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"Apples Sargdeckel schließt sich" – ein CNN-Artikel vor 22 Jahren

Wenn heutzutage über die angeblich so schlechten Verkaufszahlen des iPhones in China berichtet wird, welche ein großes Problem für Apples finanzielle Zukunft darstellen könnten, sollte man sich regelmäßig Apples Zustand vor rund 20 Jahren in Erinnerung rufen. Stellvertretend für Apples damalige Situation war wohl ein CNN-Artikel, in dem es hieß, der Sargdeckel schließe sich für Apple, das Unternehmen sei todgeweiht. Erschienen war jene Analyse im März 1997 – und zu diesem Zeitpunkt musste man sagen: So ziemlich alles sprach dafür, dass die Abhandlung nicht übertrieben negativ gestaltet war. In der Tat musste man Ende 1996 bis Mitte 1997 mit dem Unternehmens-Aus rechnen. Wie schon oft zitiert, stand Apple vor der Zahlungsunfähigkeit und konnte bestenfalls damit rechnen, von einem anderen Hersteller geschluckt zu werden. Die 400 Millionen Dollar schwere NeXT-Übernahme (Ende 1996) galt zu diesem Zeitpunkt noch als gewagtes Spiel.


Ein Drittel der Belegschaft muss gehen
Auslöser des CNN-Artikels war Apples Ankündigung, 4000 Mitarbeiter zu entlassen. Was heute gerade einmal drei Prozent der Belegschaft wäre, stellte damals ein Drittel des Personals dar. Apple müsse möglicherweise ganze Abteilungen schließen, so die Analyse. Anders sei es nicht möglich, noch länger zu überleben und die Erosion des Marktanteils zu stoppen. Genau dies tat Apple übrigens: Als Steve Jobs nach der NeXT-Übernahme zurückkam, wurden zunächst unzählige Projekte und Produkte gestrichen. Dadurch konnte Apple auf einen Schlag die Ausgaben deutlich senken und sich Luft verschaffen. In einem anderen Punkt irrte der Artikel allerdings: Den Newton beerdigte Apple ebenfalls, keinesfalls sollte es sich um das Zukunftsprodukt handeln, welches Apple wieder Aufwind verschaffte. Erst zehn Jahre später wagte sich Apple erneut in den Markt digitaler Assistenten vor – in Form des iPhones.

Der letzte Nagel war tatsächlich nicht eingeschlagen
Auch wenn sich Apples Sargdeckel schließe, der letzte Nagel sei noch nicht eingehämmert – so der Technologieexperte Gene Glazer damals. Er sollte Recht behalten. Tatsächlich gelang es dem neuen Management, Apple schon 1998 wieder in sicherere Gewässer zu führen. Der iMac war das erste wirklich erfolgreiche Produkt seit längerer Zeit – und die von vielen angemahnte Generalsanierung von Strukturen und Investitionen glückte. Wenn also heute "schwache" iPhone-Verkäufe bemängelt werden: Den damaligen Quartalsumsatz schafft Apple heutzutage innerhalb weniger Tage. Dazu tragen nicht nur 11.000 Angestellte, sondern mehr als 130.000 Bedienstete bei.

Kommentare

derloewe
derloewe14.03.19 12:16
Zu dieser Zeit habe ich den Cube gekauft und war glücklich!
+6
sierkb14.03.19 12:19
MTN
Stellvertretend für Apples damalige Situation war wohl ein CNN-Artikel, in dem es hieß, der Sargdeckel schließe sich für Apple, das Unternehmen sei todgeweiht.

So war es ja auch, Steve Jobs höchstselbst gestand es auf offener Bühne in seinem letzten Interview mit Walt Mossberg auf der All Things Digital D8 Conference im Juni 2010 ein – der Super-GAU wurde nicht zuletzt auch abgewendet durch die plötzlich helfende Hand Microsofts und deren rettende Finanzspritze in sprichwörtlich allerletzter Minute:

TNW (02.06.2010): Steve Jobs: Apple Was 90 Days From Going Bankrupt
TNW, All Things D, 1997
Apple CEO Steve Jobs has just walked on stage at the All Things D conference and within a few moments revealed what many thought but weren’t sure of…

Exactly how bad a state was Apple ten years ago when Jobs took over?

In Jobs’ own words:

Steve Jobs: “We were 90 days from going bankrupt.”

From that to surpassing Microsoft as the world’s largest technology company in phenomenal by any standard.

In response to the landmark, Jobs says:

Steve Jobs: “It’s sort of surreal. It’s a little surreal.”

I’m sure. Especially considering Apple might only be around due to a $150M investment by MSFT in 1997… well what can you say.

Und weiter:
Steve Jobs
[…]
"It was much worse than I thought, when I went back initially."

Youtube: Steve Jobs in 2010, at D8 Conference (Full Video)
Steve Jobs last interview with Walt Mossberg and Kara Swisher at the All Things Digital: D8 Conference in 2010. Steve Jobs died a year later in 2011.
(Minute 00:45 ff.)
(Minute 01:28 ff.)
+1
nane
nane14.03.19 12:40
Wir haben uns damals ´99/´00 schnell noch mit (brandneuen) G4 Geräten, Tastaturen (mit Einschaltknopf!), Airports und Powerbooks "PISMO" eingedeckt, weil wir alle den Eindruck hatten dass am Ende sei. Was für ein Glück, dass es anders kam
Das Leben ist ein langer Traum, an dessen Ende kein Wecker klingelt.
+7
Fenvarien
Fenvarien14.03.19 12:49
nane Ihr hattet keine Sorge, was dann mit Garantie, Reparaturen etc. sein könnte?
Up the Villa!
+2
jeti
jeti14.03.19 13:06
nane
Wir haben uns damals ´99/´00 schnell noch mit (brandneuen) G4 Geräten, Tastaturen (mit Einschaltknopf!), Airports und Powerbooks "PISMO" eingedeckt, weil wir alle den Eindruck hatten dass am Ende sei. Was für ein Glück, dass es anders kam

Oh ja, diesen Einschaltknopf hätte ich gerne wieder, genau wie die -Taste.
+8
nane
nane14.03.19 13:08
Fenvarien
Ihr hattet keine Sorge, was dann mit Garantie, Reparaturen etc. sein könnte?
0,0 Die Panik vor Windows war deutlich grösser. Damals waren HW "defekte" oder Softwareprobleme noch nicht so präsent bei Apple wie heute. Damals ging man davon aus, dass "es funktioniert". Alles andere wäre eine echte Überraschung gewesen. Die Nutzerzahlen waren natürlich auch viel kleiner, die SW und HW deutlich weniger komplex, alles natürlich im Verhältnis zu "heute" kein Vergleich.
Das Leben ist ein langer Traum, an dessen Ende kein Wecker klingelt.
+14
Konqi14.03.19 15:35
MTN
... sollte man sich regelmäßig Apples Zustand vor rund 20 Jahren in Erinnerung rufen.

Amen?

Relativierung ist die Zunft der ...
-4
macparc
+3
sffan14.03.19 17:39
derloewe
Zu dieser Zeit habe ich den Cube gekauft und war glücklich!

Schönes Teil, auch wenn kein Gerät für Jedermann..
Wenn ich die Kohle für einen Cube gehabt hätte und diese stattdessen in Aktien investiert.. Hechel..
+1
Moka´s Onkel
Moka´s Onkel14.03.19 20:12
Fenvarien
nane Ihr hattet keine Sorge, was dann mit Garantie, Reparaturen etc. sein könnte?

Nicht jeder muss oder will sich bei einem Kauf von Hardware gegen mögliche Defekte oder Ausfälle absichern. In aller Regel geht es doch gut. Und wenn etwas passieren sollte, trägt man als Käufer, der ja davon ausgeht, dass es die letzten Geräte dieses Herstellers sein könnten, eventuelle Defekte mit Fassung und Haltung.

Die Frage hört sich für mich etwas nach übervorsichtiger Absicherungsmentalität an. Hier galt eben: "No risk, no fun". Insbesondere, wenn die Alternative Windoof gewesen wäre.
+2
Moka´s Onkel
Moka´s Onkel14.03.19 20:18
derloewe
Zu dieser Zeit habe ich den Cube gekauft und war glücklich!

Der Cube kam doch erst ein paar Jahre später.

Ich habe nach dem Kauf von NeXT durch Apple noch etwa 2-3 Jahre meine NeXTStation genutzt und bin dann auf den Cube gewechselt. So richtig eigentlich erst, als das NeXT OS dann Mac OS X wurde. Die Kinder hatten in der Zwischenzeit einen Bondi blu iMac A.

NeXt habe ich von 1992 bis ca. 2000 benutzt. Es hat riesig Spaß gemacht. Einigen Funktionen und Programmen trauere ich immer noch nach. So war der Finder deutlich besser als der vom heutigen mac OS (was eigentlich unerklärlich ist, weil mac OS ja aus NeXT OS entstanden ist) und Lotus Improv ist nach wie vor ein unerreichtes Spreadsheet-Programm.
+2
ERNIE15.03.19 09:14
Unmittelbar nach Erscheinen des ersten iMac in Bondi-Blue wusste ich, womit ich mich (im privaten Umfeld) vom Windows-95/98-Frust befreien kann. Ich kannte MacOS von der Emulation auf dem Amiga und wusste somit, dass es ein solides Betriebssystem ist.

Interessant dabei war, dass mir der kleine Apple-Laden in meiner Nähe sogar vom Kauf abriet, weil es mit Apple wohl bald zu Ende gehen würde. Ich habe trotzdem gekauf und habe es nie bereut. 😉
+2
Pixelmeister15.03.19 17:07
sierkb
der Super-GAU wurde nicht zuletzt auch abgewendet durch die plötzlich helfende Hand Microsofts und deren rettende Finanzspritze in sprichwörtlich allerletzter Minute
Man sollte nicht vergessen, dass Microsofts "heroischer Einsatz" zum einen natürlich auch selbstsüchtige Gründe hatte, zweitens das Geld den geringsten Rettungs-Faktor darstellte und drittens MS die helfende Hand auch nur reichen konnte, weil Apple das gegenüber Microsoft einige Jahre zuvor umgekehrt getan hatte.

zu 1) Microsoft bekam im Gegenzug Zugriff auf den Apple Patent-Pool (laut Presse die Kronjuwelen), sie bekamen stimmrechtslose Apple-Aktien (die sie später gewinnbringend verkauften), Apple ließ die Klagen gegen MS fallen und das wichtigste: Es blieb der einzige Konkurrent übrig, den sie nicht zuvor an die Wand gedrängt hatten, was ihnen eine bessere Position gegenüber den US-Anti-Trust-Wächtern einbrachte, die Microsoft sonst relativ sicher in mehrere Firmen aufgespalten hätten. Das wollte Bill Gates auf jeden Fall vermeiden.

zu 2) Microsofts Geld war quasi ein Tropfen auf den heißen Stein, das hatte Apple in wenigen Tagen "verbrannt". Wichtig war hingegen die Zusage, den Apple Software-Markt nicht zu verlassen und MS Office auch weiterhin anzubieten. Was heute kaum eine Fußnote wert wäre, war damals unglaublich wichtig für den Fortbestand der Plattform. Das wiederum stärkte die Zuversicht bei den Kunden, die dadurch weiterhin Apple-Produkte kauften und nicht absprangen.

zu 3) Schon im Jahr 1976 stand Microsoft vor der Pleite. Commodore (kennt auch nicht mehr jeder) hatte MS BASIC pauschal lizenziert, brauchte es aber dank geschicktem Vertrag erst bei Auslieferung des PET 2001 bezahlen. Weil sich die aber stark verzögerte (weswegen der Apple II 1/2 Jahr vor dem PET auf dem Markt war), und Microsoft zudem in großen Rechtsstreitigkeiten steckte, ging ihnen das Geld aus. Apple lizenzierte MS BASIC auch, sah aber die Wichtigkeit ihres zukünftigen Software-Lieferanten und bezahlte im voraus die Lizenz. So musste Microsoft nicht in die Insolvenz. Vielleicht erinnerte sich Bill Gates sogar an die vorangegangen Rettung durch Apple und hat deswegen im Gegenzug die Unterstützung zugesagt.

Links bringe ich nicht, kann jeder selber googlen – selbst auf Wikipedia kann man das alles nachlesen – in einschlägiger Literatur sowieso.
+5
ilig
ilig15.03.19 19:21
Pixelmeister
Sehr gut beschrieben. Ich habe 1984 am Apple-Lisa gearbeitet und kenne Apples Geschichte seit dem. Daher kenne ich Apples Geschichte – auch die Aufs und Abs. Aber manche hier wollen das von Dir präzise Beschriebene nicht wissen.
+1
sierkb15.03.19 21:26
Pixelmeister:

Trotz allem war es so, da nutzt auch Dein wortreicher Hinweis auf Microsoft nix und dass die das natürlich aus Eigennutz gemacht hatten, um sich mit Apple ihren Hauptkonkurrenten zu erhalten, um im gegen sie stattfindenden Kartellrechtsprozess besser dazustehen. Apple stand kurz vor der Pleite (90 Tage davor, wie Steve Jobs später selbst ja eingeräumt hat), und wie eng und schlimm es war, zeigen Steve Jobs' Worte und Mimik sehr deutlich. Zumal dieser Deal so überhaupt nicht gut ankam bei den Apple Usern und im Publikum – die Präsentation dieses Deals mit Microsoft inklusive Live-Zuschaltung von Bill Gates auf der Macworld Boston 1997 ist legendär:

Youtube: Macworld Boston 1997 – The Microsoft Deal
Here we see Steve Jobs & the almost bankrupt at the time Apple Computer making a temporary deal with Bill Gates & Microsoft. The crowd was not too happy about it.

Man beachte die alles andere als begeisterte Reaktion des Publikums (Raunen, Unruhe, Pfiffe, Buh-Rufe, überhaupt nicht amused über diesen Deal mit Microsoft) bzgl. dieses Deals und bei dessen Verkündung durch Steve Jobs, und als Steve Jobs dann auch noch per Video-Schalte Bill Gates zu dem gemeinsamen Deal reden ließ, war es ganz aus mit der Ruhe. Das Publikum wusste zu dem Zeitpunkt sicher nicht, wie schlimm es um Apple da wohl tatsächlich stand und dass dieser von Steve Jobs sicher nicht gerne gemachte und nur unter Zähneknirschen gemachte Deal im Grunde Apple rettete bzw. Apples Überleben sicherte. Entsprechend happy sieht Bill Gates da auch aus, und entsprechend zerknirscht Steve Jobs – muss sich ausgerechnet von seinem damalig ärgsten Konkurrenten und Hassperson und Todfeind Nummer Eins in der gesamten Computer-Welt (in der Apple Welt sowieso, damals standen Apple-Nutzer und Linux-Nutzer noch gemeinsam Seit' an Seit vereint gegen Microsoft und Bill Gates, hatten einen gemeinsamen Gegner) da aus der Patsche helfen lassen bzw. man half sich gegenseitig aus der Patsche und begrub damit das Kriegsbeil miteinander.

Sicher hatten beide was von diesem Deal. Aber Apple sicherte er das Überleben, um Microsoft stand es da nicht so schlimm, sie waren in der komfortablen Lage, Apple die Hand reichen zu können per Finanzspritze und Software-Unterstützung für die Mac-Plattform, was diesen Punkt angeht.
-2

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