Ausgerechnet Facebooks Messenger auf Platz 1 beim Datenschutz?
Im Netz zahlst du immer - wenn nicht mit Geld, dann mit deinen Daten. Diese Weisheit wird besonders oft zitiert, wenn sich das Gespräch um Unternehmen wie Facebook dreht. Doch nun hat das Datenschutzverhalten des Betreibers von
WhatsApp und
Facebook Messenger einen prominenten Fürsprecher erhalten: die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Diese hat sich elf weltweit beliebte Messaging-Apps genauer angeschaut und unter Privatssphäre-Aspekten in ein Ranking eingeteilt. Das überraschende Ergebnis: Facebook landet auf Platz 1, noch vor Apple. Sind also alle Beschwerden über weitergegebene Telefonnummern und massives Datenspeichern nur Katzengejammer?
Begrenzte Aussagekraft der angesetzten KriterienNein, denn wie sich herausstellt, sind die von Amnesty angesetzten Kriterien recht weit weg von einer genauen Betrachtung der Sicherheit. Überprüft wurden fünf Kriterien, von denen sich nur eines tatsächlich mit der App an sich auseinandersetzt. Denn neben der Frage nach einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ging Amnesty vor allem der Informationspolitik der Unternehmen auf den Grund. Erkennt der Betreiber Privatssphäre als Menschenrecht an? Informiert er die Nutzer hinreichend über Risiken und die verwendete Verschlüsselung? Legt er Regierungsanfragen über die Weitergabe von Nutzerdaten offen? Und veröffentlicht er technische Details über die verwendete Verschlüsselung? Keine Rolle spielten dagegen beispielsweise der Umgang mit Metadaten (wann wer wem etwas sendete) oder die Notwendigkeit, dass sich Sender und Empfänger zunächst gegenseitig über öffentliche Schlüssel verifizieren müssen. Auch der Umgang mit gesammelten Daten war für die Bewertung irrelevant.
Facebook auf 1, Apple auf 2Facebook erhielt anhand der fünf angesetzten Kriterien eine umgerechnete Punktzahl von 73/100 Punkten. Apple erreichte nur 67, vor allem wie die Spezifikationen der Verschlüsselung von iMessage nicht Opensource sind. Punktgleich mit Apple kommt Telegram ins Ziel. Auf Platz 4 landet Google mit den Diensten Allo, Duo und Hangouts und einer Punktzahl von immerhin noch über der Hälfte (53/100). Die Folgeplätze belegen Line, Viber, Kakao, Microsofts Skype, Snapchat, BlackBerry und am Schluss Tencents WeChat, welches ganze null Punkte einfuhr.
Wichtige Messenger fehlenBezeichnenderweise spielten andere Messenger, die mehr als die genannten für ihren Datenschutz bekannt sind, keine Rolle bei der Bewertung. Als Grund nennt Amnesty deren geringe Verbreitung. So kommt weder das als Datenschutz-freundliche WhatsApp-Alternative bekannte
Threema vor noch der deutsche
Wire-Messenger. Auch
Signal fand keine Berücksichtigung; diese App findet sogar Erwähnung als Messenger mit zu geringer Nutzerbasis.
Am Ende bleibt eine mit Vorsicht zu genießende Studie, die sich in erster Linie mit der Verschlüsselung und der Informationspolitik auseinandersetzt und viele andere Aspekte von Privatssphäre und Datenschutz unberücksichtigt lässt. Für Facebook bedeutet dies aber sicherlich eine willkommene Presse, auch Apple kann auf eine hohe Bewertung verweisen. Für andere wie etwa Microsoft, dessen Skype für die fehlende Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gerügt wird, ist es eher ein ungemütliches Ergebnis.
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