Apples internes Gutachten: Apple Tax im App Store könnte deutlich niedriger sein
Sind 27 Prozent Provision gerechtfertigt, wenn ein App-Anbieter eine Zahlungsabwicklung abseits vom App Store vornimmt? Das soll Richterin Yvonne Gonzalez Rogers entscheiden. Zu dieser Frage sind mehrere Apple-Entscheidungsträger als Zeugen geladen. Nun hat Carson Oliver ausgesagt, seines Zeichens „Senior Director for Business Management for the App Store“. Die Richterin wollte von ihm wissen, wie die Entscheidung für 27 Prozent zustande kam. Oliver war der Erste, der zugab, dass auswärtige Hilfe in Anspruch genommen wurde: Apple habe „Analysis Group Inc.“ beauftragt, eine Marktanalyse durchzuführen, um die minimale App-Store-Provision zu ermitteln.
Die Marktanalyse des Consulting-Unternehmens ergab, dass die von App Stores gelieferte Dienstleistung einen Umsatzanteil von mindestens 12,3 Prozent ausmache. Das habe Erstaunen bei der Richterin ausgelöst, berichtet
Bloomberg: „Wie begründen Sie die restlichen 15 Prozent, die Sie verlangen?“, fragte sie nach. Oliver rechtfertigte sich mit hauseigenen Berechnungen, die zusätzliche Plattformvorteile mit einbezogen hätten, namentlich die Entdeckbarkeit von Apps, Verbreitung, Entwicklerwerkzeuge, Plattformtechnologie sowie erhöhte Privatsphäre – in diesen Faktoren sei der iOS App Store nicht vergleichbar mit anderen Plattformen. Interne Berechnungen gingen von einem realen Minimalanteil von 17 Prozent aus. Analysis Group bot dem Klienten allerdings einen flexiblen Interpretationsrahmen – den maximalen Umsatzanteil, den App-Anbieter einer Plattform schuldig sein könnten, läge bei 92 Prozent, abhängig beispielsweise von der Firmengröße.
Annahmen ohne Daten?Das löste einen Schlagabtausch zwischen Richterin und Zeuge aus: Auf die Frage, warum Apple auf 27 Prozent beharre, erwiderte Oliver, Apples Entscheider glauben, dass die effektive Rate der Provision niedriger sei. „Das ist eine große Annahme. Ihre Annahmen sind nur das – Annahmen. Es gibt keine Daten dazu.“ Darauf erwiderte Oliver: „Das stimmt nicht.“
Widerspruch zu Fellow SchillerDie Aussagen von Oliver widersprechen in weiten Teilen denen von Ex-Marketing-Chef Phil Schiller. Vor einem Monat sagte dieser aus, Apple handele beim App Store
nicht nach Gewinninteresse. Er könne sich nicht erinnern, wie die Prozentwerte zustande gekommen seien, zudem gebe es keine Aufzeichnungen über den Entscheidungsprozess. Auch an diesem Tag stand Schiller für 90 Minuten im Zeugenstand. Die Frage, ob er eine App-interne Weiterleitung auf externe Zahlungsanbieter generell ablehne, verneinte er: Die Zeiten haben sich geändert, er akzeptiere die neuen Regelungen, wolle sie lediglich so sicher für die Anwender wie möglich gestalten.
Fortnite-Streit geht weiterDer Rechtsstreit ist die Fortführung der jahrelangen Fehde zwischen Fortnite-Entwickler Epic und Apple. Epics einziger Erfolg war, dass Apple den App-Anbietern einen Weg einräumen muss,
externe Bezahlmöglichkeiten anzubieten.