenbezogene Informationen offenlegen. Konkret geht es um persönliche Details zu einzelnen weißrussischen Ordnungskräften, die laut Apple zu gezielter Gewalt gegen diese hätten führen können.
Durov kritisiert Apple wegen App-Store-VorgehenDurov hat per
Blogmitteilung auf Apples Vorstoß reagiert. Apple habe tatsächlich nicht gefordert, die drei Gruppen zu schließen. Mit dem Hinweis auf „personenbezogene Informationen“ werde aber genau das unumgänglich, da besagte Gruppen wie @karatelibelarusi und @belarusassholes praktisch nur aus Posts mit ebensolchen Inhalten bestehen. Demonstranten und Regimekritiker tauschen entsprechende Informationen aus, um sich zu organisieren und auf Regimevertreter hinzuweisen, von denen Gefahr ausgeht.
Telegram löschte zuvor bereits entsprechende Posts mit Hinweis, von Apple dazu aufgefordert zu sein. Das Unternehmen aus Cupertino unterband den in der Telegram-App abgebildeten Hinweis schließlich mit dem Argument der „Irrelevanz“ und verlangte von dem Dienst, die Messages zu löschen – ohne Disclaimer-Mitteilung an die Nutzer. Als Facebook einen Hinweis auf die 30-Prozent-Umsatzabgabe an Apple in den hauseigenen Apps platzieren wollte, verhinderte Apple das ebenfalls mit der Begründung „Irrelevanz“. Durov geht unter anderem auch deswegen gemeinsam mit anderen Drittanbietern schon seit längerem gegen Apple wegen des Vorwurfs der Monopolbildung und rigider Plattformkontrolle vor. Eine offizielle Beschwerde bei der Europäischen Kommission wurde im Juli eingereicht.