Apples "Tiger Teams" im Einsatz – auf der Suche nach Neuaufstellung vieler Abläufe
„Don’t put all your eggs in one basket” – oder auf Deutsch: “Setz nicht alles auf eine Karte!“ Diesen Grundsatz hat man in Cupertino lange Zeit ein wenig vernachlässigt, was die Fertigung von hauseigenen Produkten betrifft. Der überwiegende Teil von Apples Geräten entsteht nämlich seit vielen Jahren in China, von dort stammen auch zahlreiche Komponenten. Während der Corona-Pandemie führte das zu erheblichen Problemen, in einigen Werken standen die Bänder zeitweise still, hinzu kamen Logistikprobleme. Die Folge waren ungewöhnlich lange Lieferzeiten, etwa bei iPhones, und damit einhergehende Umsatzeinbußen für Apple. In Cupertino erinnerte man sich daher offenbar an das eingangs zitierte Sprichwort und leitete einen Kurswechsel ein, um die Abhängigkeit von China mittel- bis langfristig deutlich zu reduzieren.
„Tiger Teams“ nehmen alle Komponenten unter die LupeDie angestrebte Diversifizierung stellt allerdings alles andere als eine leichte Aufgabe dar und lässt sich nicht mal eben nebenbei erledigen. Mittlerweile sind bei Apple deshalb laut einem Bericht von
Bloomberg mehrere hundert Mitarbeiter damit beschäftigt, sämtliche Lieferketten unter die Lupe zu nehmen. Die von der Nachrichtenagentur als „Tiger Teams“ bezeichneten Arbeitsgruppen lassen dabei angeblich keine noch so kleine Komponenten außer Acht. Was auch immer in Mac, iPhone, iPad, Apple Watch und anderen Geräten aus Cupertino verbaut wird, kommt auf den Prüfstand – bis hin zu Schrauben und winzigen Kunststoffteilen. Die Bedeutung der Maßnahmen wird zudem dadurch deutlich, dass Apple-Chef Tim Cook anscheinend direkt involviert ist.
Zusätzliche Zulieferer als „Backups“Apple verfolge mit der groß angelegten Operation das Ziel, für alle Bauteile zusätzliche Zulieferer zu finden, heißt es bei Bloomberg. Diese sollen das Unternehmen nicht nur unabhängiger vom Reich der Mitte machen, sondern auch eine Art von „Backup“ darstellen und so mögliche Ausfälle kompensieren. Die „Tiger Teams“ inspizieren zu diesem Zweck seit einiger Zeit verschiedene Fabriken sowohl in China als auch in etlichen anderen Ländern. Greifen sollen diese Maßnahmen, zu denen auch eine teilweise Verlagerung der Endfertigung zählt, schon für im kommenden Jahr erscheinende Geräte aus Cupertino.
Apple befürchtet chinesische VergeltungsmaßnahmenAls „Tiger Teams“ bezeichnet man in den USA schlagkräftige interdisziplinäre Arbeitsgruppen, die ein Problem energisch angehen und schnell lösen. Wie das im Falle von Apples Bemühungen aussehen wird, bleibt abzuwarten. Das Unternehmen geht nämlich bei allem Engagement behutsam vor, um weder seine chinesischen Kunden noch die dortige Regierung zu verärgern. Der Grund: Cook und andere hochrangige Manager befürchten, dass es zu Vergeltungsmaßnahmen kommen könnte, wenn große Fertigungs- und Zulieferkapazitäten zu schnell aus China verlagert werden. Darüber hinaus gibt es Bedenken, dass Bauteile etwa aus Malaysia oder Vietnam möglicherweise nicht Apples hohen Qualitätsstandards entsprechen.