CBC attackiert Apples Reparaturpraxis
Der kanadische Fernsehsender CBC kritisiert die Reparaturmechanismen Apples anhand von Einzelfällen in einem
Video. US-Medien haben den Bericht nun
analysiert und kommen zu anderen Schlüssen.
1200 Dollar Reparaturkosten kontra 150 DollarDer Bericht beginnt mit einem Besuch in einem Apple Store, unter dem Arm trägt der Reporter ein defektes MacBook Pro. Ein Mitarbeiter diagnostiziert einen kapitalen Flüssigkeitsschaden und schlägt vor, Logicboard, Top-Case und Display zu tauschen – zu Gesamtkosten von 1200 US-Dollar. Als der Reporter auf einen Preisnachlass drängt, erwähnt der "Genius", die Reparaturkosten lägen sehr nah am Neuanschaffungspreis. Ein Besuch in der Werkstatt von Louis Rossmann zeigt ein anderes Bild: Er sieht auch die Feuchtigkeitsindikatoren, glaubt aber nicht an den Eintritt von Flüssigkeit. Seiner Analyse zufolge verursacht ein fehlerhafter Stift in einem Display-Stecker den Schaden. Er bringt ihn in Minutenschnelle wieder in die richtige Position und sagt, für diese kurzfristige Lösung verlange er kein Entgelt. Als dauerhaftere Reparatur schlägt er vor, ein Ersatzkabel zu installieren – die Kosten dafür lägen zwischen 75 und 150 US-Dollar. Rossmann gibt an, zwischen 10 und 30 Kunden am Tag zu betreuen, deren Reparaturersuchen von Apple abgelehnt worden sei.
Right-to-Repair-Aktivisten: Apple erschwert Reaparaturen Zu Wort kommt ebenfalls Kyle Wiens, Chef des berühmten DIY-Dienstes iFixit und Sprecher der nationalen "Right-to-Repair"-Bewegung. Er sagt, es werde immer schwieriger, benötigte Informationen und Teile zu bekommen. Dabei drängt die Bewegung aufgrund von entsprechenden Rechtsvorschriften in den USA darauf, den Verbrauchern wieder mehr Möglichkeiten zur Eigenreparatur einzuräumen. Wiens erzählt darüberhinaus von Mechanismen, die Apple einbaut, um Reparaturen zu erschweren. So habe Apple beispielsweise iOS so angepasst, dass es nicht-autorisierte Home-Buttons erkenne und daraufhin den Betrieb einstelle. Apples Secure Enclave verhindere das Ersetzen von Komponenten wie der True-Depth-Sensoren von Touch ID. Zudem mahne Apple Quellen ab, die Dokumentationen zu den Produkten des Konzerns verfügbar machten. Apple drohe mit bis zu 150.000 US-Dollar Geldbuße, um entsprechende Handbücher, Artikel und Illustrationen zu vernichten.
Investigativ, aber zu kurz gesprungenDas Online-Magazin AppleInsider sieht den Bericht kritisch, denn das Video suggeriere, Apple vernichte die defekte Hardware des Kunden. Vielmehr würden die Geräte entweder wieder aufbereitet oder deren funktionierende Komponenten wieder in den Warenkreislauf gelangen, wovon externe Dienstleister profitierten. Zudem weist der Artikel daraufhin, dass iFixit schließlich Geld mit Teilen und Werkzeugen verdiene. Man könne weiterhin nicht von jedem Apple-Angestellten verlangen, dass er so tief in der Materie steckt wie Rossmann oder gar Wiens. Das wäre noch nicht einmal klug, denn Apple würde sich dann der Mengenvorteile berauben, die das eigene Depot für Komponenten-Reparaturen bietet. Lokale Reparaturen auf Logic-Board-Ebene seien viel schneller, bräuchten keine hochqualifizierten Mitarbeiter wie Rossmann und so bekomme der Kunde schneller eine funktionierende Maschine zurück. Dem Store-Genius sei nichts vorzuwerfen, er habe sich an das festgelegte Verfahren gehalten. Wenn die Apple-Shops alle Geräteuntersuchungen so detailliert ausführten wie Rossmann, sei der Andrang nicht zu schaffen. Schließlich repariere Apple jedes Jahr über 27000 Geräte. Zudem lege der Konzern nun einmal Wert auf Qualitätskomponenten – auch in wiederhergestellten Geräten.
Gemischtes FazitApples Wechsel hin zu stärker versiegelten Geräten habe die Fehlerquote dieser halbiert, so der Bericht weiter – das sollen von dem Magazin erhobene Daten seit 2000 zeigen. Apple versuche, durch Restriktionen ein gewisses Qualitätsniveau zu halten. Doch gerade die Mischung zwischen "qualitäts-unabhängigen" Dienstleistern wie Rossmann und den Apple Stores mit jener schnellen, aber teuren Komponententausch-Philosophie biete dem Kunden gute Wahlmöglichkeiten. Je nach technischem Wissensstand, Geduld und finanzieller Ausstattung kann er entscheiden, wo sich für ihn die beste Balance zwischen Abwicklung, Qualität und Preis bietet.