Bürgerrechtler übt vernichtende Kritik an Google wegen Android-Datensicherheit; iOS als Vorbild
Von einer “
Trennlinie bei digitaler Sicherheit” zwischen Arm und Reich sprach Chris Soghioan von der American Civil Liberties Union (ACLU) auf der EmTech Conference in Cambridge, Massachusetts. Damit meint er die immensen Unterschiede in der Datensicherheit zwischen Android und iOS. Dabei identifiziert er die iOS-Nutzer als die Wohlhabenden und Android-Kunden als die benachteiligten Armen, vor allem in den Entwicklungsländern. In der Tat profitieren Besitzer von Apple-Geräten von deutlich besseren und umfangreicheren Sicherheitsvorkehrungen als Android-Nutzer.
Arm und ReichDie Gleichsetzung iOS-Kunde = reich und Android-Kunde = arm ist sicherlich etwas plakativ und trifft in zahlreichen Einzelfällen nicht zu. In der Tendenz aber ist die Beobachtung richtig: Je ärmer das Land desto höher ist im Durchschnitt der Anteil der Android-Systeme auf den Geräten der inländischen Smartphone-Nutzer. Außerdem gibt es vereinzelte Android-Geräte für unter 100 Euro, während das günstigste iPhone gegenwärtig 500 Euro kostet (iPhone 5s, 16 GB). Eine Wohlstandstrennlinie zwischen den beiden Systemen zu kolportieren ist also im weltweiten Maßstab nachvollziehbar, wohingegen sie etwa innerhalb Deutschlands eine gewagte These wäre.
Schwache Sicherheit als UnternehmensentscheidungSoghioan wirft dem Android-Entwickler Google vor, dass die gravierenden Unterschiede zum iOS-System in Sachen Datensicherheit nicht etwa technisch bedingt seien, sondern Ergebnis einer Unternehmensentscheidung. Spottbillige Smartphones, deren Entwicklung sich über die Anfälligkeit für Datensammlung und Ausspionieren finanziere, seien die Folge. “Google hat bei Weitem das beste Sicherheitsteam von allen Unternehmen im Silicon Valley”, sagte der ACLU-Vertreter vorwurfsvoll. “Die Sicherheitsleute dort, die ich bei Google kenne, sind beschämt von Android.”
Mit dieser Unternehmensentscheidung mache sich Google der (Daten-)Ausbeutung der Armen schuldig. “Das Telefon der Reichen ist standardmäßig verschlüsselt und das Telefon der meisten Leute auf der Südhalbkugel und der Armen und Benachteiligten in Amerika kann überwacht werden.”
Sicherheitsvorteile von iOSApple tat sich in den letzten Monaten wiederholt als Vorkämpfer für Datenschutz und Datensicherheit hervor, indem es sich etwa gegen die von der Regierung erzwungene Herausgabe von Nutzerdaten wehrte (siehe etwa
oder
). Google dagegen äußert sich in dieser Hinsicht kaum.
Während von der groß angekündigten Sicherheitsoffensive für Android 5.0 Lollipop beim Release Ende 2014 kaum noch etwas übrig geblieben ist, verfügt iOS seit Version 3 über volle Festplattenverschlüsselung - das war im Jahr 2009, als das iPhone 3GS auf den Markt kam. Apples systemintegrierte Chat-Software iMessage und FaceTime verfügen über End-to-end-Verschlüsselung, ganz im Gegensatz zu Google Hangouts (aber auch zu zahlreichen anderen großen Chat-Anbietern wie Whatsapp, dem Facebook-Messenger, Skype von Microsoft, Snapchat und dem Yahoo-Messenger).
Es ist keine große Herausforderung, für das offene System Android Anwendungen zu finden, mit der man Anwender des Systems ausspionieren kann. Sowohl der Zugriff auf Daten des Smartphones als auch das Mithören von Telefonaten oder das Anzapfen des Mikrofons sind möglich. Bei iOS-Geräten sind solche Fremdzugriffe deutlich schwieriger.
Durchbrechen des “Digital Security Divide”Die von Soghioan dargestellte Trennlinie zwischen Arm und Reich in Sachen digitaler Sicherheit müsse schnell durchbrochen werden, fordert die ACLU. Auch dabei verhalte sich Apple angemessener als Konkurrent Google. Zwar kann man keinesfalls von sinkenden iPhone-Preisen sprechen, aber Apple und Partnerunternehmen stellen auch Alternativen bereit: Im Refurbished Store gibt es gebrauchte, aber generalüberholte Hardware zu vergünstigten Preisen und diverse Leasing oder Mobilfunkvertragsangebote reduzieren die Anschaffungskosten gegebenenfalls auch.
Google dagegen setze bei der Durchsetzung des eigenen Systems vor allem in Drittweltländern auf dubiose Partnerunternehmen. Diese produzierten Android-kompatible Smartphones und bauten gleich ihre eigene Spyware ein, um sie dann besonders billig auf den Markt zu werfen.
Das schonungslose Ansprechen dieser Systemunterschiede sieht Soghioan als einzige Möglichkeit, dass sich an der Unternehmenspolitik von Google (und auch anderen Firmen, etwa Facebook) etwas ändere. “Meine Hoffnung ist, dass wir solche Unternehmen durch diese Thematisierung wachschütteln.”
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