Kritik an MQAEs klingt wirklich verlockend: Ein Audioformat, das mit allen herkömmlichen Abspielgeräten kompatibel ist, schon ohne Decoding mehr Klangqualität verspricht und bei vollem Decoding echte Studio Master Qualität bei vergleichsweise geringem Datenvolumen bietet, und das ganz ohne Kopierschutz-Irrsinn. Zu schön, um wahr zu sein?
Mit zunehmendem Erfolg von MQA bei der Suche nach Lizenzpartnern, und damit in der Verbreitung des Standards, regt sich Widerstand. Prominentestes Beispiel ist ausgerechnet die Firma
Linn, die ein direkter Konkurrent von Meridian ist und einen mindestens ebenso guten Ruf in der High-End-Welt hat. Unter dem Titel
„MQA is Bad For Music“ (Artikel in englisch) hat Linn-Mitarbeiter Jim Collinson seine Bedenken zu MQA geäußert. Primär das Lizenzmodell, bei dem vom Hersteller für Aufnahme-Equipment über die Studio-Software, Distribution, bis hin zu Endverbrauchergeräten jeder Gebühren an MQA zahlen muss, ist ihm ein Dorn im Auge. Er selbst stellt jedoch am Ende klar, dass alles nicht so schlimm wäre, wenn MQA irgendwann lizenzfrei nutzbar wäre. Bei Apples Lossless Codes ALAC war es nämlich anfangs ähnlich. Heute ist ALAC frei nutzbar und hat dadurch einen sehr hohen Verbreitungsgrad erreicht. Allerdings ist das eine recht vage Hoffnung. Ein riesiger Konzern wie Apple kann es sich leisten, eine so „kleine Sache“ wie ALAC der Allgemeinheit frei zur Verfügung zu stellen. Bei einem relativ kleinen bis mittelständischen Unternehmen wie MQA, selbst unter Berücksichtigung seiner Kernmarke Meridian, mag das ganz anders aussehen. Ob MQA jemals lizenzfrei wird, steht völlig in den Sternen.
Nicht nur die Lizenzgebühren, sondern auch das Lizenzierungsverfahren sollen ein großes Hemmnis sein. Ich habe unabhängig voneinander mehrere Hersteller bzw. Vertriebe dazu befragt, die übereinstimmend berichten, wie umständlich und teuer das Ganze ist. Noch teurer und komplizierter wird es, wenn der DAC verschiedene Filtervarianten anbietet. Die müssen nicht nur alle einzeln überprüft und für MQA angepasst werden, jeder Filter kostet auch zusätzlich Gebühren. Hersteller wie Auralic haben daher für DACs wie den
Altair von einer MQA-Lizenzierung abgesehen. Und für günstigere DACs wie diverse Modelle von iFi Audio, sind die Kosten vermutlich zu hoch und würden sich zu deutlich im Kaufpreis niederschlagen.
Was vielen Hersteller auch sauer aufstößt, ist der Umstand, dass MQA zur Lizenzvergabe genauen Einblick in die verwendete Technik verlangt. Da hinter MQA Bob Stuart und damit auch Meridian steht, wäre das so, als solle man seine Betriebsgeheimnisse der Konkurrenz aushändigen.
Kritik kommt auch von Downloadportalen wie
Highresaudio.com. Dabei geht es vor allem um Qualitätskontrolle. Die sei mit MQA in der derzeitigen Form kaum möglich. In einem Interview mit
digitalaudioreview.net erklärte Lothar Kerestedjian von Highresaudio.com, dass sie nicht kontrollieren könnten, ob es sich tatsächlich um echte Studio Master Files, oder nur um upgesampeltes Material handelt. Damit könne man die hauseigene
Qualitätsgarantie eben nicht einhalten. Highresaudio scheint aber von MQA nicht völlig Abstand genommen zu haben, denn es finden sich zur Zeit noch
viele Alben im MQA-Format im Angebot. Manche sind aber aus unerfindlichen Gründen doch verschwunden, wie beispielsweise Phil Collins
„Face Value (Remastered)“. Das Cover zeigt dort zwar das MQA-Label, aber in der Auswahl findet sich nur FLAC 96 kHz.
Was Highresaudio nicht prüfen kann, das kann auch der Endverbraucher nicht kontrollieren. Also wie sollte man bei dem obigen Beispiel von Phil Collins überhaupt wissen, welche Auflösung und Samplingrate man letztlich bekommt? MQA-Decoder bzw. -Renderer zeigen immer nur über LEDs oder Label im Display an, ob MQA „entfaltet“ wird, aber nicht, auf welche Datenrate/Auflösung man damit kommt. Das besagte Collins-Album könnte als MQA also genauso auf 96 kHz beschränkt sein, wie die ebenfalls angebotene FLAC-Variante, die 3 Euro weniger kostet. (Als MQA stand besagtes Album eine Zeitlang für 18€ im Shop.) Da hat MQA noch einiges an Aufklärungs- und Marketing-Arbeit zu leisten.