Auch eine Zeitenwende: Apple öffnet sich für Drittanbieter – drei bemerkenswerte Beispiele
Beim Mac wird in diesen Tagen häufig von einer Zeitenwende gesprochen, denn der Umstieg auf "Apple Silicon", Apple-eigene Prozessoren, ist einer der größten Schritte der Produktgeschichte. Angesichts dieser Bedeutung ging fast unter, dass Apple aber auch in einem anderen Aspekt geradezu einen Kurswechsel vollzogen hat. Seit den Anfangstagen des iPhones bzw. des App Stores war mehr als deutlich, welchen Software-Hersteller Apple bevorzugte: sich selbst. Auch wenn andere Browser oder Mail-Apps zugelassen waren, so bot Apple keine Möglichkeit, sich für eine andere Standard-Lösung als die von Apple gelieferten Angebote zu entscheiden. Das traf auf Drittanbieter-Dienste oder Produkte zu, welche in Konkurrenz zu Apple stehen.
Beispiel 1: Default-Browser und -MailprogrammiOS 14 und iPadOS 14 erfüllen hingegen den seit langer Zeit geäußerten Wunsch vieler Nutzer, dies anders zu handhaben. In Zukunft wird es nämlich möglich sein, beispielsweise Chrome als Default-Browser zu hinterlegen. Auch den Mail-Client eines Drittanbieters kann der Nutzer zu seiner ersten Wahl erklären. Wer in einer anderen App auf "Neue E-Mail erstellen" tippt, tut dies dann im bevorzugten Programm und nicht automatisch in der systemseitigen Mail-App.
Beispiel 2: Streaming auf dem HomePodWie gestern schon gemeldet, betrifft die neue Offenheit zudem die Musikwelt, genauer gesagt Musikstreaming von Drittanbietern. Diese können nämlich ab Herbst ihre Dienste auf den HomePod bringen, Apple liefert die erforderlichen Schnittstellen. Spotify dürfte sicherlich davon Gebrauch machen – wenngleich bislang nicht bekannt ist, ob es auf dem HomePod ebenfalls Einstellungen über den jeweiligen Default-Dienst gibt. Sollte dies der Fall sein, so wäre es denkbar, sich beispielsweise für eine andere Podcast-App zu entscheiden.
Beispiel 3: Bluetooth-Tracker von DrittanbieternAngesichts der Vorgeschichte fast schon kurios: Die "Wo ist?"-App ermöglicht es mit iOS 14, Bluetooth-Tracker von Drittanbietern zu nutzen. Zwar hat Apple noch immer keine Sachensuch-Etiketten ("AirTags") auf den Markt gebracht, Bald-Konkurrent Tile ging aber schon einmal auf die Barrikaden. Bei den amerikanischen und europäischen Regulierungsbehörden sprach das Unternehmen daher vor und warf Apple vor, Konkurrenzprodukte auszusperren. Genau dieser Kritikpunkt dürfte ab der Veröffentlichung von iOS 14 ausgeräumt sein – die Kompatibilität zu Bluetooth-Trackern wirkt geradezu wie eine Funktion direkt für Tile gemacht.
Vermutlich aus Sorge vor rechtlichem ÄrgerKomplett freiwillig geschieht dieser Sinneswandel sicherlich nicht, denn Apple sieht sich verstärkt eingehender Beobachtung von Wettbewerbshütern ausgesetzt. Aus ganz verschiedenen Ecken gibt es Kritik – sei es aufgrund der Bevorzugung eigener Lösungen samt Blockade von konkurrierenden Angeboten, sei es wegen der Geschäftspraktiken im App Store. Mit iOS 14 und iPadOS 14 möchte Apple wohl ein Zeichen setzen, guten Willen zeigen und einige der Argumente entkräften, bevor der Gesetzgeber möglicherweise einschreitet.