Jahr 2015: Apple geht konsequent seinen WegNachdem Apple im Laufe der (ungefähr) letzten Dekade vom ewigen Nischenanbieter für besser betuchte, kauzige Computer-Nerds zum Leuchtturm der gesamten Computer- und Mobiltechnologiebranche aufgestiegen ist, hat sich einiges verändert. Mit dem Erfolg und dem Geld kamen wie gewohnt auch die Neider und so steht Apple heute mehr als jedes andere Unternehmen unter scharfer Beobachtung und ständiger Kritik. Deswegen, und weil sich das Rad nicht ständig neu erfinden lässt, ist mit gänzlich unerwarteten Apple-Revolutionen á la iPhone in 2015 kaum zu rechnen.
Die
iWatch ist ein bereits bekannter Faktor. Zwar könnte sie durchaus zu einem finanziellen Erfolg werden, weil kaum ein anderes Unternehmen es so gut wie Apple versteht, einen Bedarf zu wecken, aber technisch gesehen sind Smartwatches doch eher nur als Erweiterung bereits vorhandener Smart-Devices anzusehen und haben zudem mit kurzen Akkulaufzeiten zu kämpfen, die ihre Praxistauglichkeit einschränken. Langfristig gesehen könnten Smartwatches aber zu den Erben heutiger Smartphones werden – oder diese zum sekundären Lese-Display degradieren – wenn die Probleme mit der Energieversorgung ausreichend überwunden, ihre Bedienung optimiert ist und ihr Funktionsumfang keine groben Lücken mehr aufweist. 2015 wird aber vielleicht als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem Apple mit der iWatch einen Umbruch bei der Nutzung von Smart-Devices eingeläutet hat.
Bei
Macs und MacBooks sind für 2015 keine allzu großen Überraschungen zu erwarten. Apple wird aber seine bereits begonnene Strategie fortsetzen, Computer mehr und mehr zu echten Solid-State-Geräten zu machen, also bewegliche Teile wie Festplatten und Lüfter daraus zu verbannen. Geräte wie das iPad haben es vorgemacht. Sofortige Einsatzbereitschaft, geräuschloser und energieschonender Betrieb sowie besonders kompakte oder flache Bauformen sind unschlagbare Vorteile für den Verbraucher. Schiere Rechenleistung wird zur Nebensache, weil selbst die Leistung heutiger Mobilgeräte für die überwiegende Mehrheit aller Anwender völlig ausreicht.
Schon im ersten Quartal wird mit der
Vorstellung eines neuen 12“ Notebooks aus Cupertino gerechnet, das diese Kriterien erfüllen soll. Gerüchteweise könnte darin außerdem eine neuartige Technologie zum Aufladen integriert sein. Details sind aber – wie nicht anders aus der Apple-Welt gewohnt – noch Mangelware.
Des weiteren ist mit einer Umstellung der iMac-Produktlinie auf Intels neue Prozessorgeneration zu rechnen. Damit einhergehende sonstige Umwälzungen erwarte ich persönlich nicht. Ebensowenig, wie 5K-iMacs mit geringerer Bildschirmdiagonale als die 27“ des aktuellen iMac Retina.
Worauf wir auch in 2015
wahrscheinlich umsonst warten, ist ein neues Apple Cinema Display. Der Grund: Apple setzt, wie beim iMac Retina, nicht auf die momentan gehypte 4K-Auflösung, sondern gleich auf 5K, was mit 5120x2880 genau dem Vierfachen der bisherigen MacBook-Retina-Auflösung (2560x1440) entspricht, womit sich vorhandene Grafik-Elemente leichter skalieren lassen. Die hohe 5K Auflösung benötigt neben hoher Grafikkartenleistung aber eine sehr große Schnittstellenbandbreite von über 20 Gbit/s, was die derzeitigen Möglichkeiten von Thunderbolt 2 bzw. des damit übertragenen DisplayPort-Standard 1.2 übersteigt. Der iMac Retina schafft diese Auflösung nur deshalb problemlos, weil Apple intern eine entsprechend „aufgebohrte“ Schnittstelle einsetzt. Mac mit Thunderbolt 2 müssten mit einer unpraktischen 2-auf-1-Kabellösung arbeiten, die zwei Thunderbolt-Ports belegt, und das ist nun mal so gar nicht Apples Art. Ein Externes 5K-Displays erwarte ich deshalb frühestens, wenn der erste Mac mit der nächsten Thunderbolt-Generation vorgestellt wird, was vielleicht im Herbst 2015 der Fall sein könnte. Wer früher einen neuen Monitor braucht oder nicht länger warten will, muss sich bei Drittanbietern bedienen.
2015 könnte auch eine
erste Revision des neuen Mac Pro mit sich bringen. Als High-End-Gerät unterliegt der Mac Pro zwar nicht ganz so häufigen Überarbeitungen, wie der Rest der Apple-Produktpalette. Und rein technisch gesehen gibt es auch keinen zwingenden Grund für eine schnelle Überarbeitung, da die Kernkomponenten, also etwa der Austausch des Prozessors oder der Grafikkarten, höchstens marginalen Performance-Zuwachs bringen würde. Aber möglicherweise könnte die Einführung von Thunderbolt 3 Apple zu dem Schritt veranlassen, eine Produktpflege des Mac Pro vorzustellen.
Ziemlich unklar ist, wohin die Reise mit den iPads in diesem Jahr gehen wird. Noch viel dünner kann auch Apple seine Tablets nicht hobeln, wo doch schon jetzt der Ruf lauter wird, stattdessen lieber die Akkulaufzeit weiter zu optimieren. Die Performance lässt schon mit dem jetzigen iPad Air 2 kaum noch wünsche offen, wird aber dennoch mit der nächsten Generation zweifellos noch weiter gesteigert werden. Das ist gut so, bringt aber kaum noch realen Zusatznutzen. Die Displays könnten in der Auflösung weiter steigen, doch sinnvoller wäre es, diese lieber noch besser aus allen Winkeln und unter allen Lichtbedingungen ablesbar zu machen und die Farbdarstellung noch weiter zu verbessern.
Aber was könnte Apple an wirklich bahnbrechender neuer Hardware in einem neuen iPad bringen, um dem leicht stagnierenden Tablet-Markt wieder anzukurbeln? Die wahrscheinlichste Antwort darauf lautet (zumindest in der Gerüchteküche)
iPad Pro. Mit einem deutlich größeren Display – je nach Mutmaßung zwischen etwa 12,2 und 12,9 Zoll – dürfte Apple, wie schon mit dem iPhone 6/Plus im Smartphone-Markt, neue Käuferschichten ansprechen. Bei einem derart großen Tablet-Display kommt fast automatisch die Vermutung auf, Apple könnte mit dem iPad Pro sein erstes "Hybrid"-Tablet vorstellen, das neben iOS auch die Ausführung von OS X ermöglicht. Das wiederum verleitet einige zu der Annahme, Apple wolle damit die MacBook-Air-Serie komplett ersetzen. Das alles ist aber sehr hypothetisch und rein spekulativ. Vielleicht wird es am Ende lediglich ein "iPad Air 2 Plus" mit größerem Display und Akku.
Darüber hinaus ist die Zukunft des iPad mini ungewiss. Viele Kunden greifen stattdessen lieber zu einem großen Smartphone. Das iPhone 6 Plus nimmt dem iPad mini spürbar Marktanteile ab. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, könnte es für das kleinste iPad künftig düster aussehen.
Das iPhone hat 2014 eine seiner größten Überarbeitungen erlebt. Völlig neue iPhones in 2015 sind daher unwahrscheinlich und die Vermutung liegt nahe, dass Apple uns eine Art iPhone 6s bescheren, also reine Produktpflege betreiben wird. Sehr spekulativ aber von vielen erhofft, wäre ein iPhone 6 „mini“ mit 4“-Bildschirm, für diejenigen, die es lieber klein und knuffig mögen. Der Trend zeigt allerdings: Wer sich erst einmal an die etwas größeren Displays gewöhnt hat, will sie zumeist nicht mehr missen. Und für die kompakte Darstellung hält Apple schließlich noch die iWatch als iPhone-Assistent bereit.
Betriebssysteme und Software: Es gab ein paar Nörgler, die von Tim Cooks 2014er Versprechen eines „Produktfeuerwerks“ nichts gesehen haben wollen. Fakt ist aber, dass Apple im gerade verabschiedeten Jahr enorm viel auf die Beine gestellt hat. (Durch die Verzögerung von Intels Broadwell-Plattform hätte es durchaus noch mehr sein können.) Neben diverser neuer Hardware gab es auch das große OS-X-Update Yosemite und iOS 8. Beide Betriebssysteme legten einen guten, wenn auch nicht ganz stolperfreien Start hin.
OS X 10.10 Yosemite hat mit seinen umfangreichen grafischen Änderungen erwartungsgemäß zu geteilter Meinung unter den User geführt. Laut diverser Umfragen, auch bei MTN, ist die Mehrheit der Anwender mit Yosemite zwar zufrieden, aber es gibt auch wieder eine Gruppe, die es für schlicht inakzeptabel hält, was der geänderte Look mit sich bringt. Viel schwerwiegender als ein paar grafische, sind funktionale Änderungen die eine Umgewöhnung erfordern, sowie die mit X.0-Versionen kaum vermeidlichen Bugs. Yosemite hat davon durchaus ein paar ärgerliche mitgebracht, wie die bei manchen Usern erheblichen WLAN-Probleme, die bis zum heutigen Tag nicht gelöst sind und hoffentlich noch im Januar endlich gefixt werden.
Bis zum nächsten großen Update von OS X ist es noch eine Weile hin und Apple hat somit 2015 genug Zeit, die Scharten in Yosemite auszuwetzen. Infos zu OS X 10.11 und auch zu iOS 9 wird Apple selbst vermutlich zur WWDC Anfang Juni verkünden.
Was Yosemite derzeit noch komplett fehlt, ist das angekündigte Programm „Fotos“, welches sowohl Aperture als auch iPhoto ablösen soll. Apple hat versprochen, dies Anfang 2015 nachzureichen. Die Funktionalität von „Fotos“ dürfte vermutlich irgendwo zwischen der für den professionellen Bedarf vorgesehenen Lösung Aperture und der Privatanwendersoftware iPhoto angesiedelt sein. Für letztere könnte das zu einem echten Gewinn werden, sofern die Nutzer mit der Umstellung bei der Bedienung zurecht kommen. Aperture-Anwender müssen abwarten, ob der Funktionsumfang von „Fotos“ für ihre Zwecke reichen wird, oder ob sie sich anderweitig nach einer geeigneten Lösung umsehen müssen. Größtes Plus von „Fotos“: Es wird kostenlos sein.
Weitere große Anwenderprogramme sind in 2015 wohl nicht zu erwarten. Apple wird sich darauf konzentrieren (müssen), seine Cloud-Dienste zu optimieren und funktional auszubauen sowie Apple Pay in weiteren Ländern verfügbar zu machen und andere Projekte (HealthKit, CarPlay, HomeKit, Mobilsoftware-Kooperation mit IBM etc.) voranzutreiben. Last but not least dürfte der lang erwartete Apple Musik-Streamingdienst zu den wichtigsten Meldungen 2015 gehören.
Unter dem Strich wird das Apple-Jahr 2015 damit wohl nicht spektakulärer, sondern eher etwas verhaltener verlaufen, als 2014.