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Asahi-Linux: Projektleiter gibt auf – wegen undankbarer Nutzer und Widerstand im Linux-Lager

Es stellt eine außerordentlich hohe Herausforderung dar, ein quelloffenes und unabhängiges Betriebssystem für Apple-Silicon-Macs zu entwickeln: Apple lässt viele Bestandteile von Hard- und Software undokumentiert. Trotzdem machte sich Hector Martin bereits Anfang 2021 an die Arbeit, um Linux auch auf Macs mit M-Prozessoren zum Laufen zu bringen. Vier Jahre später zieht Martin die Reißleine und verkündet, die Leitung abzugeben. Seine Beweggründe erläutert er in einem Blog-Beitrag – der Widerstand einer Fraktion der Linux-Kernel-Entwickler war für ihn ein maßgeblicher Grund, sein Engagement zu beenden.


Hector Martin sieht sich am Rande des Burn-Outs. Seit vier Jahren arbeite er ausschließlich für Asahi Linux, welches durch Crowdfunding-Spenden finanziert wird, etwa per Patreon oder GitHub Sponsors. Er habe weitgehend alle Hobbys aufgegeben, da Asahi Linux sein Traumprojekt darstellte. Das Team vollbrachte zudem beeindruckende Leistungen: Im März 2022 erschien eine erste Alpha-Version von Asahi Linux, Ende 2023 war mit Fedora Asahi Remix eine erste stabile Distribution fertiggestellt. Mit der Zeit wurde die Fortentwicklung jedoch immer schwieriger: Sinkende Beiträge bei steigenden Erwartungen ließen Martins Motivation über die Zeit immer weiter schwinden.

Überzogene Erwartungen
Was einige Nutzer von Asahi Linux verlangten, erinnerte den Entwickler an seine Zeit beim Wii-Homebrew-Projekt: Selbstgerechte Anwender verlangten immer mehr, ohne ein Verständnis für den notwendigen Aufwand mitzubringen. Täglich wiederholte Forderungen zehrten an der Motivation, etwa nach Unterstützung von M3- und M4-Chips oder Hardware-Features wie USB-C-Display-Support.

Einige Modellreihen und Features unterstützt Asahi Linux derzeit nicht.

Widerstand aus der Linux-Kernel-Gemeinschaft
Letztendlich war die Entwicklung einer eigenen Distribution lediglich als Übergangslösung gedacht. Das eigentliche Ziel ist es, sämtliche Treiber für Apple-Hardware in den Linux-Kernel zu integrieren. Dieser „Merge upstream“ würde bedeuten, dass sämtliche Linux-Distributionen die Möglichkeit hätten, auf Macs mit M-Chip installiert zu werden. Doch hier bekam Martin zunehmendem Widerstand zu spüren. Einflussreiche Personen haben subversiv verhindert, dass Asahi-Linux-Code in den Kernel Eingang findet. Dies führt er auf eine Kontroverse innerhalb der Linux-Kernel-Gemeinschaft zurück, namentlich um die Programmiersprache Rust. Die Methoden, welche er gegen sich und seine Errungenschaften eingesetzt sieht, stehen nicht im Einklang mit dem, was er in seinem Arbeitsumfeld tolerieren möchte.

Asahi Linux läuft ohne ihn weiter
Hector Martin will jetzt für eine geordnete Übergabe sorgen, bevor er sich auf die Suche nach einem anderen Projekt macht. Künftig wollen sieben Personen das Projekt vorantreiben: Das Asahi Open Collective entscheidet zukünftig gleichberechtigt über Fortentwicklung und Strategie. Als Ziele für dieses Jahr gibt das Kollektiv an, weiterhin ihre Treiber in den Linux-Kernel integrieren zu wollen. Eine Unterstützung interner Mikrofone stünde kurz bevor, zudem arbeiten sie an Direct-X-12-Support. Auch das Betreiben von Monitoren via USB-C soll möglichst bald möglich sein.

Kommentare

sudoRinger
sudoRinger17.02.25 16:46
Eigentlich sollte so ein Projekt von Apple finanziert werden. Die Möglichkeit Macs mit Linux länger nutzen zu können, steigert den Gebrauchtwert und damit die Attraktivität der Macs als Neuanschaffung insgesamt.
+19
cyqurayte17.02.25 18:05
Dies führt er auf eine Kontroverse innerhalb der Linux-Kernel-Gemeinschaft zurück, namentlich um die Programmiersprache Rust. Die Methoden, welche er gegen sich und seine Errungenschaften eingesetzt sieht, stehen nicht im Einklang mit dem, was er in seinem Arbeitsumfeld tolerieren möchte.

Da würde ich gerne mehr drüber wissen!
+4
ttwm17.02.25 18:38
cyqurayte
Da würde ich gerne mehr drüber wissen!
Dann lese seinen Blog-Beitrag, der verlinkt ist.
+4
massi
massi17.02.25 19:00
Eigentlich sollte so ein Projekt von Apple finanziert werden. Die Möglichkeit Macs mit Linux länger nutzen zu können, steigert den Gebrauchtwert und damit die Attraktivität der Macs als Neuanschaffung insgesamt.
Das dürfte nicht im Interesse von Apple sein, die möchten doch ihre Hardware und Dienst verkaufen.
+7
gfhfkgfhfk17.02.25 19:14
cyqurayte
Da würde ich gerne mehr drüber wissen!
Wenn man den Blog-Eintrag liest. Dann findet man dort nichts Überraschendes, denn die Eigenheiten von Torvalds sind lange bekannt.
+3
tobias.reichert17.02.25 19:21
Die Linux-Entwicklercommunity, immerschon grundsympathisch 😂
+11
Nebula
Nebula17.02.25 21:12
Echt schade und ein so trauriges Abbild der heutigen Zeit. Okay, unter Jobs hätte es ähnliche Eskapaden gegeben, der hat ja auch gerne allen seine Meinung aufgedrückt.
»Wir werden alle sterben« – Albert Einstein
+2
JoMac
JoMac18.02.25 09:03
Sehr schade, dass die Wertschätzung in der Community dort so niedrig ist.
https://marcan.st/2025/02/resigning-as-asahi-linux-project-lead/
Then 2024 happened. Last year was incredibly tumultuous for me due to personal reasons which I won’t go into detail about. Suffice it to say, I ended up traveling for most of the year, all the while having to handle various abusers and stalkers who harassed and attacked me and my family (and continue to do so).
Das kann man doch fast nicht glauben. Was für Menschen sind das?
https://marcan.st/2025/02/resigning-as-asahi-linux-project-lead/
I miss having free time where I can relax and not worry about the features we haven’t shipped yet. I miss making music. I miss attending jam sessions. I miss going out for dinner with my friends and family and not having to worry about how much we haven’t upstreamed. I miss being able to sit down and play a game or watch a movie without feeling guilty.
Gut dass er es übergibt, das geht in Richtung eines Burnouts.

Letztlich ist es sehr schade, da er anscheinend extrem passioniert im Projekt war, und es war sein Herzensprojekt. Ich wünsche ihm alles Gute und einen neuen Job, in dem er ebenso aufgehen kann wie im bisherigen, aber ohne Community die ihm auf die Pelle rückt.
+8
sudoRinger
sudoRinger18.02.25 09:35
cyqurayte
Dies führt er auf eine Kontroverse innerhalb der Linux-Kernel-Gemeinschaft zurück, namentlich um die Programmiersprache Rust. Die Methoden, welche er gegen sich und seine Errungenschaften eingesetzt sieht, stehen nicht im Einklang mit dem, was er in seinem Arbeitsumfeld tolerieren möchte.

Da würde ich gerne mehr drüber wissen!
Der Kernel von Linux ist in C geschrieben. Seit Version 6.1 erlaubt der Kernel auch Treiber in Rust, da die Sprache als sicherer und moderner gilt. Das Asahi-Linux-Projekt hat einen GPU-Treiber für Apple-Silicon in Rust geschrieben. Es gibt jedoch Diskussionen darüber, ob er in den Kernel aufgenommen wird, da Rust-Treiber im Kernel noch neu sind und es Bedenken hinsichtlich der langfristigen Wartung gibt.
+2
Mutabaruga18.02.25 10:38
Wenn man den Quell-Code hat, ist es dann nicht relativ einfach, eine C-Version zu machen? Ich weiß nicht, wieviel Zeilen Code das sind. Nicht, dass es keine Arbeit sei, aber schon mal besser als ohne Quell-Code.
-1
gfhfkgfhfk18.02.25 11:01
Mutabaruga
Wenn man den Quell-Code hat, ist es dann nicht relativ einfach, eine C-Version zu machen? Ich weiß nicht, wieviel Zeilen Code das sind. Nicht, dass es keine Arbeit sei, aber schon mal besser als ohne Quell-Code.
C ist eine alte Sprache, die viele moderne Sprachkonstrukte nicht kennt. Die Folge ist, dass es relativ schwierig ist, bestimmte Fehler in Programmen zu vermeiden. Es gibt massenweise Exploits, weil Zeiger nicht sauber in C gehandhabt werden. Theoretisch ist das zwar in C möglich, aber die Realität zeigt, dass es immer wiederkehrende Muster gibt, was falsch gemacht wird.

Mit Rust wurde das Konzept des Borrow Checkers eingeführt. Simpel formuliert analysiert der Compiler, ob es noch sicher ist auf einen bestimmten Zeiger zuzugreifen, oder ob der Zeiger durch andere Aktionen ungültig geworden sein kann. Es gibt Diskussionen dies in Ada oder auch in C++ einzuführen. Bei C sieht die Sache eher düster aus, weil C massenweise Features fehlen, um so etwas umzusetzen.

In Folge dessen wurde nun Rust für einige Dinge im Linux Kernel erlaubt. Komplette Treiber sind IMHO noch nicht erlaubt, weshalb es auch die Diskussion dazu gibt. Der Gewinn durch Rust wäre beträchtlich. Daher stellt sich die Frage nicht, ob man einen Treiber in C reimplementieren sollte, sondern ob es nicht endlich sinnvoll ist Rust im größeren Rahmen im Kernel zu erlauben.
+5
Robby55518.02.25 11:54
Nebula
Echt schade und ein so trauriges Abbild der heutigen Zeit. Okay, unter Jobs hätte es ähnliche Eskapaden gegeben, der hat ja auch gerne allen seine Meinung aufgedrückt.

Steve war der Boss und genau so einer wie er fehlt heute bei Apple. Einer mit Visionen der diese auch unkonventionell umsetzt ohne Rücksicht auf dieses und jenes zu nehmen.
0
Wauzeschnuff18.02.25 14:30
Mutabaruga
Wenn man den Quell-Code hat, ist es dann nicht relativ einfach, eine C-Version zu machen? Ich weiß nicht, wieviel Zeilen Code das sind. Nicht, dass es keine Arbeit sei, aber schon mal besser als ohne Quell-Code.

Wie gfhfkgfhfk bereits schrieb: Rust ist eine moderne Sprache und den Quellcode in C zu überführen ist vermutlich äußerst aufwendig. Es ist, als würdest Du einem antiken Goldschmied - der für damalige Verhältnisse perfekt ausgestattet ist - den Bauplan einer mechanischen Taschenuhr des 19. Jhdts. geben.

Wenn er viel Zeit und Leidenschaft investiert wird er in der Lage sein, daraus eine antike Version einer Taschenuhr zu generieren, viel größer, viel schwerer, nur ein Stundenzeiger aber es wäre unzweifelhaft eine mechanische Uhr.

Nur den Bauplan (aka Quellcode) zu haben reicht einfach nicht. Man braucht auch die Werkzeuge und Methoden (Traits, Generics, Collections, Tupel, Iteratoren, etc.) um diesen Bauplan umzusetzen - das alles fehlt in C. Das geht sicher alles und man kann das alles in C nachprogrammieren - aber am Ende bekommt man eben nicht mehr das gleiche Produkt, sondern nur ein ähnliches (vermutlich deutlich komplexeres, schwerer zu wartendes), entsprechend der beschränkten Methoden die C bietet.
+1

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