Barack Obama bei Netflix - oder bei Apple
Wenn US-Präsidenten aus dem Amt scheiden, dann lautet das erste große Projekt nach Ablauf der Präsidentschaft meist, ihre Erfahrungen zu Geld zu machen. Meist geschieht dies in Form von gut bezahlten Interview-Reihen oder der Arbeit an den eigenen Memoiren. Im Falle des 44. Präsidenten wird ebenfalls der Name bzw. die Marke Obama genutzt. Allerdings gehen Michelle und Barack Obama (zusätzlich) einen anderen Weg als bislang und wollen ein neuartiges TV-Format produzieren. Dies soll ausschließlich auf einer Streaming-Plattform zur Verfügung gestellt werden, momentan sind die Obamas in Verhandlungen mit Netflix. Allerdings heißt es, auch Apple zeige großes Interesse daran, Shows mit dem ehemaligen Präsidenten zu produzieren.
Reaktionen auf aktuelle FragenBeim genannten Format soll es sich nicht um eine Verfilmung der Biografie, sondern um Antworten und Reaktionen auf aktuelle Fragen
handeln. Eine Art "Opposition via Netflix" mit direkten Auseinandersetzungen gegenüber der aktuellen Regierung soll die Show aber nicht werden. Eine Idee sei, moderierte Konversationen zu wichtigen Politikfeldern wie Umweltschutz, Gesundheitsvorsorge, Klimawandel oder Immigration zu leiten.
Unbehagen gegenüber Fox, Breitbart und Co.Schon seit einiger Zeit äußert Obama großes Unbehagen am Zustand der US-Medienlandschaft, die stark von Missinformationen und offensichtlichen Falschdarstellungen geprägt ist. Wer einmal längere Zeit die Nachrichten auf Fox News oder anderen meinungsstarken Medien verfolgt, kann nachvollziehen, wie schlecht der Zustand nach unseren Maßstäben ausfällt. Bei David Letterman fasste Obama dies in die Worte: "Wenn ich Fox News schaue, würde ich nicht für mich selbst stimmen. Ich würde mir die Sendung ansehen und mich fragen, was das denn für ein Typ sei". Fox ist der namhafteste Vertreter jenes interessengetriebenen, reichweitenstarken Sendewesens, das oft beklagt wird.
Neue Zielgruppen, neue MedienkompetenzEin via Netflix oder anderen Streaming-Plattform vertriebenes Format könnte neue Zielgruppen ansprechen - dies in einer Welt, in der frei erfundene Behauptungen millionenfach auf Facebook geteilt werden. Ein Beispiel ist die von Bots in die Welt gesetzte Behauptung, Hillary Clinton betreibe in einer Pizzeria einen Kinderporno-Ring. Im ersten Monat nach Freisetzung wurde der Beitrag von 1,4 Millionen Personen geteilt. Das diskutierte Sendeformat soll wie erwähnt nicht darauf ausgerichtet sein, zu allen Geschehnissen die Gegenperspektive zu präsentierten, sondern eher Medienkompetenz zu fördern und verschiedenartige Argumente sowie deren Entstehung zusammenzutragen.
Netflix- und Apple-StrategieNetflix selbst, sollte der Anbieter den Zuschlag bekommen, will sich hingegen nicht direkt in Politik-Fernsehen einschalten. Die Show ist Teil der langfristigen und milliardenschweren Strategie, viele exklusive Inhalte zu produzieren und aus Netflix mehr zu machen, als nur einen von vielen Streaming-Anbietern für Filme und Serien. Sollte sich am Ende doch noch Apple durchsetzen, dann wohl ebenfalls aus denselben Gründen. Bekanntlich sieht Apple exklusive TV-Inhalte ebenfalls als Schlüssel, um Nutzer zu binden. Auch Apple investiert viel in TV-Produktion und warb daher in den letzten beiden Jahren zahlreiche namhafte TV-Größen ab. Man darf gespannt sein, ob irgendwann einmal Barack Obama zu Apples TV-Granden zählt.