Apples Kampf gegen einheitliche Ladekabel: Wie das Unternehmen EU-Vorgaben unterhöhlt
EU-Industriekommissar Günther Verheugen verkündete vor 10 Jahren ein Vorhaben, das allen Handybesitzern in der EU zugute kommen sollte: einheitliche Ladekabel und Netzgeräte. Das steigere den Komfort bei der Handynutzung und vermeide zudem Tonnen von Elektroschrott, so Verheugen seinerzeit. Dass es bis heute keine industrieweit einheitlichen Kombinationen aus Kabeln und Ladegeräten gibt, liegt einem Bericht von Netzpolitik.org vor allem an Apple. Mithilfe von Lobbyarbeit in Brüssel sabotiere das Unternehmen aus Cupertino seit einem Jahrzehnt systematisch die Durchsetzung eines einheitlichen Standards, der für alle Handy- und Smartphone-Anbieter gelte.
EU setzt auf Selbstregulierung des MarktesZu den größten Erfolgen von Apple im Kampf gegen verbindliche europäische Normen für Ladegeräte zählt dem Bericht
zufolge die Tatsache, dass auch zehn Jahre nach Verheugens Vorstoß kaum verpflichtende Vorgaben für Hersteller existieren. Stattdessen betont die EU-Kommission immer wieder, möglichst auf die Freiwilligkeit und Selbstregulierung der betroffenen Handy- und Smartphone-Hersteller zu appellieren – bei zu strengen Regeln bestehe die Gefahr, Innovationen zu verhindern.
Nachdem es bei früheren Handys über 30 verschiedene, untereinander inkompatible Ladegeräte auf dem Markt gab, schwenkten zumindest viele Anbieter von Android-Smartphones zu Beginn der 2010er Jahre auf einen einheitlichen Ladestecker um: Micro-USB. Der dazugehörigen gemeinsamen Absichtserklärung schlossen sich zehn Hersteller an, darunter der damalige Markt-Riese Nokia und Samsung.
Obwohl Apple die Erklärung zur Absicht eines Standards für Ladekabel und Netzgeräte ebenfalls unterschrieb, setzte das Unternehmen das Vorhaben nur halbherzig um. Zwar bot Apple Ladeadapter mit dem weitverbreiteten USB-Anschluss an, behielt beim iPhone aber einen proprietären Port bei. Mit der Einführung von Lightning im Jahr 2012 zeigte das Unternehmen unmissverständlich, wie sehr es weiterhin auf eigene Lösungen setzte.
Da die EU-Vorgabe die Verwendung eines eigenen Kabels für Aufladegeräte ermöglicht, bewegt sich Apple rechtlich in sicheren Gefilden. Laut Netzpolitik.org setzte das Unternehmen besagte Ausnahme (eigene Kabel) über Lobby-Druck in Brüssel durch. Apples Verhalten führe bei manchen Abgeordneten und in Teilen der Öffentlichkeit entsprechend zu Irritation, da das Unternehmen das ursprüngliche Versprechen auf mehr Einheitlichkeit selbst unterhöhle.
Apple zeigt sich weiter ablehnendApple begründete die Ablehnung des einheitlichen Anschluss-Standards in den letzten Jahren damit, dass das Unternehmen das iPhone in dem Fall komplett neu designen müsse – was Innovation in anderen Bereichen gefährde. EU-Vertreter zeigen sich Netzpolitik.org zufolge skeptisch: „Unabhängig vom Ladegerät haben alle High-End-Handys und tragbaren Geräte (auch jene Apples) eine vergleichbare Größe und Leistung. Daher werden die angeblichen Risiken und Kosten behinderter Innovation offenkundig vom Markt selbst widerlegt.“
Vielmehr herrsche der Verdacht vor, Apple wolle mit eigenen teuren Kabeln möglichst viel Geld verdienen. Deswegen verzichte das Unternehmen bei iPhones immer noch auf USB-C, obwohl die Schnittstelle leistungsstärker als Lightning sei und sogar schon in Apples eigenem Tablet iPad Pro zum Einsatz komme.