Eine Überraschung ist die
Canon EOS R3 nicht, denn entgegen früheren Gepflogenheiten der strikten Geheimhaltung hat Canon die R3 bereits
im April als "in der Entwicklung" angekündigt und wesentliche technische Highlights verraten. Manche Details, wie etwa die Sensorauflösung von 24,1 Megapixeln, sickerten später in den Gerüchteportalen durch. Und so ist die in dieser Woche erfolgte offizielle Ankündigung denn auch im wesentlichen "kalter Kaffee". Zumindest insofern es kein echtes Überraschungsmoment mehr gibt.
KompaktVerfügbarkeit | | November 2021 |
Eine der größten Besonderheiten – und derzeit ein Alleinstellungsmerkmal für Canon – ist der neue elektronische Sucher mit 5,76 Millionen Bildpunkten und 120 Bildern pro Sekunde ohne Verdunkelung mit
Eye Tracking. Dieser bietet dem Fotografen die Möglichkeit, den Startpunkt für die AF-Verfolgung auszuwählen, indem er einfach direkt auf die Stelle im Sucher blickt, an der der AF beginnen soll. Bei aktiviertem Augen-AF und Servo-AF fokussiert und verfolgt die Kamera bewegte Motive an dieser Stelle im Bild. Ist Face Detect + Tracking aktiviert, folgt die Kamera bewegten Motiven um den gesamten aktiven AF-Bereich herum. Tester der ersten Stunde zeigen sich von den dadurch gegebenen Möglichkeiten und der Reife des Systems
sehr überzeugt.
Ebenfalls neu sind eine EVF-Einstellung zur Simulation optischer TTL-Sucher mit HDR-Anzeige, sowie eine einfache Möglichkeit zur Weißpunkt-Kalibrierung durch eine einfache Messung auf ein weißes Objekt in der Szene.
Der Dual Pixel CMOS AF II arbeitet mit 1.053 AF-Punkten und bis zu EV -7,5 für Motive wie Augen, Gesicht, Kopf, Tiere, Autos und Motorräder. Darüber hinaus verfügt die Kamera über eine IBIS-Korrektur (In-Body Image Stabilized), die Verwacklungen um bis zu 8 Stufen reduziert (in Kombination mit geeigneten IS-Objektiven).
Auch die Videoeigenschaften der R3 sind ziemlich beeindruckend. Aufgrund der Sensorauflösung ist zwar kein 8K-Video möglich, aber die Kamera ist in der Lage, unbeschnittene 6K 60p RAW- und 4K 120p 10-Bit-Videos mit Canon Log 3-Unterstützung aufzunehmen, zusätzlich zur Möglichkeit der internen Aufzeichnung von überabgetasteten 4K- und RAW-Videos. Darüber hinaus werden die Farbräume BT.709- und BT.2020 unterstützt.
Weitere Besonderheiten:- Ein neuer Multifunktions-Blitzschuh unterstützt neben allen bisherigen Blitzgeräten neues Zubehör wie den Speedlite Transmitter ST-E10, Mikrofon und den Smartphone Link Adapter.
- Das Gehäuse ist ein einteiliges Design aus einer Magnesiumlegierung mit integriertem Portraitgriff und umfassendem Schutz gegen Schmutz und Feuchtigkeit, ähnlich wie bei den bisherigen EOS 1er-Modellen, aber deutlich kompakter. Die R3 ist in etwa so groß, wie die Micro-Four-Thirds-Kamera Olympus E-M1X (Testbericht).
- Per Mobile File Transmitter-App für iOS- und Android-Geräte können Bilder schnell und einfach übertragen werden, ohne dass eine kabelgebundene LAN-Verbindung erforderlich ist.
- Dennoch verbaut sind LAN, 5GHz WLAN, USB und Bluetooth.
- Die R3 verfügt über zwei Card-Slots; einer für CF express, der Andere für UHS-II SD-Karten.
Der Sensor ist eine Eigenentwicklung und aus eigener Fertigung. Canon bleibt damit weiterhin einer der ganz wenigen Kamerahersteller mit Bildsensoren aus eigener Hand. In Kombination mit dem DIGIC X-Prozessor soll der Lichtsammler kontinuierliche Aufnahmen ohne Blackout mit bis zu 30 Bildern pro Sekunde im elektronischen (leisen) Verschlussmodus und bis zu 12 Bildern pro Sekunde im mechanischen Verschlussmodus mit minimaler Rolling-Electronic-Shutter-Verzerrung ermöglichen. Der native ISO-Bereichs liegt bei 100-102400, mit Erweiterung auf 204.800.
Die Canon EOS R3 soll ab November zum UVP von 5.999 Euro zu haben sein. Das ist rund 1.300 Euro günstiger, als das Anfang des Jahres von Sony vorgestellte Topmodell A1 (
Vorstellung). Erstmalig erlebbar ist die R3 auf dem Canon Stand in Halle A4 auf der
PHOTOPIA in Hamburg vom 23.9.-26.9.2021.
Drei neue ZubehöreZusammen mit der Kamera präsentierte Canon diese Woche passendes Zubehör für den neuartigen Blitzschuh der R3. Bei dem Canon DM-E1D (UVP 419 Euro) handelt es sich um ein kompaktes Stereo-Mikrofon, welches über den Blitzschuh der R3 eine digitale Verbindung zur Kamera herstellt und durch den Akku der Kamera gespeist wird. Ein zusätzlicher Kabelanschluss entfällt damit. Das DM-E1D bietet verschiedene wählbare Direktionalitäten für unterschiedlichste Anwendungen von Shotgun (gerichtet) bis Weitwinkel. Gesteuert wird das Mikro einfach durch Drücken einer Menütaste und das Touch-Display der Kamera.
Ebenfalls neu ist der Multifunktions-Blitzschuhadapter AD-E1 (UVP 59 Euro), für einen nahtlosen Übergang vom aktuellen Blitzschuhzubehör zum Multifunktionsschuh.
Die Dritte Zubehör-Neuheit heißt Canon ST-E10 (UVP 169 Euro) und ist für drahtlose Speedlite-Setups, die einen oder mehrere Blitzgeräte außerhalb der Kamera erfordern. Der Transmitter ST-E10 stellt ebenfalls eine digitale Verbindung über den neuen Blitzschuh zur Kamera her, benötigt damit auch keine Kabel und Batterien und ist dadurch ca. 30 % kleiner und ca. 50 % leichter als der bisherige ST-E3-RT II. Auch hier erfolgt die Steuerung über das Display der Kamera. Es können fünf Gruppen mit insgesamt 15 Speedlites kontrolliert werden.
Zwei neue ObjektiveNeben der EOS R3 erweitert Canon abermals sein Objektivangebot für den RF-Mount. Vorgestellt wurde das erschwingliche und sehr kompakte Weitwinkel
Canon RF 16mm f/2.8 STM (UVP 339 Euro), sowie das Telezoom
Canon RF 100-400mm f/5.6-8 IS USM (UVP 729 Euro).
Haupmerkmale RF 16mm F2.8 STM:
- Ultraweitwinkel Festbrennweite mit 16mm Brennweite
- Lichtstärke 1:2,8
- Geräuscharmer STM Fokusantrieb
- Gewicht ca. 165 g
- Naheinstellgrenze: 0,13 m
- Maximale Vergrößerung: 0,26-fach
Hauptmerkmale RF 100-400mm F5.6-8 IS USM:
- Zoombereich von 100-400mm
- Gewicht 635 g
- Naheinstellgrenze: 0,88 m bei 200mm und 1,2m bei 400mm für Maßstab 1:2,4
- Nano USM Autofokusmotor
- Optischer 5,5-Stufen-Bildstabilisator / kompatibel mit kamerainternem Bildstabilisator (IBIS)
Fazit/EinschätzungIm Cover und der Überschrift habe ich die Canon EOS R3 das neue "Flaggschiff" genannt. Das bezieht sich aber nur auf die Tatsache, dass die R3 derzeit das spiegellose Topmodell im Canon-Sortiment darstellt. Viele Zeichen deuten darauf hin, dass es irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft auch noch ein spiegelloses 1er-Modell geben wird, welches dann endgültig die Ära der Klappspiegelkameras bei Canon beenden wird. Die Frage ist, was so eine EOS R1 noch großartig an Technologie und Innovation oben drauf packen kann, denn die R3 ist schon eine beeindruckende Kamera für Sport- und Reportagefotografie.
Neben der einzigartigen und scheinbar sehr gut funktionierenden AF-Augensteuerung bietet die R3 alle Vorteile der bisherigen "Performance"-Kameras von Canon, aber in einem spürbar kompakteren und leichteren Gehäuse und zu einem Preis, der die R3 zwar nicht für jeden erschwinglich macht, im Konkurrenzumfeld aber eine echte Kampfansage ist. Kombiniert mit dem inzwischen sehr umfangreichen Objektivangebot für RF-Mount, hat die R3 gute Chancen darauf, ein echter Verkaufsschlager zu werden. Es bleibt zu hoffen, dass Eye Control AF schnell seinen Weg in kleinere und günstigere R-Serie-Kameras finden wird.