Der Übergang von Spiegelreflexkameras (DSLR) hin zu spiegellosen (DSLM) Systemkameras ist bei Canon noch in vollem Gange. Die beiden jetzt neu vorgestellten Kameras zeigen aber, dass Canon offenbar wieder die gleiche, oder zumindest eine sehr ähnliche Namensgebung wählt, wie zu früheren Zeiten.
Damals wie heute gibt es die Unterscheidung zwischen Vollformatsensoren und Kameras mit dem etwas kleineren (1,6x-Crop) APS-C-Sensor. Und anhand der Modellnummern kann unterschieden werden, wie die Kameras leistungs- (und preis-) technisch eingeordnet werden. Kleinere Zahlen bedeuten höhere Klassen, derzeit beginnend mit der EOS R3 (auf das Flaggschiff EOS R1 wird noch sehnsüchtig erwartet), über die R5, R6, R7, R10 bis hin zur nun vorgestellte R8 und R50. Dazu kommen inzwischen schon die ersten Nachfolgemodelle mit "Mark II"-Designation, wie bei der R6 II. Auf den verbauten Sensor kann man dabei leider nicht ohne weiteres Schließen. So haben in der eben genannten Reihe alle Kameras außer die R7 und R10 einen Vollformatsensor.
Weiter unten in der Hierarchie sind Canon-Kameras mit zweistelliger Modellbezeichnung positioniert. Wie im aktuellen Fall die neue EOS R50 und die schon erhältliche R10, bei denen es sich um ein APS-C-Modelle handelt. Ob APS-C für künftige Modelle mit zweistelliger Bezeichnung Standard wird, oder ob darin auch Vollformater vorkommen werden, bleibt abzuwarten. Früher gab es auch SLRs mit drei- und vierstelliger Bezeichnung. So weit sind wir bei den Spiegellosen aber noch nicht. Ziemlich sicher ist aber, dass die ursprünglich bei Canon für DSLM genutzten Bezeichnungen ohne Nummer, wie R oder RP, künftig ausgedient haben. Und es ist inzwischen auch recht deutlich, dass die bisherige M-Modellserie (APS-C-Kameras mit M-Mount) künftig von den R-Modellen mit zweistelliger Ziffer und RF-Mount abgelöst werden. – Back to the roots, sozusagen.
Canon EOS R8Dei neue
Canon EOS R8 (genaue Spezifikationen finden Sie auf der Produktseite) kommt nun als Vollformatmodell für Ein- und Aufsteiger in den Handel. Sie verfügt über den gleichen 24-MP-Sensor wie die auch noch recht junge R6 Mark II, ist aber sonst in vielen Punkten deutlich abgespeckt. So übernimmt sie in wesentlichen Teilen das Gehäuse des bisher günstigsten Canon-Vollformaters, der EOS RP.
Ein relativ niedrig auflösender EVF, der selbe Akku, wie in der RP, ein relativ lauter Verschluss, der nur auf 1. Vorhang oder elektronisch geschaltet werden kann und ein paar andere Einschränkungen machen die R8 dafür erheblich günstiger. Bei so wesentlichen Dingen wie dem AF hat Canon nach ersten Erkenntnissen von DPReview & Co. hingegen wohl nicht gespart. Wer auf die wichtigsten Foto- und Video-Basics wert legt und tolle Qualität erwartet, wird mit der R8 wohl nicht enttäuscht werden.
Das Wichtigste zur R8 im Überblick:- 24,2 Megapixel Vollformat-CMOS-Sensor
- 4K 60p Videoaufnahmen aus Oversampling der 6K-Sensordaten in voller Breite und Full-HD-Aufnahmen bis 180 B/s
- Hochauflösender EVF mit 2,36 Millionen Bildpunkten und einer maximalen Bildwiederholrate von 120 B/s
- Intelligente Motiverkennung für Tiere, Fahrzeuge und Personen
- WLAN- und Bluetooth-Unterstützung für eine konstante Kopplung zwischen Mobilgerät und Kamera
Der Preis für die voraussichtlich ab Ende April erhältliche R8 wird 1.799 Euro betragen. Im Kit mit dem
RF 24-50mm F4.5-6.3 IS STM soll sie für 1.999 Euro zu haben sein.
Canon EOS R50Die neue
Canon EOS R50 wendet sich an Einsteiger und Kunden, die nicht allzu viel fotografische Erfahrung haben und einfach per Knopfdruck gute Fotos wollen. Dafür bietet die R50 viele Vollautomatik-Modi. Zudem ist sie sehr kompakt und leicht (375 g), für manche Hände vielleicht sogar schon zu klein.
Der 24-MP-APS-C-Sensor muss hier ohne IBIS auskommen. Stabilisierung gibt es nur über entsprechend ausgestattete Objektive. Dafür hat sie einen integrierten Pop-Up-Blitz. Auch das auf das Wesentlichste reduzierten Knöpfe- und Schalter-Schema macht klar, an wen sich die R50 wendet. Wer etwas mehr direkte Bedienfunktionen haben möchte und vielleicht fotografisch auch mehr mit der Kamera wachsen möchte, greift besser zur
EOS R10.
Das Wichtigste zur R50 im Überblick:- APS-C-Sensor mit 24,2 Megapixeln
- Neue erweiterte Automatik-Modi
- Deep-Learning-Algorithmus
- 3 Zoll großer dreh- und schwenkbarer Touchscreen
- UHD 4K 30p Video aus Oversampling der 6K-Sensordaten
Die EOS R50 ist voraussichtlich ab Ende März zum Preis von 829 Euro für den Body, im Kit für 949 mit dem RF-S 18-45mm F4.5-6.3 IS STM oder für 1.149 Euro im Kit mit den beiden Objektiven RF-S 18-45mm F4.5-6.3 IS STM und RF-S 55-210mm F5-7.1 IS STM zu haben.
KommentarMit seiner über viele Jahre gefahrenen Plattform- und Modellstrategie ist Canon zum Weltmarkführer im (Foto-) Kameramarkt geworden und hält diese Position bis heute inne. Durch den Übergang von Spiegelreflex hin zu spiegellosen Digitalkameras ist das alte Erfolgsschema aber ein wenig durcheinander geraten. Zumindest im Hinblick auf die Modellpolitik.
Es begann im Juli 2012 mit der Vorstellung der EOS M, der ersten spiegellosen Systemkamera von Canon, die als Antwort auf die ebenfalls spiegellosen Micro Four Thirds Kameras von Panasonic und Olympus gesehen werden konnte. Mit dem dafür eingeführten neuen Objektivanschluss M-Mount hatte Canon aber letztlich kein ganz so glückliches Händchen, wurde das Objektivangebot dafür doch nie so konsequent gepflegt, wie bei EF bzw. EF-S-Mount für die Spiegelreflex-Modelle.
Zu dem Zeitpunkt sah Canon den Mirrorless-Trend wohl noch nicht als ausgereift genug für professionelle und semiprofessionelle Kameras an und war noch weit davon entfernt, seine SLRs für die spiegellose Zukunft vorzubereiten. Das geschah erst viel später mit der Vorstellung der EOS R und der Einführung des RF-Objektivanschlusses im Jahr 2018. Gut vier weitere Jahre sind seit dem vergangen, und mittlerweile ist die anfängliche Zurückhaltung Canons in der Spiegelfrage kein Thema mehr.
Inzwischen ist die Canon EOS-R-Serie auf acht derzeit im Verkauf befindliche Kameras und (wenn ich mich nicht verzählt habe) 33 Objektive plus Adapter angewachsen. Vor allem die große Anzahl an Objektiven, die auch qualitativ durch die Bank sehr überzeugen, bilden die besten Voraussetzungen für den künftigen Erfolg der R-Serie-Kameras.
Mit der stillen Verabschiedung der EOS-M-Serie und Einführung des (mehr oder weniger) gleichen Namensschemas wie zu SLR-Zeiten, sowie dem stetig wachsenden Angebot an R-Serie-Kameras und -Objektiven in allen Preisklassen, dürfte Canon gute Chancen haben, seine Marktposition auch künftig verteidigen zu können.
Kurz vor Schluss: Inzwischen wurde bekannt, dass Canon die in Japan lange gebräuchliche Bezeichnung „Kiss“ für die kleineren EOS-Kameras (wie die R50) abschafft. In Nordamerike wurde hierfür der Name „Rebel“ genutzt – der vermutlich auch bald Geschichte ist.