Analyse: Sind Apples neue Magic-Gadgets magisch oder idiotisch? – Fortsetzung 1Magic Keyboard:Kritikpunkt Nummer 1: "Der Preis von 119 Euro ist viel zu hoch."Fakt ist, dass 119 Euro für eine Computertastatur eindeutig im oberen Bereich dessen liegt, was am Tastaturmarkt so angeboten wird. Dazu kommt, dass es sich beim neuen Magic Keyboard rein funktional um eine eher schlicht ausgestattete Tastatur handelt. Trotz Bluetooth der neuesten Generation kann sie nur mit einem Mac gekoppelt werden und nicht wie einige Konkurrenzprodukte schnell zwischen der Verbindung mit unterschiedlichen Computern oder Mobilgeräten umgeschaltet werden. Auch der integrierte Akku das Magic Keyboard steht mit einer angegebenen Ausdauer von ca. 1 Monat pro Ladung im Vergleich mit anderen Tastaturen nicht sehr gut da. Gegenüber dem Vorgängermodell beträgt der Aufpreis rund 35\%.
Dem kann entgegengehalten werden, dass Apples Zubehör-Produkte in der Regel eine deutlich höhere Material- und Verarbeitungsqualität aufweisen. Was auch hier der Fall zu sein scheint. Hinzurechnen muss man außerdem das mitgelieferte Lightning-Kabel, welches einzeln von Apple für 25 Euro angeboten wird. Und natürlich wissen wir alle, dass Apple viel höhere Margen ansetzt, als die Konkurrenz. Last but not least ist der Umrechnungsfaktor Dollar/Euro ein Kriterium (in den USA kostet die Tastatur nur 99 Dollar plus die jeweilige Mehrwertsteuer, die in jedem Fall deutlich unter den 19\% in Deutschland liegt). Ob das ausreicht, um den Preis zu rechtfertigen, kann durchaus bezweifelt werden. Als nachträglicher Kauf (bei den neuen iMacs wird das Magic Keyboard mitgeliefert) ist der geforderte Preis aus meiner Sicht hart an der Grenze des Vertretbaren.
Kritikpunkt Nummer 2: "Keine Tastenbeleuchtung und keine "Extended"-Variante mit Cursor- und Ziffernblock"Zu meinem Erstaunen wünschen sich sehr viele User beleuchtete Tasten. Dabei handelt es sich hier um ein Desktop-Keyboard, welches normalerweise in einer Umgebung mit vernünftiger Arbeitsbeleuchtung eingesetzt werden sollte. Ich persönlich habe eine Tastenbeleuchtung bei der Arbeit im Büro nie vermisst und kann diese Forderung nur bedingt nachvollziehen. Es ist zudem eher anstrengend für die Augen, in schummriger oder komplett dunkler Umgebung zu tippen, in der Bildschirm und beleuchtete Tasten den einzigen harten Kontrast bieten. Doch selbst wenn es berechtigte Gründe dafür gibt, steht dem die Technik entgegen. Der Akku des Magic Keyboard soll (nur) ca. einen Monat durchhalten, bis er nachgeladen werden muss. Mit zusätzlicher Tastenbeleuchtung würde sich dieser Wert nochmals erheblich verringern, sodass die Tastatur – für ein Gerät dieser Art – viel zu oft nachgeladen werden müsste. Es hätte ein deutlich leistungsstärkerer Akku verbaut werden müssen, aber das ist schlicht nicht der Fall.
Mich persönlich trifft eher der grundsätzliche Verzicht auf weitere Tasten zur Cursor-Steuerung und einen Ziffernblock. Es ist mir nicht ganz verständlich, warum Apple für ein überwiegend stationär eingesetztes Keyboard so sehr auf Kompaktheit setzt und dafür auf den Komfort der genannten Zusatztasten verzichtet. Eine vage Vermutung ist, dass Apple den Platz einfach für das Magic Trackpad 2 freihalten und die User nach und nach an dessen Nutzung gewöhnen möchte, ja vielleicht sogar irgendwann damit einmal die Maus komplett ersetzen zu gedenkt. Beim jetzigen Stand der Dinge, wo eine riesige Masse an Usern auf die Maus aber kaum verzichten kann oder will, fehlt einfach die Option eines erweiterten Keyboards.
Kritikpunkt Nummer 3: "Der Akku kann nicht mehr selbst gewechselt werden."Dieses Argument gibt es, seit Apple den Akku fest im iPhone verbaut. In der Praxis hat sich das aber nur selten als relevanter Nachteil erwiesen, weshalb ich das als Nebensächlichkeit ansehen und nicht zu sehr dramatisieren würde.
Kritikpunkt Nummer 4: "Kein USB-C"Diesen Punkt halte ich für noch weniger bedeutsam als den vorherigen. Es spielt schlicht keine Rolle, welche Art von Stecker man zum Aufladen anstöpselt, sofern das passende Kabel mitgeliefert wurde – was hier der Fall ist. Sowohl Lightning als auch USB-C bieten verdrehsichere Stecker, also hat letzteres auch keinen Komfort-Vorteil. Da es sich bei dieser Tastatur nicht explizit um ein Mobildevice handelt, bei dem das Kabel ständig hohen Belastungen ausgesetzt ist, sollte es auch über viele Jahre hinweg funktionieren, womit das Preisargument für eventuellen Kabelersatz kaum zieht. Zumal es auch deutlich günstigere Lightning-Kabel von Drittanbietern gibt. Welchen Vorteil sonst hätte USB-C an einer Tastatur? Ich kann keinen erkennen.
Fazit Magic Keyboard:Die Enttäuschung vieler User über diese neue Tastatur von Apple ist für mich in einigen Punkten nachvollziehbar. Wie man es auch rechnet: der Preis ist verflixt hoch, der Gegenwert aber kaum der Rede Wert – außer vielleicht beim Design, das wirklich sehr schick ist.
Das wäre eigentlich kein allzu großes Problem, wenn es nur vernünftige Alternativen gäbe! Leider gibt es von Drittanbietern immer weniger brauchbare Optionen. So hat beispielsweise Logitech sein wirklich gelungenes und seit Jahren von mir eingesetztes Solar-Keyboard K750 für den Mac eingestellt (gibt es nur noch für Windows). Diese Tastatur bietet (oder bot) OS-X-spezifische Sondertasten, einen Ziffernblock, Cursor-Block und eben Solarzellen. Seit dem Kauf vor über vier Jahren funktioniert die K750 bei mir ohne je mit einem Kabel in Berührung gekommen zu sein – was hier auch gar nicht vorgesehen ist. Einmal im Monat den Akku aufladen? Nicht erforderlich!
Andere Alternativen für den Mac von Logitech werden leider auch immer seltener. Derzeit gibt es offenbar nur noch zwei Tastaturen von Logitech speziell für Mac-User, und zwar die K380 (
Shop) und die K811 (
Shop). Beide stehen in direkter Konkurrenz zu Apples neuem Magic Keyboard, denn sie bieten einen ähnlich kompakten Formfaktor und Bluetooth. Darüber hinaus kann die K380 per Bluetooth mit bis zu drei Geräten gekoppelt werden (auch iOS, was das Apple Magic Keyboard nach derzeitigem Stand kurioserweise nicht kann), bietet wechselbare Akkus vom Typ AAA und soll mit einer Akkuladung bis zu 2 Jahre (!) durchhalten. Bei alledem kostet die K380 derzeit nur knapp über 40 Euro, also ungefähr ein Drittel des Apple-Angebots. Optisch passt die K380 leider nicht besonders gut ins Apple-Universum. Die K811 ist da schon ein wenig eleganter und bietet außerdem eine Tastenbeleuchtung. Dabei liegt auch sie mit unter 70 Euro preislich deutlich unter Apples Angebot.
Auch bei anderen Herstellern finden sicher kaum adäquate Angebote für Mac-User, die eine moderne, gut designte Schnurlostastatur mit erweitertem und/oder beleuchtetem Tastenfeld suchen. Diese Situation könnte Usern wie mir irgendwann zum Verhängnis werden. Ich kann nur hoffen, dass meine K750 noch möglichst lange durchhält, denn ich wüsste derzeit nicht, womit ich sie ersetzen könnte.