Die Rückkehr zu Vollformat?Wenn darüber hinaus an der R5 noch weitere Punkte der ersten R-Generation verbessert werden, entscheiden über meine nächsten Schritte vor allem die folgenden Überlegungen:
1. DSLM vs. DSLRFür mich ist klar, dass ich keine Klappspiegelkameras mehr nutzen möchte. Darum ja auch schon mein früherer Switch. Mit der bevorstehenden EOS R5 wird Canon erstmals eine DSLM im Sortiment haben, die meine Wünsche an ein entsprechendes Vollformatsystem weitestgehend erfüllt, ohne irgendwelche üblen Abstriche wie einen fehlenden IBIS machen zu müssen.
2. DSLM bei Vollformat ist endlich „reif“Die Verquickung von Vollformatsensor, nicht allzu voluminösem und schwerem Body, sowie „noch tragbaren“ Objektiven macht das Mirrorless-Konzept so spannend. Zwar ist klar, dass die Rückkehr von Micro Four Thirds zu Vollformat in dieser Hinsicht so oder so einen Rückschritt bedeuten wird, doch die
EOS R und die beiden getesteten Objektive sind noch absolut in meinem Limit. Mir geht es dabei auch nicht so sehr um das
kleinstmögliche System, sondern um den besten Kompromiss aus Tragbarkeit und Bedienergonomie. Das passt bei der „R“.
3. Die ObjektiveCanon hat mit der EOS M bereits seit längerem eine DSLM mit APS-C-Sensor am Markt. Gute Kameras, aber mit einem etwas halbherzigen Objektivsystem. Adapter auf EF-Objektive sind nicht mein Ding und können den Mangel an attraktiven EF-M-Objektiven nicht ausgleichen. Bei der R-Serie mit dem RF-Mount macht Canon keine Kompromisse. APS-C kommt zudem für mich nicht so sehr in Frage. Da würde ich lieber bei MFT bleiben.
Das Canon RF 24-105 F4 L ISDie bisher verfügbaren RF-Objektive sind optisch durch die Bank hervorragend, wie ich teilweise schon aus eigenen Tests bestätigen kann. Der RF-Mount (siehe auch
diesen Artikel) sagt mir unter allen Konkurrenten spiegelloser Vollformatsysteme am meisten zu. Hinzu kommt, dass für meine Art der Fotografie praktisch schon alle wichtigen Objektive für RF-Mount verfügbar sind. Allen voran das vielseitige RF 24-105mm F4L IS USM, sowie das kompakte, lichtstarke und dazu preiswerte RF 35mm F1,8 Macro IS STM, dass zwar keine L-Designation hat, aber optisch absolut überzeugt und dazu neben IS noch Makro-Fähigkeiten besitzt. Allein mit diesen beiden Objektiven kann ich ca. 95% meiner fotografischen Aufgaben abdecken.
Der gesamte Rest der R-Serie-Objektive, wie das sehr kompakte RF 70-200 F2,8L IS oder die lichtstarken 85er, machen die R-Serie schon nach vergleichsweise kurzer Marktzeit aus meiner Sicht interessanter als die Konkurrenz – einschließlich Sony, die schon viel länger Vollformat-DSLMs bauen und mehr native Objektive dafür anbieten. Abgesehen davon, dass ich mich mit Sonys Bedienkonzept und Ergonomie nie so recht habe anfreunden können.
4. 4:3 sucks!Hier geht es nicht um das Sensorformat Four Thirds, sondern um das damit einhergehende Bildseitenverhältnis 4:3. Ich habe von Anfang gesagt, dass ich 4:3 nicht besonders schätze. Bis heute hat sich das nicht geändert, weshalb ich Bilder oft auf 3:2 gecroppt habe, was natürlich Pixelverschwendung ist. Wieder in echtem 3:2 zu fotografieren, ist ein kleiner aber nicht unwesentlicher Punkt, der mir die Rückkehr zu Vollformat attraktiver erscheinen lässt.
5. HEIFHier spiele ich nach dem Prinzip Hoffnung: In der
kürzlich vorgestellten DSLR Canon EOS 1D X Mark III bietet Canon erstmals das Bilddateiformat HEIF an. Genau genommen ist es ein Containerformat, das Einzelbilder und Sequenzen in verschiedenen Formaten/Variationen beinhalten kann. Apple-User kennen es als .heic aus dem iPhone, was letztlich dasselbe ist.
HEIF ist kein RAW. Aber es ist ein sehr attraktiver Kompromiss! Es bietet neben einer guten, verlustfreien Komprimierung für relativ kleine Dateien 10-Bit Farbunterstützung und etwas mehr Spielraum für nachträgliche Korrekturen als JPEG, zum Beispiel bei der Belichtung. macOS und iOS/iPadOS unterstützen das HEIF-Format nativ. Bilder werden wie JPEGs fertig „entwickelt“ angezeigt, so wie es in der Kamera eingestellt wurde.
Wer sich darauf einlässt, könnte ein großes Problem mit RAW ad acta legen, nämlich dass mit jeder neuen Kamerageneration die Bildentwicklungssoftware auf dem Endgerät erst für die entsprechende Kamera aktualisiert werden muss. Grundsätzlich entfällt damit die Notwendigkeit zur RAW-Entwicklung, was den Workflow vereinfacht.
Ich gehe einfach mal davon aus, dass auch die nächsten R-Serie-Kameras HEIF unterstützen werden. Ob es meinen bisherigen RAW-Workflow tatsächlich ersetzen kann, muss sich erst noch zeigen.
6. Ich mag CanonFrüher wurde mir gelegentlich von bösen Zungen nachgesagt, ein Canon-Fanboy zu sein (selbst als ich längst Nikon-User war). Dabei war mir Markenfetischismus schon immer fremd. Wer mein Konsumverhalten bei Technikprodukten kennt, weiß das. Fakt ist aber, dass ich die meiste Zeit meines Fotolebens Canon-User war, weil mir die Produkte fast immer sehr zugesagt haben. Sowohl in der Ergonomie, der Bedienung, im Design sowie dem Funktionsumfang und anderen Punkten war mir Canon stets einer der liebsten Kamerahersteller.
Nur in den letzten ca. 10 Jahren lag Canon nicht mehr so ganz auf meiner Wellenlänge. Eine Zeitlang hatte Nikon für mich die besseren DSLRs, dann war die Weigerung der beiden Großen, sich konsequent um Mirrorless zu bemühen, der Grund für meinen Wechsel zu Olympus. Doch nun scheint Canon wieder in die Spur zu kommen. – Hoffentlich.
7. iPhone fürs kleine GepäckSeit der Anschaffung des iPhone 11 Pro ist „das kleine Fotogepäck“ für mich Apples Smartphone. Die Kamera-Features des aktuellen iPhone haben sich als so gut erwiesen, dass ich auf die Systemkamera nur noch für anspruchsvollere Aufgaben zurückgreife, oder für gezielte Fotoausflüge, jedoch immer weniger für das „casual knipsing“. Als Ersatz für eine gute Systemkamera reicht es mir aber noch nicht – und wird es auch mit kommenden Generationen vermutlich nicht.
Der Punkt dabei ist, dass ich dank der Fähigkeiten des iPhone bei der Systemkamera bereit bin, ein gewisses Mehrgewicht gegenüber Micro Four Thirds durch größere Vollformatobjektive in Kauf zu nehmen – zugunsten einer besseren Auflösung, Rauscharmut und Bildwirkung. So viel schwerer, als die E-M1 mit zwei Objektiven ist die R zum Glück auch nicht. Und vor allem weitaus kompakter und leichter, als meine damaligen Profi-DSLRs. In Situationen, wo ich keine große Lust habe, die Fototasche mitzunehmen, muss das iPhone reichen.
FazitAm Ende hängt alles davon ab, ob die R5 in der Praxis überzeugt und nicht andere Kompromisse mit sich bringen wird, die meine Bereitschaft zur Rückkehr torpedieren. Zudem steht noch der Test der Olympus E-M1 III an. Durchaus denkbar, dass ich bei Olympus bleibe und mir lieber noch das fantastische 17 mm f/1,2 Pro Objektiv gönne.
Sollten sich die Gerüchte vor allem um die Fähigkeiten des IBIS bewahrheiten, wird Canon aber bestimmt ordentlich Boden auf dem Mirrorless-Parkett gut machen. Vom technisch scheinbar abgehängten Ex-Champion würde Canon sich damit wieder an der Spitze zurück melden.
Jedenfalls waren bevorstehende Kamera-Neuheiten schon lange nicht mehr so spannend.