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Apples merkwürdige Winkelzüge: "Safari, das sind drei verschiedene Browser"

Apple wirbt mit dem Slogan "Das gleiche Safari. Auf allen Geräten" bzw. im Englischen mit "Same Safari. Different Devices". In einem weiteren, reichlich merkwürdig erscheinenden Winkelzug, argumentiert Apples Rechtsabteilung gegenüber der EU nun aber, dass diese Aussage überhaupt nicht stimmt. Stattdessen gebe es drei ganz unterschiedliche Safaris, die sich nur den Produktnamen teilen.

Der Grund für diese Auslegung liegt in den Bestimmungen des Digital Market Acts begründet. Apple verbietet unter iOS und iPadOS andere Browser-Engines und zwingt Hersteller alternativer Browser dazu, auf WebKit und somit den Unterbau von Safari zu setzen. Genau das ist aber nicht zulässig, den Wettbewerbshütern zufolge werde damit jegliche echte Konkurrenz unterbunden. Apple missbrauche die immense Markt- bzw. Plattformmacht, um andere Lösungen auszusperren – zum Schaden von Wettbewerb und Innovation.


Sehr merkwürdige Beweisführung
Apples sehr wackliger Argumentation zufolge hat die iOS-Version von Safari nicht die Seitenleiste wie unter macOS, weswegen es als gänzlich eigenständiges Produkt zu sehen sei. Auch im Vergleich zu Safari für iPadOS gebe es Layout-Unterschiede, daher handle es sich um einen vollständig anderen Browser. Aufgrund dieser Begebenheiten sei die Folgerung falsch, es gebe keine Browser-Vielfalt unter iOS und iPadOS.

Kommission verweist auf Apples Werbung
Allerdings wies die Kommission Apples Erklärungsversuch bezüglich ganz unterschiedlicher Märkte und Einsatzzwecke erwartungsgemäß als an den Haaren herbeigezogen zurück. Der technische Unterbau von Safari sei unter macOS, iOS und iPadOS nahezu identisch, lediglich die Oberfläche sei angesichts der unterschiedlichen Anforderungen anders gestaltet. Außerdem gibt es den Verweis auf den wohl wichtigsten Zeugen, nämlich Apple selbst. Das eingangs erwähnte Zitat, in dem Apple explizit mit dem einen Safari für alles wirbt, gilt als wichtigstes Argument, warum Safari als genau das zu betrachten sei.

Apple tut sich so keinen Gefallen
Wie schon in zahlreichen Runden zuvor kann man sich die Frage stellen, ob es wirklich so klug ist, mit offensichtlich schlechter Argumentation die Wettbewerbshüter zu verärgern. Wenn Apple dadurch eine Sache erreicht, dann wohl eher, dass sich die Behörden noch genauer mit dem Unternehmen beschäftigen. Durch teils ungeschicktes, juristisches Taktieren und komplette Verweigerungshaltung hatte es das Unternehmen in den letzten Jahren zumindest geschafft, von einem Nebendarsteller in Ermittlungen gegen Google, Facebook und Amazon zu einem der Hauptakteure zu werden. Dass sich eines der reichsten und mächtigsten Unternehmen der Welt gerne als nur mittelmäßig bedeutendes Startup darzustellen versucht, verursacht fortwährend Kopfschütteln – übrigens eine Taktik, mit der auch Microsoft gerade erst für Spott sorgte.

Kommentare

DonSiffredi06.11.23 12:38
Das ist die typische Apple-Arroganz. Denken, sie sind schlauer als alle anderen, und denken insbesondere, dass die Europäer geistig ein wenig zurückgeblieben sind. Da hilft nur Zwang, wie schon beim durchsetzen von USB-C als Ladestandard.
+10
trueclou06.11.23 13:00
Ich liebe die Produkte, aber der Konzern selbst wird mir immer unsympathischer. Wird Zeit, dass die EU ihre Krallen ausfährt und zeigt wer hier das Sagen hat!
+11
Raziel106.11.23 13:12
DonSiffredi
Das ist die typische Apple-Arroganz. Denken, sie sind schlauer als alle anderen, und denken insbesondere, dass die Europäer geistig ein wenig zurückgeblieben sind. Da hilft nur Zwang, wie schon beim durchsetzen von USB-C als Ladestandard.

Das hat nichts mit Arroganz zu tun. Man versucht sich halt einfach zu verteidigen. Hat die Konkurrenz damals auch gemacht als sie Apples System kopiert haben. Und das nicht zu knapp. So Abstrus war das alles das Apple am Ende nicht mehr viel übrig blieb als um Patente auf nach Aussen sinnlose Inhalte zu bestehen, weil man bei den eigentlichen Punkten nichts machen konnte. Das ist ganz normaler Gerichtsalltag.
+2
Raziel106.11.23 13:15
trueclou
Ich liebe die Produkte, aber der Konzern selbst wird mir immer unsympathischer. Wird Zeit, dass die EU ihre Krallen ausfährt und zeigt wer hier das Sagen hat!

Genau, lasst und Produkte für Kunden verschlechtern. So dass am Ende alle Vorteile eins Produktes verloren gehen und es im Meer der Bedeutungslosigkeit verschwindet...

Idee etc ist ja oft ganz nett. Versteht mich nicht falsch. Aber es fehlt leider sehr oft an Praxiserfahrung oder IT-Kompetenz wenn dann Gesetze umgesetzt werden. Daher haben wir auch so schöne Dinge wie Cookie Warnungen, die Kunden nun seit Jahren ins extreme nerven, überhaupt nichts bringen und die Entwickler der Website das, was eigentlich damit verhindert werden sollte, einfach weiter machen.
+1
Nebula
Nebula06.11.23 13:20
Ich fand Apple schon immer recht unsympatisch, besonders auch mit dem ganzen Eigenlob, das ja bereits Mr. Jobs zelebriert hatte. Nur war Apple dennoch immer sympathischer als die meisten anderen Unternehmen, etwa Microsoft.
»Wir werden alle sterben« – Albert Einstein
-9
Deppomat06.11.23 13:44
Das ist wirklich an den Haaren herbeigezogen.
+2
marm06.11.23 13:44
The Register
Informed of this back in July, Apple filed a response in August that challenged the European Commission's determination. In its response, "Apple reiterated its position that each of its Safari web browsers constitutes a distinct [core platform service],"
So entstehen Missverständnisse. Da gibt es Juristen im Wettbewerbsrecht eines Konzerns. Ein "UK-based web developer who helped found Open Web Advocacy, a group that has lobbied for regulatory restraint of Apple" schnappt es auf und stellt es in falsche Licht. Ein technisches Magazin greift es auf (The Register), eine deutsches Mac-Magazin schreibt das ab und darauf kommentieren Forenteilnehmer, dass ihnen Apple sowieso immer arrogant vorkam.

Es ist im Kartell- und Wettbewerbsrecht üblich, dass Märkte definiert werden müssen. Es macht hier einen erheblichen Unterschied, ob für Safari separate Märkte für Mobiltelefon, Desktop usw. angesetzt werden, oder ob alles in einen Topf geschmissen wird. Wettbewerbsrechtlich geht es um die Abgrenzung der für die Beurteilung der Marktmacht relevanten Märkte (hier Nutzerzahl) und nicht ob der Browser den gleichen Code hat.

Vielleicht sollte man das eher als Beispiel für Medienkompetenz nehmen.

Juristen > Lobbyist > engl. techn. Magazin > Übersetzung > Forenteilnehmer
+1
grüffelo
grüffelo06.11.23 13:59
marm

👍🏼👍🏼
-2
tranquillity
tranquillity06.11.23 14:25
Trotzdem eine dünne Argumentation seitens Apple. Erinnert ein bisschen an die Raser oder Falschparker, die ihre Knöllchen nicht zahlen wollen.
Für mich blamiert sich hier Apple mit solch einem peinlichen Verhalten.
Die Behörden müssen ganz klar gegen Ausnutzung von Monopolen vorgehen. Ich hoffe dass da noch mehr kommt, z.B. in Hinblick auf iCloud (z.B. kann man die Fotofunktionen nicht ohne iCloud machen, z.B. indem man stattdessen Dropbox nutzt).
+7
Legoman
Legoman07.11.23 08:17
Aufgabe von Anwälten ist es, jegliche Lücken auszuloten und auszunutzen.
Unterlassen sie dies, haben sie ihren Job nicht verstanden.
Ob die Gegenseite den Argumenten folgt, steht auf einem ganz anderen Blatt.
0
ts
ts07.11.23 19:31
Gemäß einem Test aus 2022 für VoiceOver für Mac und Apple iOS sind die Safari-Browser nicht wirklich identisch.

Allerdings halte ich das Aussperren von anderen Browsern für nicht gut.
0

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