Es wurde im Vorfeld lange über den Ausbau von Apples Dienste-Sparte spekuliert. – Auch
von uns. Letztendlich trafen die meisten Vorhersagen dann tatsächlich auch zu, zumindest in groben Zügen. Ohne noch mal alles im Detail wiederzukäuen: Mit Apple News+ kann man künftig neben News-Zeitungen auch Special Interest Magazine abonnieren, mit Apple Card kommt tatsächlich eine Kreditkarte (virtuell und real) vom ehemaligen Computer-Konzern aus Cupertino, mit der Arcade Plattform gibt es ein Spiele-Abo á la Netflix und als größte Investition steigt Apple in die Produktion hochwertiger Serien und Spielfilme ein, welche über Apple TV+ abonniert werden können.
Alles gut! Es gibt nur ein Problem: Die wichtigsten Dinge kommen erst später in diesem Jahr und/oder bleiben bis auf weiteres dem US-Markt vorbehalten. Die ganze Veranstaltung fühlte sich damit für uns Mitteleuropäer ein wenig an, wie Weihnachten anderer, beobachtet durch ein kaltes Fenster, an dem wir uns die Nasen platt drücken, während drinnen ausgelassen gefeiert wird.
Vor allem die wegen ihres Datenschutzes höchst interessante Apple Card dürfte mittel- bis langfristig in Deutschland und anderen europäischen Ländern Wunschdenken bleiben. So wie es jahrelang mit Apple Pay der Fall war, bis endlich eine Einigung mit
manchen der hiesigen Banken gefunden wurde, um zumindest einen Einstieg zu finden. Apple Card startet in den USA später in diesem Jahr mit Goldman Sachs als Bankenpartner und Master Card als weltweit operierendem Zahlungsdienstleister. Für einen Einsatz hierzulande müssten erst neue Kooperationen mit hiesigen Banken eingegangen werden, denn für Apple-Card-Abbuchungen werden Referenzkonten benötigt. Das dürfte, sofern es überhaupt klappt, viele Jahre in Anspruch nehmen, denn die Banken müssten Apples Konditionen akzeptieren, wie beispielsweise flexibel vom Nutzer einstellbare Zahlungspläne und Payback-Modelle (Daily Cash). – Die Aussichten sind alles andere als rosig. Auch wenn es zumindest schon
Spekulationen um eine internationale Ausweitung gibt, rechnen Sie besser nicht in naher Zeit damit.
Auch Apple News+ wird es auf absehbare Zeit nicht zu uns schaffen. Ich kann mir kaum vorstellen, wie viele Hürden es zu überwinden gäbe, die deutsche Printmedienlandschaft in dieses Boot zu holen. Vermutlich lohnt sich für Apple nicht einmal der Versuch. Sollte es dennoch irgendwie, irgendwann gelingen, wäre das großartig, aber ich rechne nicht damit.
Etwas besser sieht es mit den anderen vorgestellten Diensten aus, obwohl, auch damit ist es noch ein langer Weg zum Verbraucher. Vor Mitte/Ende 2019 geht erst mal gar nichts. Dann sollen Apple Arcade und vor allem auch Apple TV+ in "100+" Ländern starten. In dieser Aussage steckt zwar auch noch keine Garantie, ob auch Deutschland dabei ist, aber die Wahrscheinlichkeit ist zumindest groß.
In Arcade und TV+ steckt das Potential für große Veränderungen in der Gaming- und TV-Landschaft. Apple ist dafür sogar – wie erhofft – den ungewöhnlichen Schritt gegangen und hat die TV-App für Smart-TVs geöffnet. Leider sind zum Start erst mal nur ein paar TV-Hersteller dabei (Samsung, LG, Sony und Vizio). Ob es Updates für bestehende Smart-TVs geben wird, oder ob das nur für neue TV-Sets gilt, die auch AirPlay 2 unterstützen, ist aber noch offen. Alle, die keinen derartigen TV besitzen, müssen auf das
Apple TV HD oder
4K als Black-Box zurück greifen.
Durchaus beeindruckend finde ich den Ansatz, sich für Apple TV+ einige der renommiertesten Film- und TV-Schaffenden an Bord zu holen, um Geschichten und Unterhaltung zu entwickeln. Nicht nur Think Different, sondern auch Think Big ist hier die Aussage. Apple TV+ möchte kein Me-Too-Streamingangebot sein, sondern neue Möglichkeiten für Kreative eröffnen. Doch auch hier bleibt noch lange abzuwarten, ob sich die vorgestellten Projekte als entsprechend erfolgreich erweisen. Abopreise für Apple TV+ stehen ebenfalls noch in den Sternen.
Apple TV+ vereint zudem andere Streaminganbieter in einer praktischen Anwendung. Ausgerechnet die Platzhirsche Netflix und Amazon sind aber leider nicht dabei.
Fazit – Schöne Aussichten, aber viel UnsicherheitUnter dem Strich kann die Veranstaltung damit als reine Preview-Show betrachtet werden. Keiner der vorgestellten Dienste ist kurzfristig verfügbar und einige werden außerhalb von Nordamerika (und vielleicht noch England und Australien) vorerst gar nicht von Bedeutung sein.
Ehrlich gesagt: LEIDER!
Apples Ansatz gefällt mir nämlich in praktisch allen Bereichen richtig gut: Schutz der Privatsphäre, Werbefreie Angebote ohne Tracking, keine In-App-Käufe bei Arcade, eine Kreditkarte für alles, hunderte angesehene Zeitungen und Magazine im günstigen Abo, selbiges für Games, ein vielversprechendes TV-Streamingkonzept und alles für die ganze Familie und auch offline nutzbar, bequem mit nur einem Passwort. Da blicke ich wirklich neidisch über den großen Teich, denn in "Good old Europe" (especially Germany) wird erst mal nicht viel davon ankommen. Das ist ungefähr so, als würde Apple einen super-genialen neuen Mac vorstellen, der aber nur in den USA verkauft wird und nicht exportiert werden darf. – Frustrierend.